Italien-Libyen-Pakt

Immer mehr Bootsflüchtlinge im Meer abgefangen

Ausland
15.07.2019 13:44

Die libysche Küstenwache hat die Zahl der Bootsflüchtlinge im Mittelmeer Richtung Europa drastisch reduziert. Das geht aus einem Geheimbericht der deutschen Bundesregierung hervor. Grund dafür sei unter anderem der umstrittene Deal zwischen Italien und Libyen. 

So heißt es im Bericht, dass die Patrouillen im Jänner 2017 noch 19 Prozent der von Italien zahlenmäßig erfassten Migranten im Mittelmeer mit Abfahrtsland Libyen aufgegriffen hätten und es im Dezember 2018 bereits 99 Prozent gewesen seien. Der Pakt zwischen Italien und Libyen - der von der EU unterstützt wird - sieht vor, dass Bootsflüchtlinge abfangen und wieder in das Bürgerkriegsland zurückgebracht werden sollen.

Im Vorjahr „nur“ noch 13.000 Migranten von Libyen nach Europa
Die starke Präsenz der Küstenwache verfehlt ihre Wirkung nicht. „Während im Jahr 2017 noch rund 107.200 Migranten festgestellt wurden, die von Libyen abfuhren, waren es im Jahr 2018 weniger als 13.000“, zeigt der Bericht, der der „Bild“-Zeitung vorliegt, detailliert auf. 

Bericht: „Illegale Migration verhindern“
„Das bilaterale Abkommen zwischen Rom und Tripolis sowie die Ausrüstungs- und Ausbildungshilfe der EU-Mission Sophia versetzten die libysche Küstenwache seit Juni 2015 zunehmend in die Lage, Schleusungskriminalität und illegale Migration auf der zentralen Mittelmeerroute zu unterbinden“, hält der interne Regierungsbericht weiters fest. Laut UN-Angaben seien allein im heurigen Jahr mehr als 2300 Menschen auf See aufgegriffen und in die Lager nach Libyen zurückgebracht worden.

Scharfe Kritik an Zuständen in libyschen Flüchtlingslagern
Der Italien-Libyen-Pakt ist jedoch umstritten, weil Migranten in dem nordafrikanischen Land schwerste Misshandlungen drohen. Hilfsorganisationen machen seit Jahren auf die unmenschlichen Zustände in den Internierungslagern aufmerksam. Sea-Watch-Kapitänin Carola Rackete fordert die Aufnahme aller Flüchtlinge aus Libyen.

Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) werden derzeit mindestens 5200 Menschen in offiziellen Internierungslagern in Libyen festgehalten, die meisten von ihnen kommen aus dem Sudan, Somalia und Eritrea. Wie viele in illegalen Lagern in dem von Gewalt und Chaos geprägten Land gefangen gehalten werden, ist nicht bekannt. Rackete sprach von einer halben Million Menschen, „die in den Händen von Schleppern sind oder in libyschen Flüchtlingslagern, die wir rausholen müssen“.

Video: Salzburgerin berichtet über Horror-Lager in Libyen

Hunger, Folter, Bomben
„Die dort inhaftierten Menschen, hauptsächlich Geflüchtete, sterben weiterhin an Krankheiten, Hunger und sind Opfer von Gewalt, Vergewaltigung und der willkürlichen Behandlung durch Milizen“, sagt Julien Raickmann, Leiter von Ärzte ohne Grenzen in Libyen. „Manchmal sind die Geflüchteten buchstäblich aufeinandergestapelt, unter entsetzlichen hygienischen Bedingungen und mit großen Schwierigkeiten, an Wasser zu gelangen - ab und zu gibt es überhaupt kein Trinkwasser“, berichtet auch Benjamin Gaudin von der Hilfsorganisation Premiere Urgence Internationale (PUI).

Der Sonderbeauftragte für den zentralen Mittelmeerraum des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Vincent Cochetel, kritisiert die EU: „Die europäischen Länder sind in gewisser Weise blind hinsichtlich der Lage der Migranten in Libyen.“ Die jüngsten Kämpfe hätten die Situation noch verschlimmert, die EU könne mit den mit Libyen vereinbarten Rückführungen nicht einfach weitermachen.

EU weist Kritik zurück
Die EU weist die Kritik zurück. Die Vereinbarung habe die Zahl der nach Italien kommenden Flüchtlinge deutlich verringert, heißt es. Unser Nachbarland lässt Rettungsboote seit rund einem Jahr nicht mehr in seinen Häfen anlegen. Laut EU-Kommission seien zudem seit 2014 rund 338 Millionen Euro für Programme im Zusammenhang mit Migranten in Libyen gesammelt worden.

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