Teufelskreis

Endloser Nahostkonflikt: Die Lehren aus dem Krieg

Kolumnen
23.05.2021 12:00

Das war Gaza-Krieg Nr. 4. Und was jetzt? Ist nach dem Krieg nur vor dem Krieg? Es gilt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Bomben und Raketen sind kein Mittel, die Sprachlosigkeit zwischen den Konfliktparteien zu überwinden. An Verhandlungen führt kein Weg vorbei. Der Nahostkonflikt gilt bis auf Weiteres als unlösbar. Deshalb kann nur, ja muss ein Zustand hergestellt werden, dass nicht jede Provokation, jeder Funke das Pulverfass zur Explosion bringt.

Der endlose Nahostkonflikt („Dein Land ist mein Land“) hat viele Väter; nicht zuletzt deshalb, weil es im Heiligen Land keine Heiligen gibt. Es bedarf Menschen mit Mut zu Kompromissen. Wo sind sie?

Die militante Hamas kann so lange kein Verhandlungspartner sein, solange ihr Ziel die Abschaffung Israels ist. Auch Arafats PLO hatte so lange als Terrororganisation gegolten, bis sie bereit war, Israel zu akzeptieren. Trotzdem hatte es dann doch nicht geklappt.

Der Ball liegt seither bei Arafats Erben unter Präsident Abbas. Er müsste die Trotzhaltung aufgeben („Keine Gespräche unter dem Diktat der Politik der vollendeten Tatsachen“). Daher ließ sich die PLO in jene politische Sackgasse drängen, in welcher Netanyahu sie haben wollte.

Mit ihrem Raketenterror ging die Hamas auch politisch in die Offensive um die Führerschaft der palästinensischen Sache. Die internationale Gemeinschaft sollte Abbas & Co. stärken, denn der Kalte Krieg zwischen der PLO im Westjordanland und der Hamas in Gaza, dieser „Krieg im Krieg“, verschlimmert die völlig verfahrene Lage.

Israel verdient Solidarität, aber ohne die Vorgeschichte auszublenden. Die Regierungen der letzten zwei Jahrzehnte unter Netanyahu verwechselten politische Initiativen mit Provokationen. Das gipfelte gemeinsam mit Trump in der Zeichnung neuer Landkarten, ohne dass die Betroffenen auch nur konsultiert wurden; ebenso in der Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem, was nicht nur ein Ortswechsel, sondern ein knallhartes machtpolitisches Statement ist. Frustration um Frustration baute sich bei den Palästinensern auf.

Netanyahu & Co. vermittelten in den letzten sieben Jahren der „Ruhe“ offenbar erfolgreich den Eindruck, dass der Konflikt überwunden sei. Das Thema spielte in den israelischen Wahlkämpfen so gut wie keine Rolle mehr, und die internationale Gemeinschaft sah weg.

Die Starrheit der israelischen Politik hängt auch zusammen mit der ungemein stark gewordenen Rolle der Siedlerbewegung; nicht nur als Koalitionspartner für das politische Überleben Netanyahus, sondern in der israelischen Gesellschaft allgemein. Ohne diese „Pioniere“ geht nichts mehr. Man hat sie eine Generation lang gewähren lassen, ja ermutigt.

Also nicht nur die Palästinenser, auch die Israelis haben sich in eine Sackgasse verrannt. Wer führt sie durch das Rote Meer und die Wüste Sinai zu neuen Horizonten?

Für die USA hat Israel und für die Araber hat Palästina an strategischem Wert verloren. Die Prioritäten haben sich verschoben.

Viel wäre schon gewonnen:

  • … wenn Israel die Palästinenser und ihre Anliegen in Augenhöhe behandelte;
  • … wenn arabische Staaten die Nachkommen der Flüchtlinge integrierten und nicht in Lagern oder Slums als politisches Spielmaterial behandeln. (Wie würde Deutschland und Europa aussehen, wenn sechs Millionen deutsche Flüchtlinge aus dem Osten und ihre Nachkommen heute noch in Lagern oder Slums lebten?);
  • … wenn es gelänge, den Stolperstein Jerusalem zur (ungeteilten) Hauptstadt beider Völker zu machen, sozusagen eine „Vatikan plus“-Lösung;
  • … wenn es gelänge, diese antijüdische rassistische Pogrom-Hetze auf palästinensisch-arabischer Seite einzustellen;
  • … wenn die im nahöstlichen Ringen erschöpften Veteranen Netanyahu und Abbas Platz machten für frische Kräfte, so es sie gibt.

Alles nur Träume? Schon Theodor Herzl wagte zu träumen.

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