Die wichtigsten Fragen

Der „Krone“-Wegweiser durch das 2G-Chaos

Österreich
09.11.2021 06:00

Seit gut 24 Stunden gilt der Freizeit-Lockdown für Ungeimpfte. Die Regeln sind verwirrend. Die „Krone“ beantwortet die wichtigsten Fragen um Schule, Arztbesuch und Impfung.

Mittlerweile kennt jeder jemanden, der sich nicht mehr auskennt. Licht ins Dunkel der Corona-Regeln bringen die folgenden Antworten.

Warum gilt 3G bzw. 2G nicht für Öffis und Handel?
Es handelt sich hierbei um Bereiche, die zum Grundbedürfnis der Menschen gehören, die für Alltag und Leben notwendig sind. Somit kann man schwer jemanden davon ausschließen.

Was gilt in Wartezimmern, etwa in Arztpraxen?
Grundsätzlich braucht es eine FFP2-Maske, 2G ist nicht notwendig. Allerdings können Ärzte zusätzlich weitere Verschärfungen vornehmen – natürlich nur, wenn es nicht um Notfälle oder Ambulanzen geht.

Ein Krankenhaus lässt nur einen Besucher pro Patient und Tag ein – entspricht das den Bundesregeln?
Nein. Österreichweit gibt es keine Einschränkungen bei der Besucherzahl in Spitälern, Alters- oder Pflegeheimen. Einrichtungen dürfen die Regeln aber verschärfen. Das gilt für alle Betriebe.

Kommt 2,5G am Arbeitsplatz?
An sich sollte die Regelung ab 15. November gelten – ob es tatsächlich kommt, ist noch offen. Derzeit jedenfalls erfolgt „ein flächendeckender Ausbau des PCR-Test-Angebots, um Antigen-Tests möglichst rasch durch PCR-Tests ersetzen zu können“, heißt es aus dem Gesundheitsministerium dazu.

Warum gibt es 2G nicht an Schule und Kindergarten?
Auch hier gilt 3G im Job. Für Lehrkräfte gibt es de facto bereits seit Februar 3G am Arbeitsplatz: „Seit September müssen Lehrer zusätzlich einen PCR-Test pro Woche bringen und ihren Status jederzeit nachweisen können“, heißt es dazu aus dem Bildungsministerium. Und für Kindergarten-Mitarbeiter gilt wie für den Rest auch die 3G-Regel.

Gilt 2G bei der Ein- und Ausreise aus Österreich?
Nein – es bleibt bei der 3G-Regel.

Bleiben regionale Verschärfungen aufrecht?
Die nun erlassenen Bundesregeln decken sich mit den geplanten Verschärfungen der Bundesländer bzw. sind ohnehin strenger. Einzige Ausnahme ist Wien – die Stadt beriet am Montag bis spätabends über das weitere Vorgehen. Möglich sind Verschärfungen weiterhin.

Was bringt ein Test, wenn ich geimpft/genesen bin?
Geimpfte bzw. Genesene können sich anstecken – wenn auch deutlich seltener und nicht so schwer wie Ungeimpfte. Mit einem Test hat man zumindest aktuell die Information, wie es zum Testzeitpunkt bei einem selbst aussieht. Leider sagen Tests ja grundsätzlich nur etwas über den momentanen Ist-Zustand aus.

Wo gilt 2G+ (geimpft oder genesen plus PCR-Test)?
In der neuen Verordnung ist 2G+ keine Vorgabe. Einzelne Bereiche, Bundesländer, Veranstalter und Co. können aber zusätzlich zu den bundesweiten Regelungen auch 2G+ verlangen.

