Der Alfa Romeo Giulia gehört zu den unterschätzten Mittelklasse-Limousinen. In der aktuellen Version ist die Italienerin ziemlich up to date, bleibt aber in manchen Belangen angenehm klassisch. „Krone“-Motorredakteur Stephan Schätzl war mit der 280 PS starken Giulia Veloce unterwegs - seine Eindrücke hier im Video!
Die Giulia hat das Image des technologischen Nachzüglers, ihr Navitainment war von Anfang an (sie ist seit 2016 auf dem Markt) nicht gerade das Modernste seiner Art. Doch das hat sich mittlerweile geändert, wenn auch nicht so weit, dass sie mit dem aktuellen Trend völlig gleichzieht - zum Glück! Denn sonst hätten wir auch in der Italienerin einen überdimensionalen, dominierenden Touchscreen in der Mitte des Armaturenbretts und müssten für jede Kleinigkeit darauf herumtatschen.
In der Giulia gibt es eine klassische Konsole, einen BMW-artigen Drehdrücksteller, Drehregler für Klimaanlage und Lautstärke sowie echte Knöpfe und Bedienwalzen am Lenkrad. Dass die Bedienung im Einzelnen dann doch etwas schrullig ist (siehe Video: der Scheibenwischerhebel), lassen wir als persönliche Note durchgehen).
Das Bediensystem ist zwar nicht in allen Details intuitiv, aber sehr gut individualisierbar.
Starker Motor, der nicht drehen darf
An den Fahrleistungen der Giulia Veloce gibt es nichts zu bemängeln. Den Standardsprint erledigt der nach DIN gut 1,5 Tonnen schwere Wagen in 5,2 Sekunden, das Höchsttempo beträgt 240 km/h. Die Charakteristik des Zweiliter-Turbovierzylinders ist jedoch etwas ungewöhnlich. Zwar hat er unten herum gut Kraft, die 400 Nm ab 2250/min werden ohne wesentliches Turboloch ausgeliefert, aber nach oben wird er früh eingebremst: Die Achtgangautomatik schaltet grundsätzlich bei rund 5700/5800 Touren hoch, der rote Bereich beginnt bei 5500/min. Ein so schmales Drehzahlband würde man eher bei einem Dieselmotor erwarten. Kein Wunder, dass die Automatik es nicht zulässt, dass man in den Begrenzer rauscht - es würde dauernd passieren.
Als Durchschnittsverbrauch waren bei normaler Fahrweise 9,6 Liter auf 100 Kilometer zu verzeichnen (ausgerechnet). Egal, wie schnell man fährt - der Bordcomputer kann nicht mehr anzeigen als 15 l/100 km.
Hart und etwas hektisch
Die Gasannahme und Bremseinsatz sind etwas ruppig, was etwa ein sanftes Rangieren und Einparken etwas erschwert und einen leicht hektischen Eindruck bewirkt. Auch die Automatik arbeitet manchmal etwas ruppig, manchmal aber auch etwas träge.
Angemessen hart für eine Sportlimousine ist das Fahrwerk abgestimmt. Damit liegt die Giulia Veloce gut und lenkt (mit leichter Untersteuertendenz) gut ein, die Lenkung ist aber etwas zu leichtgängig und gefühlsneutral. Da bedient Alfa Romeo dann doch die Komfortfraktion. Das gilt auch für den Motorsound: Der wird nicht künstlich erzeugt, wie das mittlerweile üblich ist, sondern das Triebwerk klingt wie ein ganz normaler Vierzylinder, ohne Aufplustern, auch ohne Auspuffklappen.
Laut wird es trotzdem, aber nur bei höherem Tempo, als es in Österreich erlaubt ist. Auf deutschen Autobahnen sind Windgeräusche ein Thema, die ab rund 200 km/h richtig aufdringlich werden. Erstaunlich: Die Freisprecheinrichtung ist so gut, dass trotzdem Telefonate mit glasklarer Tonqualität möglich sind.
Das Wunschauto ist schnell zusammengestellt
Alfa Romeo hat die Konfigurationsmöglichkeiten gestrafft, daher kann man sich seine persönliche Giulia nur in Paketen zusammenstellen. Die Giulia Veloce ist nur mit Allradantrieb erhältlich, dabei steckt unter der Haube entweder der 210-PS-Diesel oder der hier gefahrene 280-PS-Benziner. Letzterer ist ab TI (also eine Stufe unter Veloce) zu haben, dort aber ohne Hinterachssperre. Der 200-PS-Benziner ist nur in der „Super“ genannten Basis (53.000 Euro, als Diesel 50.900 Euro) oder als „Sprint“ (55.100 Euro) bestellbar.
Die Veloce-Ausstattung (63.800 Euro als Diesel, 68.300 als Benziner) ist ziemlich komplett, von den typischen Alufelgen über die herrlichen Leder-Sportsitze bis zu den Brembo-Bremsen.
Fahrzit
Der Alfa Romeo Giulia Veloce ist up to date genug. Wo vielleicht ein bisschen zu viel alte Welt an Bord ist, ist bei den Scheinwerfern: Es sind Xenon-Leuchten, keine LEDs. Dass der Antrieb nicht elektrifiziert ist, ist nur konsequent, es handelt sich um die letzte Giulia-Generation. Eine Überarbeitung kommt noch, dann ist Schluss mit Sprit, Alfa Romeo wird zur Elektromarke. Freunde klassischer und klassisch zu bedienender Sportlimousinen haben hier also noch eine Gelegenheit, auch wenn die Giulia kein perfektes Auto ist. Aber das gehört wohl auch dazu.
Warum?
Klassisches Konzept durch und durch
Warum nicht?
Motor wenig drehfreudig
Oder vielleicht …
… BMW 3er, Audi A4, Mercedes C-Klasse
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