„Große Ehre“

Bundesratspräsident Peter Raggl im Interview

Tirol
02.08.2021 16:00

Noch nie bekleidete ein Tiroler Oberländer ein so hohes Amt in der Bundesgesetzgebung. Peter Raggl hat seit einem Monat die Präsidentschaft des Bundesrates inne. Die „Länderkammer“ werde in der Bürgerschaft eklatant unterschätzt, wie er der „Krone“ in seiner Wohlfühloase in Schönwies erzählt. 

„Krone“: Herr Raggl, der 1. Juli war der erste Tag für Sie als Bundesratspräsident, einer der höchsten Würdenträger in der Republik in der Bundesgesetzgebung. Wird Ihnen das Datum in Erinnerung bleiben?
Peter Raggl: Ja natürlich. Für mich eine große Ehre, verbunden mit großem Respekt vor diesem hohen Amt. Vor allem beim Landesüblichen Empfang mitten auf dem Heldenplatz hat mich extrem stolz gemacht, dass ich meine Schönwieser Schützen und die Musikkapelle präsentieren durfte. Für sie war es ein Jahrhundertereignis. Aber auch wichtig für Tirol, sich nach der schwierigen Zeit wieder erhobenen Hauptes auf dem Heldenplatz herzeigen zu können.

Sie sind seit 2007 Direktor des Tiroler Bauernbundes und seit 2018 als Erstgereihter von fünf Tiroler ÖVP-Mandataren im Bundesrat. Ihre neue Position wird wohl noch mehr Zeit in Anspruch nehmen. Wie schaffen Sie das organisatorisch?
Wir sind im Bauernbund personell gut aufgestellt. Für mich steht im Vordergrund, dass ich in meiner neuen Rolle für die ländlichen Regionen und für die Landwirtschaft auf Bundesebene mehr bewegen kann. Schon als Bundesrat kann man sich in Wien ein Netzwerk zur Vertretung der Interessen aufbauen. Als Präsident kannst du in höchsten politischen Ligen spielen. Ich hatte beispielsweise vor zwei Wochen ein Treffen mit dem Serbischen Außenminister zum Thema EU-Erweiterung. Und im Herbst darf ich als Vorsitzender der Länderkammer in Wien Gastgeber für 168 Parlamentsvorsitzende aus aller Welt sein.

Viele Bürger sehen den Bundesrat als überflüssig, weil er in ihren Augen zahnlos ist. Was sagen Sie dazu?
Erst muss man wissen, dass diese zweite Kammer der Bundesgesetzgebung fast alle neuen Gesetze begutachten muss. Wenn ein Gesetz des Nationalrates in Kompetenzen der Länder eingreift, haben wir nicht nur ein aufschiebendes, sondern ein absolutes Veto. Zusätzlich muss man wissen, dass die Entscheidungsfindungen bezüglich der Beschlüsse im Grunde bereits im Vorfeld im Klub oder in den Ausschüssen gefasst werden. Der Bundesrat ist in diese Gremien involviert. Das ist für den Bürger natürlich nicht sichtbar. In Zukunft wird es allerdings aufgrund der Mehrheitsverhältnisse bei den 61 Mandataren wohl öfters ein Veto geben: Die Regierung hat 30 Stimmen, SPÖ und FPÖ haben ebenfalls 30 und die Neos haben eine und die können das Zünglein an der Waage sein. Es ist und wird extrem spannend.

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Die Pandemie hat auch aufgezeigt, wie wichtig ein gewisser Grad an Eigenversorgung ist.

Peter Raggl

Sie möchten sich in Ihrer halbjährigen Präsidentschaft unter dem Motto „starke Regionen, starke Republik“ für eine intensivere Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Tourismus und mehr Chancengleichheit von Stadt und Land einsetzen?
Breitbandausbau, öffentlicher Personennahverkehr oder flächendeckende ärztliche Versorgung am Land erscheinen mir essenzielle Themen. Diesbezüglich sind wir in Tirol gut aufgestellt, bei uns soll die Partnerschaft Landwirtschaft und Tourismus intensiviert werden. Die Pandemie hat auch aufgezeigt, wie wichtig ein gewisser Grad an Eigenversorgung ist. Auch der Gast möchte regional produzierte Lebensmittel konsumieren.

Wie möchten Sie das konkret vorantreiben?
Ich hatte bereits eine Sitzung mit Entscheidungsträgern mit Ministerin Köstinger an der Spitze. Das Thema war regionale Produkte in der Gastronomie. Die AMA hat sich als Vernetzer angeboten. Auch ich werde fleißig netzwerken und weitere Runden einberufen.

Wie sehen Sie die politische Kultur im Lande gerade in Bezug auf Menschen, die politisch anders denken?
Das liegt mir sehr am Herzen, deshalb habe ich diese Problematik auch in meiner Antrittsrede thematisiert. Ich denke Untergriffigkeiten oder persönliche Beleidigungen, die wir nicht selten erleben, kommen bei den Menschen sehr schlecht an und sind auch völlig deplatziert. Irgendwann tut sich die Politik niemand mehr an. Rudi Anschober ist ein gutes Beispiel. Der Respekt vor dem anderen muss gewahrt bleiben, das habe ich von Kindheit an gelernt.

Könnte die Präsidentschaft in der Länderkammer ein Sprungbrett für eine politische Karriere des Peter Raggl in Wien sein?
Die Aufgabe als Direktor des Tiroler Bauernbundes ist mir ein Herzensanliegen, ich bin sehr zufrieden. Und sehen Sie sich um, unsere Familie lebt hier in Schönwies wie im Paradies, hier sind meine Wurzeln.

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