So tapfer

Frühchen Lea: Eine winzig kleine Handvoll Mensch

Steiermark
02.12.2020 10:50

„Man hat Angst, ganz, ganz viel Angst.“ - So beschreibt die Mutter eines viel zu früh auf die Welt gekommenen Babys ihre Gefühle.

600 Gramm. So viel wiegen zwei Kohlrabi. Ein schöner, großer Kohlkopf. Ungefähr ein halber Liter Milch. So viel wog Lea, als sie am 29. August auf die Welt kam. Statt, wie errechnet, am 17. Dezember. In der 24. Schwangerschaftswoche - statt nach 40 Wochen in Mamas schützendem Bauch.

„Ich würde jetzt gerne sagen, dass wir von Anfang an gewusst haben, unsere Kleine ist eine Kämpferin, die schafft das schon, wir schaffen das“, sagt die junge Mama, Kathrin S. „Aber die echte Wahrheit, die ungeschminkte, ist: Man hat Angst, einfach nur ganz, ganz viel Angst. Das Baby liegt da, so winzig, dass es in eine Hand passen würde, an so vielen Schläuchen angehängt, im Inkubator. Zwischenzeitlich war es sogar intubiert, konnte nicht selbstständig atmen. Du kannst es als Mutter nicht berühren, nicht halten, dem Baby keine körperliche Zuwendung geben, überhaupt nichts an Unterstützung, wie sie von Eltern ja kommen sollte. Du stehst als Mutter daneben, kannst nur in den Brutkasten starren und weinen. Ich hab’ mich schrecklich hilflos gefühlt. Auch der Papa, der sonst immer so stark ist in allen Situationen.“

50 Prozent Überlebenschance gaben Ärzte der kleinen Lea. „Da bist du einfach nur fassungslos. Aber das Wunderbare an den Mitarbeitern auf der Neonatologie in Graz ist auch: Sie sagen einem immer die Wahrheit - aber sie bieten dazu auch immer eine Lösung an. Sonst würde man eh verzweifeln. Und geben einem den allerwichtigsten Leitsatz mit: ,Heute schauen wir, was heute ist. Morgen sehen wir dann weiter.‘ Das hat uns oft getragen.“

Für die junge Steirerin und ihren Lebensgefährten, für die Lea das erste Baby und absolutes Wunschkind ist, war die Situation auch deswegen so schwer, weil sie ohne jegliche Ankündigung gekommen ist. „Ich bin zwar selbst fünf Wochen zu früh gekommen, hatte das immer ein bisschen im Hinterkopf. Aber so früh!“ Ein Fruchtblasenkollaps und hohe Entzündungswerte hatten es nötig gemacht, dass Lea per Kaiserschnitt geholt werden musste. In den Brutkasten kam. „So früh, da kann alles sein, Gehirnblutung, dass das Kind einen künstlichen Darmausgang braucht, Eingriffe, Narkosen, alles. Bei uns war es zum Glück so, dass Lea ,nur‘ einen Nabelbruch hatte.“ Dennoch stand ihr winziges Leben zehn Tage auf der Kippe.

Lea heißt die Löwin

Seither dreht sich natürlich alles um den Nachwuchs - Corona macht das Ganze nicht leichter. Nur ein Elternteil darf zum Baby, „also fahren wir zusammen nach Graz, einer wartet stundenlang im Auto, während der andere bei Lea ist.“

Am 17. Dezember hätte sie regulär das Licht der Welt erblicken sollen. Um diese Zeit hoffen die jungen Eltern auch, dass sie sie nach Hause holen können. Ganz wichtig ist Kathrin S. auch, sich bei der Neonatologie zu bedanken: „Dort arbeiten ganz spezielle Menschen.“ Lea heißt übrigens: die Löwin.

Neonatologie wird bei Spenden kaum bedacht

Die Klinische Abteilung für Neonatologie an der Med Uni Graz hat einen sehr guten Ruf. Für den medizinischen Standard - aber auch für die einfühlsame Betreuung durch die Mitarbeiter auf der Station.

Doch die Belegschaft ist gefordert: 700 Neugeborene (!) werden jährlich hier betreut, davon liegt bei fast 100 Babys das Geburtsgewicht bei unter 1500 Gramm. Seit 2010 werden Frühchen ab der 23. Schwangerschaftswoche aktiv behandelt.

Graz übernahm auch eine Vorreiterrolle, weil hier schon früh die enorme Wichtigkeit des Kontakts zwischen Frühgeborenem und Eltern erkannt wurde. Beim sogenannten „Kängu-Ruhen“ ist Körpernähe schon möglich, wenn das Kind noch an Schläuchen hängt

Aber, und das ist beschämend: Während in den USA oder Deutschland diese Stationen komfortable Wohlfühlplätze haben, verbringen hier Betroffene in dieser sensibelsten Phase sogar auf zusammengerückten Gartenliegen Stunden um Stunden. Es fehlt auch sonst an Ausstattung und, wie man hört, Personal. Wenn es um Spenden geht, wird an die Neonatologie nicht oft bedacht

„Die Krone hilft“- Steiermark, AT 072081502500718404, Kennwort Frühchen

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