Bürgermeister Luger

„Stadtseilbahn in Linz – aber nicht zum Skifahren“

Oberösterreich
07.11.2023 07:00

Heute vor zehn Jahren wurde Klaus Luger vom Gemeinderat zum Linzer Bürgermeister gewählt. Die „Krone“ sprach mit ihm über Erfolge, Versäumnisse und Dinge, von denen er nie gedacht hätte, dass sie passieren. Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist für den Stadtchef zur „Überlebensfrage“ für Linz geworden.

„Krone“: Was ist in den vergangenen zehn Jahren in Linz eingetreten, das Sie nie für möglich gehalten hätten?
Klaus Luger: Ich hätte vor zehn Jahren nicht gedacht, dass in der Stadtregierung mit vier doch sehr unterschiedlichen Parteien in allen zentralen Fragen weitgehend Übereinstimmung herrschen kann. Es gibt einen Grundkonsens bei der Bekämpfung des Klimawandels, für die Energiewende, für die Strategie, Industriestadt zu bleiben und dass wir Digitalisierungshauptstadt geworden sind.

Was ist aus Ihrer Sicht heute in und an Linz besser als noch vor zehn Jahren?
Wir haben den Wirtschaftsstandort – immerhin mit Rekordbeschäftigung – als Nummer 1 in Österreich gehalten und die Weichen gestellt für die Transformation, indem wir Maßnahmen gegen den Klimawandel oder für die Energiewende mit dem Ziel verbinden: Linz muss die erfolgreichste Industriestadt bleiben. Das geht nur, wenn wir CO2-neutral werden. Linz ist ja für 15 Prozent aller CO2-Emissionen österreichweit verantwortlich. Wenn wir Industriestandort bleiben wollen, wird das nur gehen, wenn wir 2050 genug grünen Wasserstoff zur Verfügung stellen können.

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Ministerin Gewessler hat einmal in Linz gesagt, Seilbahnen kommen für sie nicht infrage, weil sie die Alpen zerstört haben.

Klaus Luger will trotzdem weiter um eine Stadtseilbahn kämpfen.

Linz ist in Sachen Bodenversiegelung trauriger Spitzenreiter unter den fünf größten Städten Österreichs. Ist da ein Umdenken absehbar?
Als Industriestadt kann man leicht den höchsten Grad an Versiegelung haben. Fakt ist aber, dass 50 Prozent der Stadtfläche Grünland oder Gewässer sind. Eine Möglichkeit wäre, nicht mehr zu verbauen. Das ist nicht mein Zugang, denn wir werden weiterhin den Ausbau von Betrieben und auch den Wohnbau benötigen. Wir haben aber im Gemeinderat einen Beschluss gefasst: Jedes Flachdach ab 100 Quadratmetern muss intensiv begrünt werden. Das wird auch im Wohnbau kommen, dass wir Kleingärten auf den Dächern haben. Und es gibt Räume, die sakrosankt bleiben: Der Grüngürtel wird nicht verbaut, da werden Sie keinen Quadratmeter neuer Umwidmungen finden.

An den Linzer Einfahrtsstraßen gibt es täglich Staus. Was muss hier getan werden, damit die Verkehrssituation in zehn Jahren eine andere ist?
Es wird eine Existenz- und Überlebensfrage, den öffentlichen Nahverkehr in die Umlandgemeinden massiv auszubauen. Mit den Finanzierungsverhandlungen zur Regional-Stadtbahn und den O-Bussen gibt es – erstmals seit 30 Jahren – ein Commitment in die richtige Richtung. Nur: Das alleine wird das Problem nicht lösen. Die überwältigende Mehrheit kommt aus dem Linzer Süden in die Stadt. Das heißt, wir brauchen rascher die Stadtbahn im Süden, die sich jetzt Jahr für Jahr verzögert hat. Zudem braucht es in Zukunft auch andere Verkehrssysteme, namentlich Stadtseilbahnen.

Ein Endlosthema...
Weil sich Bund und Land weigern, mitzutun. Da dürfte es auch mentale Reservationen geben bei der Frau Bundesministerin (Leonore Gewessler, Anm.), die einmal bei einem Aufenthalt in Linz vor Zeugen gesagt hat, Seilbahnen kommen für sie nicht infrage, weil sie die Alpen zerstört haben. Ich will aber nicht bei der voestalpine Skifahren gehen, sondern schauen, dass die Umstiegssituation aus Ebelsberg/Pichling direkt ins Industriegebiet binnen sieben Minuten mit Seilbahn funktioniert. Das wird die Zukunft sein, weil uns für unterirdische Lösungen das Geld fehlt und oberirdische aus Platzgründen nicht funktionieren.

Was sehen Sie noch als große Herausforderung in Ihrer verbleibenden Amtszeit?
Den Arbeitskräftemangel. Wir brauchen einen großen Wurf auf Bundesebene, wo wir mittun. Es geht um die offensive Anwerbung von Arbeitskräften, unabhängig von der Qualifikation, aus Nicht-EU-Ländern. Auf Bundesebene sind aber die Kompetenzen zu zersplittert, das kann nicht funktionieren. Wir brauchen ein Staatssekretariat für Requirierung von Arbeitskräften.

Stichwort Amtszeit: Werden Sie – wie es viele Bürgermeister machen – schon vor der nächsten Wahl 2027 an einen Nachfolger übergeben?
Nein. Ich habe immer gesagt, dass ich, wenn ich gesund bleibe, diese Periode fertig machen möchte. Aber es werden selbstverständlich zeitgerecht die personellen Nachfolgeentscheidungen in der SPÖ gefällt.

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Gott sei Dank habe ich politisch nie so viele Fehleinschätzungen geliefert wie ich das beim Fußball getan habe.

Klaus Luger war lange skeptisch, ob es Lieblingsklub Blau-Weiß in die Bundesliga schafft.

Gibt es rückblickend etwas, das Sie bereuen?
(Überlegt lange) Es ist eine meiner Schwächen, dass ich manchmal mit dem politischen Mitbewerb zu ungeduldig und damit fordernd bin. Ich habe manchmal auch zu wenig Verständnis dafür gehabt, dass sich andere noch weiterentwickeln müssen.

Hätten Sie es als Fan vor zehn Jahren für möglich gehalten, dass Blau-Weiß Linz in der Bundesliga spielt?
Nein. Ich habe sogar im letzten Spiel in der 2. Liga zur Halbzeit noch gesagt: Das wird nie was! Gott sei Dank habe ich politisch nie so viele Fehleinschätzungen geliefert wie beim Fußball.

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