Anschlag auf Krim

Was das Brücken-Inferno für den Kreml bedeutet

Ausland
08.10.2022 17:00

Die Zerstörung der Brücke auf die Halbinsel Krim ist ein schwerer Schlag für Russland: Das Bauwerk hatte nicht nur strategische Bedeutung, sondern galt als wichtiges Zeichen des Kremls, dass die Annexion der Krim mit der Eröffnung im Jahr 2018 symbolisch abgeschlossen ist. Jeder Angriff wird zudem als große Demütigung für die Krim gesehen, da die Armee dort massiv präsent ist. Für Moskau wird es nun noch schwieriger werden, seine Truppen an der Front im Süden der Ukraine zu versorgen.

Die Brücke wurde nach ihrer Errichtung als längste Brücke Europas von russischen Medien als „Bauwerk des Jahrhunderts“ gefeiert. Es hieß, sie sei gut vor Bedrohungen aus der Luft, zu Land oder zu Wasser geschützt. Die 19 Kilometer lange Brücke erschwerte zudem durch die verengten Fahrspuren für Schiffe den Zugang der Ukraine zum Asowschen Meer - so waren die ukrainischen Häfen Mariupol und Berdjansk schwerer erreichbar.

Dass die Brücke nun dennoch durch Explosionen schwer in Mitleidenschaft gezogen wurde, wird von russischer Seite heruntergespielt. Der parlamentarische Sprecher der Krim, Wladimir Konstantinow, erklärte, der Schaden an der Brücke werde „sofort behoben, da er nicht schwerwiegender Natur ist“. Die Bilder und Videos, die von der teilweise eingestürzten Brücke im Umlauf sind, lassen aber gegenteiliges erahnen.

Kiew: „Zwei berüchtigte Symbole russischer Macht verschwunden“
Für Konstantinow ist klar, wer für die Explosionen und das Feuerinferno auf dem Bauwerk verantwortlich ist: „Ukrainische Vandalen, die es endlich geschafft haben, mit ihren blutigen Händen die Krimbrücke zu erreichen“, so der Sprecher. Auf ukrainischer Seite wird der Vorfall zum großen Teil mit Wohlwollen kommentiert: Der offizielle Twitter-Account der ukrainischen Regierung reagierte auf das Feuer mit einem schlichten Tweet: „Sick Burn“ (Übler Brand).

Das Verteidigungsministerium erinnerte an einen weiteren schweren Verlust für Russland im Ukrainekonflikt: „Der Lenkwaffenkreuzer Moskwa und die Kertsch-Brücke - zwei berüchtigte Symbole russischer Macht auf der ukrainischen Krim - sind verschwunden. Was steht als Nächstes an, Russen??“

Lange Autokolonnen vor Tankstellen
Das russische Außenministerium erklärte, dass „die Reaktion des Kiewer Regimes auf die Zerstörung der zivilen Infrastruktur ist ein Beweis für seine terroristische Natur“ sei. Wie besorgt die Bevölkerung auf der Krim angesichts der künftigen Versorgungslage ist, zeigen Videos, die in sozialen Medien kursieren. Vor Tankstellen bildeten sich demnach riesige Autokolonnen, um sich noch rechtzeitig mit Sprit einzudecken.

Versorgung der Front im Süden der Ukraine wird schwieriger
Auch das russische Militär wird sich angesichts der kaputten Brücke vor neue Herausforderungen gestellt. Bislang wurde sie genutzt, um militärische Ausrüstung, Munition und Personal von Russland auf die Schlachtfelder in der Südukraine zu transportieren.

„Mit dem Zug können Soldaten, Kriegsgerät und Munition auf die Krim gebracht und dort umgeschlagen werden. Von dort geht der Nachschub dann nach Mariupol, Saporischschja und Cherson“, erklärte Gustav Gressel, Militärexperte vom European Council on Foreign Relations gegenüber dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ bereits vor dem Anschlag. 

Anschlag vermutlich von unten und nicht aus der Luft durchgeführt
Wie die Explosionen verursacht wurden, wird derzeit ebenfalls intensiv diskutiert. Wegen der großen Entfernung zum ukrainischen Territorium erklärte ein Sprengstoffexperte der BBC, dass der Brand vermutlich nicht durch eine Rakete verursacht wurde. „Das Fehlen offensichtlicher Explosions-/Splitterschäden auf der Straßenoberfläche deutet darauf hin, dass keine Luftwaffe verwendet wurde“, sagte er.

Er hält es für wahrscheinlich, dass „ein gut geplanter Angriff von unten die Ursache gewesen sein könnte“. „Ich vermute, dass der Sprengstoff auf der Straßenbrücke und dem Zugdeck fast gleichzeitig mit einem verschlüsselten Funkbefehl gezündet wurde“, fügte er hinzu.

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