Corona und Nahost

Antisemitismus: Zahl der Vorfälle verdoppelt

Österreich
02.09.2021 11:51

Die Zahl der gemeldeten antisemitischen Übergriffe hat sich im Vergleich zum vergangenen Jahr mehr als verdoppelt. Das zeigt die Bilanz der in der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG) eingerichteten Meldestelle des ersten Halbjahres. Demnach wurden von Jänner bis Juni 562 Vorfälle jeglicher Art registriert, im Vergleichszeitraum 2020 waren es 257. Die Hintergründe lagen zu einem großen Teil in der Corona-Pandemie und dem Nahostkonflikt.

Mehr als die Hälfte der gemeldeten antisemitischen Vorfälle, konkret 331, bezogen sich auf „verletzendes Verhalten“, also etwa Beleidigungen. 154 Mal wurden sogenannte Massenzuschriften registriert, worunter etwa Postings im Internet mit antisemitischen Inhalten zu rechnen sind. Von der Meldestelle aufgenommen wurden auch 58 Fälle von Sachbeschädigung, wie etwa antisemitische Schmierereien und Graffitis. Dazu kommen elf Bedrohungen und acht tatsächliche physische Angriffe.

Die größte Anzahl der Vorfälle (244) kam im ersten Halbjahr von politisch rechts motivierten Tätern, dem gegenüber stehen 71 Vorfälle, die von muslimischer Seite ausgingen. Dennoch zeigt sich, dass von der zweiten Gruppe die intensiveren Übergriffe ausgingen. Bei 100 Fällen wird davon ausgegangen, dass diese politisch links motiviert waren. 147 Übergriffe waren nicht eindeutig zuordenbar.

Corona-Verschwörungstheorien und Nahost-Konflikt
Weiter eine große Rolle bei antisemitischen Übergriffen spielte im ersten Halbjahr 2021 die Corona-Pandemie, mit der bekanntlich antisemitische Verschwörungstheorien einhergehen. Insgesamt 126 Fälle hatten Bezug zur Krise. Aber auch die Entwicklung im Nahen Osten führte speziell im Mai zu einem deutlichen Anstieg der Meldungen zu Israel-bezogenem Antisemitismus bzw. Shoah-Leugnungen.

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Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick katastrophal wirken, sie spiegeln die Realität wider.

IKG-Präsident Oskar Deutsch

„Auch wenn die Zahlen auf den ersten Blick katastrophal wirken, sie spiegeln die Realität wider“, kommentierte IKG-Präsident Oskar Deutsch die jüngsten Daten gegenüber der APA. Israel-bezogener Antisemitismus und Verschwörungsmythen sowie Shoah-Verharmlosung im Zuge der Corona-Pandemie müssten gesamtgesellschaftlich bekämpft werden.

Schutz jüdischer Einrichtungen auf hohem Niveau
Antisemitismus richte sich nicht nur gegen Juden, wie auch einige der jüngsten Fälle zeigen, merkte Deutsch außerdem an. Besonders wichtig sei festzuhalten, dass der Schutz jüdischer Einrichtungen wie Synagogen und Schulen durch Polizei, Bundesheer und die IKG-Sicherheitsabteilung auf sehr hohem Niveau gewährleistet sei. „Diese Sicherheitszusammenarbeit funktioniert nicht überall in Europa so vorbildlich“, so Deutsch.

Der Kampf gegen jede Form von Antisemitismus sei „Teil einer gewachsenen österreichischen Identität und der historischen Verantwortung unseres Landes“, so Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) in einer ersten Reaktion. Auch für ihn hat die Corona-Pandemie zu einer Radikalisierung an den Rändern der Gesellschaft geführt.

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