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20 Jahre 9/11: Warum tun Menschen so etwas?

Ausland
11.09.2021 18:23

Die Terroranschläge vom 11. September 2001 haben der Welt vor 20 Jahren drastisch vor Augen geführt, wozu Menschen aus Hass und religiösem Fanatismus fähig sind. Nach jedem Terroranschlag stellt sich die immer gleiche Frage: Warum tun Menschen so etwas? Der US-Psychologe Arie Kruglanski sucht nach Antworten auf diese Frage. Im Gespräch mit krone.at sagt er, dass der Wunsch nach Ruhm und Anerkennung eine große Rolle spiele, und liefert auch eine Erklärung dafür, warum der Mensch nicht aus der Geschichte lernt.

Im Wesentlichen sei menschliches Verhalten laut Kruglanski immer auf die Befriedigung von Grundbedürfnissen zurückzuführen. Dabei handle es sich eben nicht nur um existenzielle Bedürfnisse wie Hunger, Durst oder Schlaf, sondern auch um psychologische Grundbedürfnisse wie „ein sehr universelles Streben nach Würde und Bedeutung“, so der 82-jährige Sozialpsychologe.

Terroristen handeln aus einem Gefühl der Erniedrigung
Im Rahmen seiner Forschung an der University of Maryland habe Kruglanski festgestellt, dass Terroristen beim Streben nach Anerkennung auf Gewalt zurückgreifen, weil sie aus einem Gefühl der Erniedrigung heraus handeln. Die Versprechung des Paradieses sei eher symbolischer Natur, viel wichtiger sei die Verehrung im Hier und Jetzt, das Märtyrertum. Gegen die „Feinde des Islam“ seien Terroristen auch dazu bereit, ihr eigenes Leben zu opfern. 

Junge Männer finden schnell Gefallen an Gewalt
Die Ausübung von Gewalt habe ohnehin eine sehr starke evolutionäre Basis. „Sie ist bei Tieren genauso verbreitet wie bei Kindern. Gewalt ist eine Möglichkeit, um Dominanz herzustellen.“ Besonders junge Männer würden daran schnell Gefallen finden, weshalb Terroristen auch überproportional oft junge Männer seien.

Voraussetzungen: Bedürfnis, Narrativ und Netzwerk
„Was ich erstaunlich und überraschend finde, ist, dass auf psychologischer Ebene dieselbe Dynamik, die gutes soziales Verhalten antreibt, auch den Terrorismus antreibt“, so Kruglanski. Jeder Mensch habe die gleichen Bedürfnisse. Damit man Menschen für den Terrorismus gewinnen könne, brauche es jedoch drei wesentliche Faktoren: das Bedürfnis, eine passende Geschichte (Narrativ) und auch das richtige Netzwerk. 

Der Wunsch des Menschen nach Bedeutsamkeit
Bei diesem Narrativ muss es sich jedoch nicht unbedingt um Religion handeln. Auch Nationalismus funktioniere etwa nach dem gleichen Prinzip, wie der ehemalige US-Präsident Donald Trump laut Kruglanski mit seinem Mantra „Make America Great Again“ unter Beweis gestellt habe. Entscheidend sei dabei, dass sich das einzelne Individuum besonders wichtig und bedeutsam fühle. Besonders der radikale Islam biete eine schnelle Möglichkeit, ein bedeutsames Leben zu führen. Auch der Nationalsozialismus habe deshalb so viele Anhänger gefunden. 

Angst vor dem Fremden als Erfolgsrezept
„Die Angst vor dem Fremden gepaart mit Gewalt ist ein bekanntes Erfolgsrezept von Extremisten“, so Kruglanski, das schon seit Beginn der Menschheitsgeschichte nach dem immer gleichen Schema funktioniere. Außerdem lernten die Menschen nicht aus der Geschichte: „Die menschliche Natur ändert sich nicht, das kollektive Gedächtnis verblasst.“

Für die Menschheit besteht noch Hoffnung
Trotzdem schlägt Kruglanski auf die Frage, ob für die Zukunft noch Hoffnung bestehe, auch optimistische Töne an: „Wir haben die Möglichkeit, uns selbst und unsere Verletzlichkeit zu verstehen, also sollten wir in der Lage sein, schlauer zu sein, als wir sind.“ Als Menschheit könnten wir zwar Fortschritte erzielen, müssten uns aber auch der Tatsache bewusst sein, dass all das auch schnell wieder zunichtegemacht werden könne.

Die Folgen von 9/11

Bei den Anschlägen vom 11. September starben 2977 Menschen, bei den dadurch ausgelösten Kriegen in Afghanistan und im Irak wurden mehr als 700.000 Menschen getötet. Insgesamt starben im „Krieg gegen den Terror“ mehr als 900.000 Menschen, darunter mehr als 364.000 Zivilisten.

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