„Krone“-Kolumne

Der moderne König

Franziska Trost berichtet für die „Krone“ über unterschiedlichste Kultur-Themen. In ihren Kolumnen fängt sie regelmäßig ein, was unsere Leser bewegt.

(Bild: Reinhard Holl, adobe.stock.com, Krone KREATIV)

Als die Ärzte beim König Krebs diagnostizierten, da teilten sie es nicht mal ihm selbst mit, geschweige denn der Familie oder der Öffentlichkeit. Nicht einmal, als sie ihn einer Operation unterziehen mussten.

Es waren andere Zeiten, als König George VI, der Großvater von Charles, schwer erkrankte. Über alles Private, vor allem auch über den Gesundheitszustand, wurde der Hermelinmantel des Schweigens gelegt. Keine Krankheit sollte den Nimbus der königlichen Familie trüben.

Nach so langer Wartezeit als ewiger Kronprinz hat Charles den Thron mit dem Vorhaben bestiegen, ein moderner König zu sein. Gerade in seinem wohl schwersten Kampf wird er dieser Rolle gerecht, indem er die Diagnose mit den Menschen teilte. Und damit eine Vorbildfunktion einnimmt, die sich bereits im Umgang mit seiner Prostataerkrankung zeigte: Nach der Bekanntgabe seines Krankenhausaufenthaltes stieg die Nachfrage nach Voruntersuchungen um erstaunliche 60%.

Krankheiten seien etwas, worüber „wir Briten nicht gerne sprechen“, meinte Charles vor einiger Zeit, gerade wenn es um „privatere Bereiche ihres Körpers“ gehe, was sicher zu unnötigen Todesfällen führen wurde.

Sein offener Umgang mit der Diagnose soll daran erinnern, dass der Krebs, dieser hinterlistige, sich leise anschleichende Feind, jeden treffen kann. Deswegen hat er die (Palast-)Mauern des Schweigens durchbrochen - und damit königliche Haltung in modernen Zeiten bewiesen.