Neue Prioritäten

Volkswagen will Autos schneller entwickeln & bauen

Motor
04.03.2022 05:00

Nach den Software-Problemen bei VW Golf, VW ID.3 & Co hätte man eventuell eher erwarten können, dass sich Volkswagen bei der Entwicklung von Autos künftig mehr Zeit lassen könnte, doch das Gegenteil ist der Fall: Die Wolfsburger wollen im Zuge der Aufholjagd auf Tesla Neuentwicklungen künftig schneller auf den Markt bringen.

(Bild: kmm)

„Die Entwicklungszeiten werden deutlich sinken“, kündigte VW-Markenvorstand Thomas Ulbrich in einem Interview der Nachrichtenagentur Reuters an. „Wir brauchen heute über 50 Monate für ein Fahrzeugprojekt. Künftig sollen es noch an die 40 Monate sein.“

Basis dafür sei eine in kürzeren Zyklen weiterentwickelte Software-Architektur, die durch Updates auf dem neuesten Stand gehalten werde. Dadurch sollen Autos länger „frisch“ gehalten werden, also auf dem gleichen Stand sein wie solche, die gerade erst vom Band laufen.

Tesla fährt voraus
Tesla gilt mit seinen Software-Updates über Funk als Vorbild in der Branche. Alle großen Autobauer eifern dem US-Konzern nach und investieren massiv in die Entwicklung eigener Software und die Vernetzung der Fahrzeuge. Ziel ist, Tech-Konzerne wie Google, Apple und Amazon auf Abstand zu halten, die mit ihren Angeboten ins Auto drängen und teils eigene Pläne für Fahrzeuge haben. Die traditionellen Hersteller müssen befürchten, an die Seite gedrängt zu werden. Volkswagen setzt deshalb stark auf Techniken für automatisiertes Fahren. Die Softwaretochter Cariad hat sich mit dem weltgrößten Zulieferer Bosch zusammengetan, um die Entwicklung zu beschleunigen.

Spaltmaße werden zweitrangig
Nun stellt VW auch die Fahrzeugentwicklung in Wolfsburg neu auf. Sie ist mit 11.500 Mitarbeitern die größte Entwicklungseinheit des Konzerns. Statt wie bisher an Bauteilen werden die Abläufe künftig an Systemen und neuen Funktionen ausgerichtet, erläutert Ulbrich, der die technische Entwicklung der Hauptmarke leitet. Hubraum, Motorleistung oder Spaltmaße, die bei VW-Ingenieuren bis in die Konzernspitze hinein lange Maßstab waren, sind aus der Zeit gefallen. Die E-Mobilität sei erst der Einstieg in den Wandel gewesen, sagt Ulbrich. Mit der Digitalisierung seien viel radikalere Veränderungen verbunden. „Sie macht aus dem Auto ein elektrisch betriebenes Software-Produkt.“ Dadurch würden neue Geschäftsmodelle möglich.

Dafür müssen tausende Mitarbeiter umgeschult und qualifiziert werden, einige werden in andere Abteilungen versetzt. Kündigungen soll es nicht geben. VW baut schon länger Personal durch Altersteilzeit ab.

Reise- und Warte-Erlebnis statt Autofahrt
Wenn die Technik beim vollautomatisierten Fahren das Steuer übernimmt, können sich die Insassen anderen Tätigkeiten zuwenden. Sie können während der Fahrt essen, sich Kinofilme ansehen oder arbeiten. Sobald der Fahrer erlaube, seine Daten zu nutzen, könne sich das Auto seinen Gewohnheiten anpassen, erläutert der Chefentwickler. „Wenn wir wissen, wo er seine Ladepause gerne macht und was er währenddessen gerne tut, können wir ihm entsprechende Angebote machen.“ Das wäre vergleichbar mit einer rollenden Alexa, bei der man etwas bestellt, das einem später in den Kofferraum gelegt wird. „Wenn Sie einen Kaffee trinken wollen, wird Ihr Auto Sie eines Tages an einen Punkt steuern, wo jemand steht, der ihnen das Getränk ins Auto reicht“, blickt der 54-Jährige in die Zukunft. „Das Fahrzeug wird zum Begleiter des Kunden durch den Alltag, es wird immer intelligenter und umsorgt den Kunden mit den Annehmlichkeiten der Digitalisierung, ohne dass er sich um alles im Detail kümmern muss.“

Ziel: Ein Auto in zehn Stunden
Um einen fahrbaren Untersatz mit diesen Ansprüchen zu konstruieren, müssen alle Bereiche vom Design, der technischen Entwicklung über die Software, den Einkauf, die Produktionsplanung bis hin zum Vertrieb ineinandergreifen. „Es wird ein Zusammenspiel aus Cariad und uns“, sagt Ulbrich. „Die Cariad wird den Programmcode schreiben und die Software erzeugen und wir werden die Software in die Fahrzeuge integrieren und optimieren.“

Dafür hat Volkswagen das Projekt Trinity auf den Weg gebracht. Am Stammsitz in Wolfsburg soll ein neues Werk errichtet werden, in dem auf einer neuen Architektur ab 2026 ein Fahrzeug vom Band laufen soll, dessen Produktion nicht länger als zehn Stunden dauert - das peilt auch Tesla in seiner neuen Fabrik in Grünheide nahe Berlin an. Dort soll die Produktion schon bald anlaufen.

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(Bild: kmm)



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