Halbe Tonne Kokain

Drogenschmuggel: Mafia-Boss „Dexter“ angeklagt

Gericht
20.09.2023 14:57

„In meiner 30-jährigen Laufbahn habe ich hunderte Suchtgiftfälle verteidigt. Aber dieser hier ist speziell“, eröffnet Anwalt Werner Tomanek den Prozess gegen den mutmaßlichen Mafia-Boss „Dexter“. Denn es geht nicht nur um horrende Mengen an Drogen, sondern auch die Beweismittel sind besonders.

„Dieses Verfahren ist aus mehreren Gründen außergewöhnlich“, eröffnet der Staatsanwalt in Wien den Prozess gegen einen 35-Jährigen. Der dem Gericht wohlbekannt ist: Drogen, Raub und Mord - ein Mafia-Boss, wie er im Buche steht. Wegen letzterem saß er in Serbien bereits elf Jahre in Haft. 

Elf Jahre wegen schweren Drogenraubes
Wegen schweren Raubes fasste er im Dezember 2022 im Wiener Landesgericht ebenfalls nicht rechtskräftig elf Jahre im Gefängnis aus. Nur der Beginn von einer Reihe von Verfahren, die gegen „Dexter“ - so soll sein Spitzname lauten - geführt werden. Es handle sich bei dem Serben um ein führendes Mitglied einer serbisch-montenegrinischen Bande.

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Er war, ich nenne es einmal der ,Filialleiter‘, von Österreich.

Staatsanwalt über Drogen-Boss „Dexter“

Gegenständlich im aktuellen Prozess: Eine halbe Tonne Kokain und 100 Kilogramm Heroin. „Er war, ich nenne es einmal der ‘Filialleiter‘, von Österreich“, so der Staatsanwalt. Der 35-Jährige soll den Schmuggel und die Übergabe des Suchtgifts organisiert und geleitet haben. Verwendet wurden dabei Krypto-Telefone mit einer besonders komplexen Verschlüsselung. 

FBI schleuste Telefone in Bande ein
„Sie haben sich sicher gefühlt und offen gesprochen“, weist der Ankläger auf seitenweise Nachrichten hin, in denen der mutmaßliche Mafia-Boss mit Komplizen und Abnehmern kommunizierte. Was sie dabei nicht wussten: Die Handys wurden eigens vom FBI entwickelt, danach in potenziell kriminelle Kreise eingeschleust. Die Sicherheitsbehörde hörte also mit und gab die Ergebnisse folglich weiter.

Beweismittel rechtswidrig?
Und genau das ist Verteidiger Werner Tomanek ein Dorn im Auge: „Das ist ein juristisches Thema, das weltweit noch nie aufgetreten ist.“ Die Beschaffung und Verwendung der Daten sei nach dem Rechtsanwalt überaus fraglich. Laut der österreichischen Strafprozessordnung bräuchte es nämlich einen dringenden Tatverdacht, um die Überwachung von verschlüsselten Nachrichten zu rechtfertigen. Der wäre beim Tatzeitpunkt nicht gegeben gewesen. Die Beweismittel seien so rechtswidrig erlangt worden. 

Schon im Raub-Prozess im Dezember gegen den Serben war die Verwertung von Chat-Nachrichten Thema. Der Oberste Gerichtshof entschied in dem Zusammenhang aber, dass diese rechtmäßig sei und wies die Nichtigkeitsbeschwerde ab. Nichtsdestotrotz bringt die Verteidigung einen Beweisantrag zur Unterlassung der Vorführung der relevanten Daten ein, trägt diesen auch eineinhalb Stunden mündlich vor. Damit der Richtersenat ihn mit Verweis auf die OGH-Entscheidung abweist. 

333 Fälle von Drogenübergabe und -beschaffung
Weniger redefreudig ist „Dexter“ selbst. Schon im ersten Prozess schweigt er eisern. „Nein, ich habe mit der Anklage gar nichts zu tun“, ist eines seiner wenigen Statements. Berechtigte Frage des Richters: „Wie kann es dann sein, dass Sie hier in 333 Fällen mit Suchtgift in Verbindung gebracht werden?“ und verweist auf Fotos des 35-Jährigen und Sprachnachrichten in den Chats.

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Das können durchaus Fotomontagen sein. Vielleicht war es auch die Polizei. Aber sagen Sie mir, wie kann es sein, dass die Polizei mich kein einziges Mal in den zwei Jahren bei einer Übergabe fotografiert hat oder bei mir kein Gramm Suchtgift gefunden hat?

Der angeklagte 35-Jährige im Wiener Landesgericht

Abenteuerliche Erklärung des Serben: „Das können durchaus Fotomontagen sein. Vielleicht war es auch die Polizei. Aber sagen Sie mir, wie kann es sein, dass die Polizei mich kein einziges Mal in den zwei Jahren bei einer Übergabe fotografiert hat oder bei mir kein Gramm Suchtgift gefunden hat?“ Er hätte mit Drogen überhaupt nichts am Hut, sei Manager eines Cafés im serbischen Belgrad. Österreich besuche er nur, um seinen Kindern Spielzeug zu kaufen: „Das ist hier billiger.“

Viel Beitrag zur Aufklärung liefern die Zeugen nicht. Denn keiner der Männer möchte gegen den mutmaßlichen Mafia-Boss aussagen. Der Prozess ist auf insgesamt fünf Tage angesetzt. Ein Urteil soll Anfang Oktober fallen.

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