Im siebenten Anlauf

Gerlinde Kaltenbrunner hat den K2 bezwungen

Österreich
23.08.2011 14:38
Gerlinde Kaltenbrunner hat es geschafft: Sie erreichte den Gipfel des 8.611 Meter hohen K2. Die Oberösterreicherin ist somit die erste Frau, die sämtliche 8.000er der Erde ohne zusätzlichen Sauerstoff bezwungen hat. Zuvor war Kaltenbrunner sechsmal am zweithöchsten Berg der Welt gescheitert. "Gerlinde ist überglücklich und sagt, es sei ein Geschenk, dass sie gemeinsam bei diesen schwierigen Verhältnissen im Aufstieg und bei diesem fantastischen Wetter auf dem Gipfel stehen durften", hieß es in einer Aussendung ihres Betreuerteams.

Begleitet wurde Kaltenbrunner auf dem Weg zu ihrem größten Triumph von dem Polen Darius Zaluski sowie den Kasachen Maxut Zhumayev und Vassiliy Pivtsov. Um 1.30 Uhr brach die Alpinistin am Dienstag mit ihrem Team auf einer Höhe von 8.300 Metern auf, um den 8.611 Meter hohen Berg zu bezwingen. Alle vier Alpinisten hätten sehr stark unter der Kälte gelitten, schilderte Betreuerin Kathrin Furtner. Am schräg aufsteigenden Couloir, das sich zum Gipfelgrat hinaufzieht, seien die Schneeverhältnisse dann besser gewesen.

Die Bergsteiger seien zuversichtlich gewesen, es diesmal zu schaffen. "Gerlinde sprach davon, dass sie sich den Umständen entsprechend gut fühlt", so Furtner. Um 18.18 Uhr Ortszeit meldeten die Betreuer dann den Sieg über den Berg. "Gipfel erreicht!", jubelten sie in einer Aussendung.

Ehemann hatte umkehren müssen
Kaltenbrunner hält sich seit mehr als zwei Monaten in dem Gebiet am K2 an der Grenze zwischen Pakistan und China auf. Bei ihrer vierten Expedition auf den unter Bergsteigern anspruchsvollsten 8.000er, der der höchste Berg im Karakorum-Gebirge ist, versuchte die Oberösterreicherin den Aufstieg erstmals über die wenig bestiegene Nordseite von China aus. Kaltenbrunners Mann Ralf Dujmovits und ein weiteres Teammitglied hatten aufgeben müssen und waren vor dem Gipfelsturm zum Basislager zurückgekehrt.

Der K2 war der 14. und damit letzte Achttausender, dessen Gipfel die in Deutschland lebende Kaltenbrunner erreichen wollte. Die 40-Jährige war in insgesamt sechs Versuchen in den Jahren 2007, 2009 und 2010 am zweithöchsten Berg der Welt gescheitert. Sie ist nun die erste Frau, die alle Achttausender ohne zusätzlichen Sauerstoff bezwang. Vor ihr waren die Südkoreanerin Oh Eun-Sun und die Spanierin Edurne Pasaban bereits auf allen Achttausendern, sie haben aber teilweise zusätzlichen Sauerstoff verwendet.

Bundespräsident gratuliert "aufs Herzlichste"
Während Kaltenbrunner sich in ihrer ersten Reaktion "überglücklich" zeigte, gratulierte bereits kurz nach der Bekanntgabe des Gipfelsieges Bundespräsident Heinz Fischer "aufs Herzlichste". Das Staatsoberhaupt zollte "allergrößten Respekt vor dieser unglaublichen Leistung". Das Wichtigste sei aber nun der erfolgreiche und vor allem unfallfreie Abstieg. Fischer habe sich in den vergangenen Tagen über den Verlauf des Aufstiegs immer wieder informieren lassen. Sein Dank gelte auch Kaltenbrunner-Betreuer und Wetterexperte Charly Gabel, der an dem Erfolg maßgeblich mitbeteiligt gewesen sei.

