Hilfe für Gelähmte

Neues Exoskelett soll Rollstuhl ersetzen

Elektronik
07.11.2018 10:52

Früher war sie Zirkusakrobatin. Ein Unfall am Trapez setzte dieser Karriere ein Ende: Silke Pan sitzt seither im Rollstuhl. Seit über zwei Jahren arbeitet sie mit Forschern der ETH Lausanne an der Entwicklung eines Exoskeletts - eine Art Stützroboter, der Querschnittgelähmten das Laufen ermöglicht. Die neue Version „Twiice One“ wurde jetzt in Lausanne präsentiert.

Beim Cybathlon 2016, einem internationalen Wettbewerb der technischen Hilfsmittel unter Schirmherrschaft der ETH Zürich, trat Pan mit der ersten Version des Exoskeletts an und holte im Hindernisparcours den vierten Platz. Seither hat das Team um Mohamed Bouri vom Robotic Systems Laboratory der technischen Hochschule das Gerät verbessert.  Die neue Version sei weniger klobig, schmaler und ließe sich von den Nutzern eigenständig an- und ausziehen, so Tristan Vouga von der ETH anlässlich der Vorstellung der neuen Version .

Auch die eingebauten Motoren (Aktuatoren), die die Bewegung der Knie- und Hüftgelenke antreiben, sind kompakter und stärker, sodass auch schwerere Personen das Exoskelett verwenden können. „Bei der vorherigen Version lag die Obergrenze bei 55 Kilogramm, bei der neuen bei 85 Kilo - das heißt die meisten Paraplegiker könnten unser Exoskelett nutzen.“

Pan trägt Helm, Krücken sowie ein Batteriepaket auf dem Rücken und wird von einem Helfer begleitet, wenn sie mit dem Exoskelett unterwegs ist. In einer der Krücken sind die Knöpfe integriert, die ihr die Steuerung des Exoskeletts mit Wechsel zwischen drei verschiedenen Gangarten und Stiegenauf- oder abstieg ermöglicht. Zwischen drei und acht Trainingseinheiten seien nötig, um den Gebrauch des Geräts zu lernen, schätzt Vouga. Je nach Körperhaltung könne man außerdem dosieren, wie viel Kraft man über die Arme selbst aufwendet und wie viel man dem Exoskelett überlässt.

Exoskelett soll langfristig Rollstuh ersetzen
Davon, dass Nutzer das Gerät am Morgen anlegen, den Tag über damit herumlaufen und es abends wieder ablegen, ist die Exoskelett-Entwicklung allerdings noch weit entfernt. „Dass diese Technik den Rollstuhl größtenteils ersetzt, ist eine langfristige Vision, aber wir sind noch nicht da. Mit den derzeitig vermarkteten Exoskeletten kann man etwa eine bis eineinhalb Stunden laufen“, sagt Vouga.

Das deutlich nähere Ziel, das er und seine Kollegen mit „Twiice One“ verfolgen, ist Querschnittgelähmten regelmäßige körperliche Aktivität zu ermöglichen. „Wer im Rollstuhl sitzt, kämpft oft mit sekundären Gesundheitsproblemen wie niedrigem Blutdruck, Knochenschwund oder der Funktion des Verdauungssystems. Dank Bewegung mithilfe eines Exoskeletts lassen sich diese Probleme mildern“, so der ETH-Doktorand.

Individueller anpassbar und günstiger als Konkurrenzprodukte
Gegenüber der Konkurrenz der bereits erhältlichen Exoskelette wollen sich die Forscher vor allem in zwei Punkten durchsetzen: Ihr Gerät sei leicht auf die individuellen Bedürfnisse des Nutzenden anzupassen. „Jede Rückenmarksverletzung ist anders und erzeugt unterschiedliche Anforderung an das Exoskelett“, erklärt Vouga. Außerdem wollen er und seine Kollegen die Kosten für die derzeitig vermarkteten Modelle deutlich unterbieten. Statt 80.000 bis 150.000 soll Twiice dereinst eher 30.000 bis 40.000 Schweizer Franken kosten (umgerechnet 26.200 bis 34.900 Euro). „Ob wir dieses Ziel erreichen, ist allerdings schwer abzusehen.“

 krone.at
krone.at
Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele