Nach langem Hin und Her zwischen Gegnern und Befürwortern hat das iranische Parlament ein Gesetz verabschiedet, das die Internetzensur im Land noch weiter verschärfen wird. 121 der 209 anwesenden Abgeordneten stimmten für das neue Gesetz, das jedoch laut Verfassung noch vom sogenannten Wächterrat bestätigt werden muss.
Der von den Hardlinern im Parlament initiierte Gesetzentwurf hatte in den vergangenen Wochen landesweit heftige Kritik ausgelöst. Offiziell geht es um die Aufsicht sowie eine Nationalisierung des Internets - also die Schaffung iranischer Alternativen zu beliebten Onlinediensten. Kritiker befürchten jedoch, dass viele Plattformen lahmgelegt werden. Außerdem sollen laut dem Gesetz alle Internetnutzer registriert und sämtliche VPN-Apps, mit denen Iraner sich über Datentunnel Zugang zu unerlaubten Webseiten verschaffen, verboten werden.
Das Internet ist dem islamischen Establishment seit Jahren ein Dorn im Auge, weil es die vom Staat kontrollierten Medien komplett untergraben hat. In denen konnten beispielsweise Berichte über Unruhen oder öffentliche Proteste noch zensiert werden, in den sozialen Medien ist dies nicht mehr möglich. Insbesondere Jugendliche verfolgen die politischen Entwicklungen nur noch im Internet, vor allem auf Twitter, und ignorieren die staatlich gesteuerten Medien.
Iranische Social-Media-Dienste gescheitert
Die Regierung hat in den letzten Jahren zwar versucht, heimische Alternativen einzuführen, wie etwa Messenger-Dienste, doch letztendlich scheiterten die Pläne. Laut einer Umfrage der iranischen Forschungsgruppe ISPA benutzen über 70 Prozent der Iraner WhatsApp, aber nur 5 Prozent den iranischen Sorush-Messenger. Mit dem neuen Gesetz könnte auch WhatsApp auf die Verbotsliste kommen.
Eine Internetsperre hätte für das Land auch gravierende wirtschaftliche Konsequenzen, besonders nach dem Ausbruch der Corona-Pandemie im Februar letzten Jahres. Viele Geschäfte laufen seitdem online über die Instagram-Plattform. Die wird von über 50 Millionen Iranern benutzt, könnte aber nach dem neuen Gesetz gesperrt werden. Medienberichten zufolge wäre in dem Fall die Einnahmequelle von mindestens einer Million Menschen gefährdet.
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