Auch Bundeskanzler Werner Faymann gratulierte "herzlich zu ihrem Gipfelerfolg auf dem schwierigsten Achttausender-Berg der Welt". "Ihre bergsteigerische Leistung ist schlicht beeindruckend. Es ist faszinierend, wie Menschen sich ein Ziel vor Augen setzen und dieses dann trotz widrigster Umstände und unter größten Anstrengungen auch erreichen."

Bergsteiger-Legende Reinhold Messer ließ mit einer Wortmeldung ebenfalls nicht lange auf sich warten: "Ich habe gewusst, dass sie das schafft. Ich gratuliere ihr, dass sie es sich ohne Sauerstoff zugemutet und auch durchgestanden hat." Für Messner sei sie die Beste, jetzt sei auch der Druck von ihr weg. Er wisse, wie es sei, ohne zusätzlichen Sauerstoff alle 14 Achttausender der Welt zu besteigen, und wünsche sich, dass man Kaltenbrunner jetzt in Ruhe absteigen lasse.

Liebe zu den Bergen früh entdeckt
Ihre Liebe zur Bergwelt entdeckte Kaltenbrunner, die am 13. Dezember 1970 geboren wurde und in Spital am Pyhrn aufwuchs, bereits in jungen Jahren. Ging es zunächst unter der Anleitung ihres Gemeindepfarrers Erich Tischler auf die nahe gelegenen Hügel, so war die junge Gerlinde bald der Faszination Klettern erlegen. Während ihrer Ausbildung zur Krankenschwester nutzte sie jede Gelegenheit, durch Eis und Schnee auf Berge zu kraxeln und ihre Technik zu verbessern.

Mit der Besteigung des Broad-Peak-Vorgipfels im Jahr 1994 ging ihr Traum, einen Achttausender zu besteigen, frühzeitig in Erfüllung. Damit war der Bann gebrochen. Von nun an steckte Kaltenbrunner ihr ganzes Krankenschwestern-Gehalt in alpinistische Expeditionen. Nach dem Aufstieg auf den Nanga Parbat (8.126 m) im Jahr 2003 verschrieb sich die "Oberösterreicherin des Jahres 2005" endgültig dem Profibergsteigen. Dabei wurde sie nicht müde zu betonen, dass ihre Leidenschaft nicht allein den hohen Bergen gilt, sondern auch den dortigen Menschen sowie deren Religion und Kultur.

Kein Wettkampf um die Achttausender
Immer wieder erklärte die Oberösterreicherin auch, dass ihr das Rennen mit anderen Bergsteigerinnen um die 14 Achttausender nicht so wichtig sei. "Ich halte das total fern von mir, weil ich da einfach keinen Wettkampf sehe", so Kaltenbrunner. Das bewies sie auch im Mai 2005, als sie gemeinsam mit dem Japaner Hirotaka Takeuchi den Everest besteigen wollte. Auf 7.650 m erlitt der Asiate ein Gehirnödem. Kaltenbrunner zögerte keine Sekunde, brach die Expedition ab und rettete Takeuchi das Leben. Später sagte sie: "Am Everest umkehren zu müssen, um einem Freund das Leben zu retten, macht uns nochmals unendlich reicher."

Mehrere Kameraden am Berg verloren
Im Mai 2007 erlebte Kaltenbrunner am Dhaulagiri (8.167 m) ihre schlimmsten Momente. Ein Lawinen-Abgang verschüttete ihr Zelt. Während sich die Oberösterreicherin aus eigener Kraft ausgraben konnte, starben zwei spanische Bergkameraden. Ihre Einstellung hat sich dadurch nicht verändert: "Die Berge bleiben meine Liebe", sagte sie kurz darauf in einem Interview. Bei einem weiteren Bergdrama am K2 kam am 6. August 2010 ihr schwedischer Kamerad Fredrik Ericsson ums Leben.

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