"Zu gefrässig"

Fischottern in Niederösterreich droht der Abschuss

Tierecke
09.12.2016 13:31

In Niederösterreich tobt seit Kurzem ein Streit rund um den Fischotter: Angler und Teichwirte beklagen Fischschwund und machen den scheuen Wassermarder dafür verantwortlich. Ein Antrag auf Bejagung ist beim Land eingebracht und muss nun geprüft werden. Experten und Tierschützer sind entsetzt.

Eigentlich ist der Fischotter streng geschützt, denn durch direkte Verfolgung mit Fallen und Büchse, aber auch durch Verbau von Gewässern und Gifteintrag war er bei uns schon fast ausgerottet worden. Erfolgreicher Naturschutz führte zur Heimkehr der Vierbeiner, doch in Niederösterreich könnte es ihnen bald wieder an den Kragen gehen. Fischer und Teichwirte im Waldviertel fordern den Abschuss der Fischotter, sie sollen für den Rückgang der Fischbestände verantwortlich sein. Ein entsprechender Antrag wurde jetzt beim Land eingebracht.

Tierschützer: Otter trifft keine Schuld
Experten wie Tierarzt Helmut Pechlaner nennen diese Idee einen "unentschuldbaren Naturschutzfrevel" sowie eine "unfassbare Tierquälerei". Dass die Otter unsere Flüsse und Teiche leerfressen, ist auch laut Organisationen wie dem WWF und den Vier Pfoten nicht richtig: Viel mehr seien die Gewässer in den vergangenen Jahrzehnten durch Verbauungen, Wasserkraftwerke und Trockenlegungen so massiv geschädigt worden, dass der Rückgang der Fischbestände vor allem dem katastrophalen ökologischen Zustand unserer Fließgewässer geschuldet sei. Und tatsächlich: Keine einzige Studie weist einen negativen Einfluss des Otters auf die Fischfauna nach.

"Teiche sind wie eine Festtagstafel"
Für die gefräßigen Beutegreifer ist ein künstlich bewirtschaftetes Gewässer wie eine gedeckte Festtagstafel: Die fangreifen Fische werden einfach "reingekübelt", um alsbald wieder herausgeangelt zu werden. Pechlaner: "Das ist wie mit den Stadttauben, die durch ganzjährige Fütterung Denkmalschützer und Hausbewohner zur Verzweiflung bringen." Dazu kommt: Da die Fische in Zuchtanlagen aufgewachsen sind und nie gelernt haben, Futter zu suchen oder Fressfeinden zu entwischen, sind sie für die Otter leichte Beute. Es sei für Teichwirte ein Leichtes, ihre Gewässer gegen die Wassermarder zu schützen. Bewährt haben sich laut WWF vor allem Elektrozäune, sogar Förderungen gebe es dafür.

"Fische in Fließgewässern gehören niemandem"
Der Naturschutzbund - der den Fischotter als Wappentier führt - stellt zudem klar: " Die Fische der Fließgewässer gehören niemandem, so wie auch kein Hirsch dem Jagdausübungsberechtigten gehört, solange er es nicht erlegt hat. Insofern kann es keine wirtschaftlichen Schäden an Fischbeständen in Fließgewässern geben."

Entenfellner: "Zwangsweise Tierquälerei"
Und auch "Krone"-Tierexpertin Maggie Entenfellner sieht den Abschuss der Vierbeiner kritisch: "Eine waidgerechte Bejagung ist unmöglich. Man schießt und weiß nicht, ob das Tier tödlich getroffen oder schwer verletzt ist. Weibchen haben oft Jungtiere im Bau, die qualvoll verhungern müssten. Schonzeiten sind nicht umsetzbar, weil der Fischotter sich ganzjährig um seinen Nachwuchs kümmert. Es läuft als zwangsweise auf grausamste Tierquälerei hinaus."

Landesrat lässt den Antrag prüfen
Der zuständige Naturschutz-Landesrat Stephan Pernkopf muss der Sache jetzt nachgehen, denn jeder Antrag ist zu prüfen. Eine Conclusio soll es in den nächsten Monaten geben. "Wir sind froh, dass es den Fischotter gibt - aber beurteilen sollen die Situation die Experten", so der Politiker. Maggie Entenfellner wittert Doppelmoral: "Wir schützen exotische Wildtiere wie Elefanten und Co, aber bei den eigenen Arten sind wir gnadenlos?"

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