Union & SPD sondieren

Merkel: „Ich glaube, es kann gelingen“

Ausland
07.01.2018 15:40

Nach einem Treffen der Partei- und Fraktionschefs von CDU, CSU und SPD haben Sonntagmittag die Sondierungen über eine Fortsetzung der großen Koalition in Deutschland begonnen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich optimistisch, eine "stabile Regierung" bilden zu können. "Ich glaube, es kann gelingen", so Merkel.  SPD-Chef Martin Schulz sagte: "Wir ziehen keine roten Linien, sondern wir wollen möglichst viel rote Politik in Deutschland durchsetzen." Die Sondierungsgespräche sind bis in die Nacht auf Freitag angesetzt.

"Ich glaube, es kann gelingen" - mit genau diesen Worten hatte sich Merkel allerdings Mitte November auch schon zuversichtlich zu den Chancen geäußert, eine "Jamaika-Koalition" mit den Grünen und der FDP zu schmieden. Wenige Tage später ließ FDP-Chef Christian Lindner die Sondierungen platzen.

"Deutsche sollen auch in zehn Jahren in Wohlstand und Sicherheit leben"
In den nächsten fünf Tagen würden nun CDU, CSU und SPD "sehr zügig, sehr intensiv" arbeiten, kündigte Merkel an. Die drei Parteien hätten die Sondierungen gut vorbereitet, allerdings liege auch "ein Riesenstück Arbeit" vor den Sondierern. Die Aufgaben seien "gewaltig", sagte Merkel. Es gehe nun darum, dass die Deutschen "auch in fünf bis zehn Jahren in Wohlstand, Sicherheit und Demokratie" leben könnten. Voraussetzung dafür seien ein gefestigter Zusammenhalt in der Gesellschaft, die Sicherung der Arbeitsplätze in Zeiten des digitalen Wandels, eine gerechte Verteilung sowie innere und äußere Sicherheit.

Schulz kündigte "konstruktive und ergebnisoffene Gespräche" an. "Die Deutschen haben einen Anspruch darauf, dass es schnell geht", machte der SPD-Vorsitzende deutlich. Die nächsten fünf Tage müssten ausreichen, um auszuloten, ob es genügend Gemeinsamkeiten gebe. Er gehe davon aus, dass bei allen der "Wille zu einem konstruktiven Dialog" vorhanden sei. Auch Schulz verwies auf die "großen Herausforderungen", vor denen das Land stehe. Der SPD-Chef nannte eine "breite Palette" an Themen von der Bildung über den Ausbau der Infrastruktur, die Förderung des sozialen Wohnungsbaus bis zur Pflege, um das Land "auf den Stand der Zeit zu bringen".

Seehofer: "CSU wird nicht mit x Bedingungen in die Gespräche gehen"
CSU-Chef Horst Seehofer gab sich ebenfalls zuversichtlich. Er sei "bester Stimmung", sagte der bayrische Ministerpräsident vor der SPD-Zentrale und machte zugleich Druck: "Ich weiß, dass wir uns verständigen müssen." Daher werde die CSU nicht "mit x Bedingungen" in die Gespräche gehen, ihr Profil aber auch "nicht verwischen". Bei der Klausurtagung im oberbayrischen Seeon habe sich die Partei in den vergangenen Tagen klar positioniert, sagte Seehofer weiter. Diese Beschlüsse würden jetzt in die Sondierungen eingebracht. Als ein Schwerpunktthema hat die bayrische Schwesterpartei der CDU Flucht und Migration benannt. Schwierige Gespräche mit den Sozialdemokraten dürfte es unter anderem wegen Forderungen nach Altersfeststellungen bei minderjährigen Flüchtlingen sowie nach Leistungskürzungen für Asylwerber geben.

Parteichefs politisch unter Druck
Merkel, Schulz und Seehofer sind nach ihren miserablen Ergebnissen bei der Bundestagswahl angeschlagen und auf einen Erfolg der Verhandlungen angewiesen. Zum Sondierungsbeginn kamen die Parteichefs mit Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU), CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt und der SPD-Fraktionsvorsitzenden Andrea Nahles zu einer Sechserrunde zusammen. Ab Mittag wollte die große Runde mit den 39 Unterhändlern tagen - 13 Vertreter pro Partei, unter ihnen auch der designierte bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Anschließend wird in Arbeitsgruppen über 14 festgelegte Themenblöcke verhandelt.

Steht Regierung bis Ostern?
Die Sondierungsteams von CDU, CSU und SPD treffen sich jeden Tag bis Donnerstag. Abschließend soll eine gemeinsame Erklärung zum Sondierungsergebnis vorgelegt werden. Ob Koalitionsverhandlungen folgen, hängt vor allem von der Entscheidung des SPD-Sonderparteitags am 21. Jänner ab. Mehrere Politiker von Union und Sozialdemokraten hatten die Erwartung geäußert, dass eine neue Regierung bis Ostern Anfang April stehen könnte.

Deutschland wird derzeit nur geschäftsführend regiert
Deutschland wird mehr als drei Monate nach der Bundestagswahl am 24. September nur geschäftsführend regiert. Das hat es so zuvor noch nicht gegeben. Die Mehrheit der Bürger (53 Prozent) geht nach einer Umfrage für die "Bild am Sonntag" inzwischen von der Bildung einer erneuten großen Koalition aus. 54 Prozent glauben, dass sich dies positiv auf Deutschland auswirken werde. Unterdessen wird bei den Sozialdemokraten bereits über künftige Ministerposten spekuliert. So sprach sich SPD-Urgestein Erhard Eppler dafür aus, dass Ex-Parteichef Sigmar Gabriel Außenminister bleibt. "Ich sehe niemanden, der das Amt des Außenministers besser bekleiden kann als Sigmar Gabriel", sagte der frühere Minister der "Welt am Sonntag". Ähnlich äußerte sich der Präsident des Wirtschaftsforums der SPD, Michael Frenzel: "Es wäre sehr, sehr schade, müssten wir auf Gabriel als Außenminister verzichten."

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