Antikörpertests sind kein 2G-Nachweis. Warum?
Antikörpertests als Entscheidungshilfe, ob eine Impfung notwendig ist, sind laut Nationalem Impfgremium „weder sinnvoll noch empfohlen“, heißt es. Der Grund: Es gibt noch kein Schutzkorrelat, es ist nicht bekannt, „welche Antikörper- bzw. Titerhöhe notwendig ist, damit ein sicherer Schutz gegeben ist“. Einfach gesagt: Ein Antikörpertest sagt nur aus, ob es momentan Antikörper gibt, er sagt aber nichts darüber aus, z. B. wie gut oder wie lange man geschützt ist. Sinn haben diese Tests daher derzeit unter anderem bei immunsupprimierten Personen, um zu zeigen, ob sie auf den ersten Stich überhaupt angesprochen haben.

Was ändert sich für Menschen, die z. B. mit Sputnik geimpft wurden?
Bei jenen, die mit Impfstoffen immunisiert worden sind, die in der EU nicht zugelassen sind wie Sputnik, kommen die Antikörpertests doch zum sinnvollen Einsatz. Wer einen Nachweis auf neutralisierende Antikörper vorlegt (durch Impfung oder Genesung) und sich eine Impfung mit einem bei uns zugelassenen Impfstoff holt, kann schon die Erstimpfung mit dem zugelassenen Vakzin als 2G-Nachweis vorweisen.

Wer kontrolliert die Einhaltung von 2G?
Schon bisher war die Exekutive dafür zuständig, rund 10.000 Kontrollen pro Woche fanden statt. Nun sollen laut Innenministerium 800 Beamte zusätzlich abgestellt werden. Wo die abgezogen werden, ist nicht klar.

Was nutzen Maßnahmen, wenn Betriebe sie nicht kontrollieren?
Den Grünen Pass scannen, einen Ausweis verlangen, die Registrierung kontrollieren – nur selten wird in der Gastronomie vollständig kontrolliert. „Das System funktioniert bei uns nicht, viele Betriebe sind zu nachlässig“, sagen Branchenkenner. In anderen Ländern funktioniere das besser – daher berät man aktuell über Lösungen. Eine könnte ein verpflichtendes Scannen des Grünen Passes und damit die automatische digitale Registrierung an der Eingangstür sein. „In Italien funktioniert das sang- und klanglos.“ Gefragt, so die Experten, sei das Gesundheitsministerium mit einer klaren Vorgabe.

Hält 2G bzw. der Lockdown für Ungeimpfte vor dem Verfassungsgerichtshof?
Medizinrechtsexperte Karl Stöger von der Uni Wien geht bei 2G davon aus. Aus medizinischer Sicht sei die Impfung „das beste Mittel zur Bekämpfung der Pandemie, das wir haben“, so Stöger. Die Regelung werde zu einem Zeitpunkt eingesetzt, wo „nichts mehr tun nicht mehr geht“, außerdem sei 2G ein gelinderes Mittel etwa anstelle eines Lockdowns für alle mit möglichen schweren Folgen, wie wirtschaftlichen Einbußen. Und das Ziel von 2G sei auch, das Gesundheitssystem nicht zu überlasten. Etwas anders wäre die Lage bei einem völligen Lockdown für Ungeimpfte, der auch in den Privatbereich eingreifen würde, da sei 2G das gelindere Mittel, so Stöger. Sowieso müsste vor Inkrafttreten eine solche Maßnahme medizinisch belegt werden.

Wie geht es jetzt epidemiologisch weiter?
Das lässt sich noch nicht sagen. Das Geschehen ist abhängig davon, wie konsequent die neuen Maßnahmen umgesetzt und kontrolliert werden - und „wie sie sich dann auswirken“, so Komplexitätsforscher Peter Klimek. Weiters im Köcher: Impfungen bzw. Auffrischungsimpfungen. Mit diesen Maßnahmen sollte es rein rechnerisch möglich sein, die Kurve wieder abzuflachen. Andere Seite: Bleiben die Fallzahlen weiter über Wochen so hoch, könnte die Kurve bald von alleine abflachen - weil es dann bald niemanden mehr gibt, der nicht mit dem Virus in Berührung gekommen ist.

Wie lange steigen die Zahlen noch bzw. ab wann gehen sie zurück?
Das wird sich zeigen, angesichts der Maßnahmen und wie sie gelebt werden sowie angesichts der Impfrate. Hier haben sich zwar zuletzt vermehrt Menschen impfen lassen. Allein deswegen sinken die Zahlen nicht gleich in den nächsten Tagen.

