Tiroler verurteilt

Wegen Versicherung unbrauchbaren Arm simuliert

Nachrichten
28.01.2021 09:00
Mit herabhängendem rechtem Arm saß der Angeklagte einmal mehr im Gerichtssaal. Seit einem Radunfall im Jahr 2013 macht der Innsbrucker (53) quälende Schmerzen im Arm geltend. Beim fortgesetzten Prozess um schweren Betrug ging es um erbrachte und künftig zu erwartende Versicherungsleistungen – rund 1,8 Millionen Euro! Alles Schwindel, befand das Gericht.

Der Radunfall im Jahr 2013 mit Daumen-Trümmerbruch steht außer Zweifel. Nach OP und scheinbarer Genesung sprach der Patient von unerträglichen Schmerzen. „Bei jeder Berührung hat er gezuckt und gezittert“, schilderte ein Arzt schon bei einem früheren Prozesstermin. Morbus Sudeck nennt sich das Leiden, das in seltenen Fällen nach Verletzungen auftritt (siehe Infokasten). Auch beim Angeklagten musste man von diesem Krankheitsbild ausgehen. Morphium, Therapien und Kuren in Bad Häring schlugen offenbar nicht an, der 53-Jährige galt als berufsunfähig. Er hatte gleich drei Unfallversicherungen abgeschlossen – mit enormen Ansprüchen an monatlichen Leistungen und Einmalzahlungen.

Schwiegertochter auch betroffen - seltsam
Vielleicht wär eine der Versicherungen der Sache nie auf den Grund gegangen, wenn nicht auch die Schwiegertochter des Angeklagten nach einem Unfall Morbus Sudeck geltend gemacht hätte. Dies flog als Schwindel auf und führte bereits zu einer Verurteilung. Nun heftete sich ein Detektiv auch an die Fersen des 53-Jährigen. Und siehe da: Er fuhr mit seinem Auto und weil die linke Hand laut Beobachtungen immer am Steuer gewesen sei, muss er beim Aus- und Einparken mit rechts geschaltet haben. Zufällig passierte auch ein kleiner Unfall – den Unfallbericht füllte der Angeklagte mit der „tauben“ Hand aus.

Kein Muskelschwund, keine Versteifung
Bald landete der Fall daher wegen vermuteten Betruges vor Gericht und eine Gutachterin kam zum Schluss, dass der Tiroler simuliert haben müsse. „Echte Schmerzen erkennt man am Puls, am Schwitzen und an den Pupillen – nichts davon war beim Angeklagten zu bemerken“, zitierte die Staatsanwältin das Gutachten. Noch eindeutiger: Die üblichen Folgen, wenn ein Arm jahrelang kaum bewegt wird, wie Muskelschwund oder Versteifung, wurden nicht festgestellt. Aber warum war der Arm bei Untersuchungen oft leicht geschwollen? Einzige Erklärung: Er muss ihn vorher absichtlich abgebunden haben.

Nicht rechtkräftige Haftstrafe
Der Schöffensenat verhängte dreieinhalb Jahre Haft (nicht rechtskräftig), rund 80.000 Euro an erhaltenen Leistungen müssen zurückgezahlt werden. Laut Hochrechnungen hätte sich der Simulant in den kommenden Jahrzehnten insgesamt rund 1,8 Millionen Euro erschwindelt. Der 53-Jährige erbat sich in Absprache mit seinem Verteidiger Bedenkzeit.

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