Volkstheater-Premiere

Diener zweier Herren ohne landläufiges Happy End

Kritik
19.11.2023 11:58

Carlo Goldonis Komödienklassiker „Der Diener zweier Herren“ feierte Premiere am Wiener Volkstheater in Antonio Latellas Inszenierung: Großer Jubel!

(Bild: kmm)

Es handelt sich um einen der beliebtesten Komödienklassiker schlechthin, landauf landab gespielt, vom Sommertheater bis zur Staatsbühne: Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“. Nun nahm sich das Volkstheater in der Inszenierung Antonio Latellas das Werk vor - besann sich auf die Tradition und dachte weiter.

Tradition: Man spielt auf der schwarzen, leeren Bühne, mit deutlichen Bezügen zur italienischen Stegreifkomödie, der Commedia dell’arte. Keine Dekoration, fast keine Requisiten, alles muss sich durchs Spiel erweisen, klassische Kostüme, die bekannten Figuren. Und das Weiterdenken: Latella dekonstruiert das Stück in weiten Teilen, um es neu zusammenzusetzen. Er erweitert, kürzt ein, schreibt um, bricht auf. Die Figuren spielen und sind auch Zusehende, sind vieldeutig in ihren Motivationen, springen ins Heute, steigen aus den Rollen aus. Gerade noch wurde geblödelt, schon ist das Spiel sehr ernst: wenn etwa das Patriarchat angeprangert wird. Vieles wird hinterfragt, Erwartungshaltungen werden enttäuscht, gegen Ende wird der Abend immer dunkler. Die Handwerkskunst besteht darin, dass diese Vielfalt und das Ganze trotz des Aufbrechens funktioniert.

Besonders aber geht es um Rollen und Identitäten auf zahlreichen Ebenen, um Frauen- und Männerbilder. Das Konzept trägt, es gibt starke Momente, der Witz packt allerdings etwas weniger. Truffaldino Elias Eilinghoff (mit extremem Körpereinsatz!) ist kein geschmeidig-gewitzter Diener, sondern ein anarchistisch-knurrender, der seiner Rolle nicht entkommt. Gut die Damen: Birgit Unterweger als präzise konturierter Florindo, beeindruckend im Ausdruck und im Spiel ist Lavinia Nowak (Beatrice), überzeugend und mehrschichtig Irem Gökçen (Clarice) und Lisa Schützenberger (Smeraldina). Man entdeckt Verweise wie etwa Mahlers Adagietto aus der Fünften Symphonie, bei der manche wohl an Viscontis „Tod in Venedig“-Verfilmung denken. Zuletzt: Kein landläufiges Happy End. Großer Jubel!

Oliver A. Lang

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