Wie viele Geimpfte brauchen wir noch?
Im September erklärte Simulationsforscher Niki Popper, es müsste zumindest noch eine Million Menschen zeitnah geimpft werden, um einen guten Effekt zu erzielen. Damals waren rund 59 Prozent vollständig geimpft. Jetzt sind es etwa 63 Prozent. Im Lauf der Pandemie etablierte sich eine 80-prozentige Durchimpfungsquote als Mindestmaß - diese dürfte angesichts der infektiöseren Delta-Variante überholt sein. Zuletzt wurden am Samstag vorige Woche nach Bekanntwerden der 2G-Regeln rund 32.000 Impfungen durchgeführt, jede dritte davon „Erststiche“, am Sonntag kamen nochmals rund 10.000 Geimpfte dazu. Inklusive der Auffrischungsimpfungen gab es in der Vorwoche mehr als 213.000 Impfungen - so viele wie zuletzt Anfang August.

Wer kann bzw. sollte nicht geimpft werden?
Eine Impfung ist immer im individuellen Fall abzuklären. Nicht geimpft werden können etwa Kleinkinder. Gut abzuwägen sind Impfungen z. B. bei Menschen mit speziellen Vorerkrankungen, Impf-Allergien oder situationsbezogen etwa dann, wenn der Betroffene gerade Fieber hat.

Wer braucht wann den dritten Stich?
Prinzipiell ist die Auffrischung jetzt für alle ab 18 Jahren möglich, die letzte Corona-Impfung sollte sechs Monate her sein. Besonders empfohlen wird die Auffrischung für Über-65-Jährige und Risikopatienten. In Ausnahmefällen ist die Auffrischung früher empfohlen, nämlich ab vier Monaten - und zwar für jene Menschen, die mit AstraZeneca geimpft worden sind, eine längere Reise antreten oder ein besonders hohes Expositionsrisiko haben. Aufgefrischt wird mit Biontech/Pfizer bzw. Moderna.

Woher weiß ich, wann ich die Auffrischung brauche?
Im Impfpass bzw. in der Grünen-Pass-App steht, wann die letzte Corona-Impfung verabreicht worden ist. Da kann man nachsehen, ob sie bereits sechs Monate her ist. Im Individualfall, je nach Risiko, Vorerkrankung und Alter, sollte man eine mögliche frühere Auffrischung mit dem Hausarzt abklären. Das Impfdashboard des Gesundheitsministeriums bietet einen Auffrischungsrechner - siehe https://info.gesundheitsministerium.gv.at/.

Was gilt für Einmal-Geimpfte?
Wer mit dem Einmal-Impfstoff Janssen von Johnson & Johnson geimpft worden ist, sollte sich bald - zumindest aber im Mindestabstand von 28 Tagen - einen zweiten Stich holen. Am idealsten mit einem mRNA-Vakzin wie Biontech/Pfizer, aber auch erneut Janssen. Als Nachweis gilt Janssen nur bis 3. Jänner 2022.

Welche Auswirkungen hat 2G auf die Unternehmen?
Die Freizeit- und Sportbetriebe rechnen laut Wirtschaftskammer mit einem Umsatzminus von 40 Prozent. Die Friseure berichten von Stornos am ersten Tag: 15 bis 40 Prozent, in einzelnen Betrieben gar bis 50 Prozent der Termine wurden abgesagt. Einbußen von einem Fünftel des normalen Umsatzes werden erwartet. Die Gastronomie trifft vor allem die Absage von Weihnachtsfeiern. „Aber auch Stammtische finden nicht mehr statt, weil bei so gut wie jedem bisher einer war, der nur mit Test teilgenommen hat“, sagt Wirtesprecher Mario Pulker. Keine Bilanz gab es vorerst von der Hotellerie, die mit der „harten, aber unvermeidlichen“ Maßnahme hofft, den Winter zu retten.

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