Welt ohne Vertrauen

George Clooneys vierte Regiearbeit: “The Ides of March”

Kino
21.12.2011 09:08
"The Ides of March - Tage des Verrats" (Kinostart: 23. Dezember), George Clooneys vierte Regiearbeit, ist ein grandios besetzter Film über Moral und deren Absenz, der auf dem Politschachbrett spielt. Eingebettet in einen US-Präsidentschaftswahlkampf, gibt Clooney selbst einen charismatischen Gouverneur, der seinen jungen Berater in den Vorhof der Hölle schickt. Großes Kino zur Weihnachtszeit!

Eine Intrige ist wie Salzsäure. Sie zerfriss bestehende Strukturen, weicht diese auf, verätzt die redliche Gesinnung. Und zeigt fatal - mitunter letal - Wirkung. Gaius Julius Cäsar wurde 44 v. Chr. am 15. Tag des Monats Martius ermordet, seither sind die im römischen Kalender verankerten Iden des März von unheilvoller Bedeutung umweht.

Auch George Clooneys vierte Regiearbeit trägt den bezeichnenden Titel "The Ides Of March", setzt aber in der deutschen Fassung auf die umschreibende Übersetzung "Tage des Verrats". Clooney entführt sein geneigtes Publikum in das Epizentrum eines US-amerikanischen Wahlkampfs in Ohio. In der Arena der Polit-Gladiatoren geht es um die Präsidentschaftskandidatur und sehr schnell wird klar: Nur ein einziger Fehler entscheidet darüber, ob der Weg ins Weiße Haus oder in lähmende Anonymität führt. Denn auf dem glatten Politparkett tun sich ständig Falltüren auf. Der Sturz ins Bodenlose ist also vorprogrammiert.

Ehrgeiz, der zum Verhängnis wird
Zum Dreh- und Angelpunkt seines hochintelligenten Thrillers, in dem variantenreiche Indiskretion über Macht und Niedergang entscheidet, macht George Clooney den jungen Berater Stephen Meyers - Ryan Gosling ("Half Nelson", "Blue Valentine", "Crazy Stupid Love") -, der sich im Haifischbecken hoher Politik bewährt, beflügelt von unbändigem Idealismus, um dann doch wie Ikarus der Sonne zu nah zu kommen - und zu stürzen. Ein Mann, dem sein Ehrgeiz zum Verhängnis wird...

Hollywoodstar George Clooney selbst gefällt sich in der Rolle eines Gouverneurs mit Namen Mike Morris, der sich nach außen hin mit aalglatter Integrität wappnet, bevor sich seine - vermeintliche - Ehrenhaftigkeit als hinterhältige Scharade erweist. Und Stephen prägt sein Image. Tag und Nacht. Schauspielgrößen wie Philip Seymour Hoffman, Paul Giamatti, Jeffrey Wright sowie die Ladys Marisa Tomei und Evan Rachel Wood komplettieren das Ensemble rund um die beiden charismatischen Alpha-Männer. Eine Besetzungsliste, die es kollektiv auf drei Oscars, dreizehn Oscar-Nominierungen und sechs Golden Globes bringt!

Wie viel persönlichen Verlust und moralischen Verrat vermag ein Mensch zu ertragen? Und macht das Aphrodisiakum Macht Männer leichtsinnig? Irgendwann erfährt Stephen von seiner bislang stressfreien Affäre Molly, einer jungen Praktikantin - Evan Rachel Wood -, dass sein strahlender Traumkandidat Morris, dessen Heiligenschein er tagtäglich poliert, nicht nur ein pikantes Verhältnis mit Molly unterhielt, sondern diese auch schwängerte. Ein gefundenes Fressen für die "New York Times". Doch die läppischen Lendeneskapaden sind nur die Spitze des Eisbergs, der auf frostigen Kollisionskurs mit ausgeklügelten Wahlstrategien geht.

Fiktion vs. Realität
"The Ides of March - Tage des Verrats" basiert auf einem Theaterstück des jungen Dramaturgen Beau Willimon, der hier mit fiktiven Vermischungen realer US-Polit-Scharmützel jongliert und es beinhart auf den Punkt bringt: "Du wirst nicht Präsident in diesem Land, wenn du sauber nach den offiziellen Regeln spieltst." Wie im Rennen um das Weiße Haus alle Skrupel über Bord gehen, davon handelt Clooneys packende Adaption, die vor scharfzüngigen Dialogen nur so strotzt und sich einem dokumentarischen Stil verpflichtet fühlt, ohne die Eleganz des großen Kinos missen zu lassen.

Die Dreharbeiten für "The Ides of March" führten George Clooney nach Cincinnati und Nord-Kentucky - nicht weit entfernt von seiner Geburtsstadt Lexington. Ein echtes "Heimspiel" also für den beliebten Hollywoodstar, dessen Komparsenaufruf fast zu einer Massenpanik führte, meldeten sich doch aberwitzige 23.000 Personen.

Auf den Spagat, gleichzeitig vor und hinter der Kamera zu stehen, kann George Clooney nach eigenen Angaben eigentlich gut verzichten. Clooney: "Ich bin zwar billig zu haben und mache meinem Regisseur keinen Ärger, doch diese Doppelbelastung ist alles andere als einfach!" Kein Wunder, wenn der Perfektionist just beim Sprechen des eigenen Textes die Kameraarbeit mit kritischem Auge seziert. Clooney: "Es ist dies ein Film über die Entzauberung überlebensgroßer Vorbilder. Bewunderung blendet fast immer."

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