krone.at-Filmkritik

“Illuminati”: Ewan McGregor stiehlt allen die Show

Kino
13.05.2009 14:40
Drei Jahre nach „The Da Vinci Code - Sakrileg“ darf der Harvard-Professor Robert Langdon (Tom Hanks) wieder eine riesige Verschwörung aufdecken - und muss so ganz nebenbei den Vatikan vor der vollständigen Zerstörung retten. Ein Geheimbund hat es sich zum Ziel gesetzt, seinen größten Feind, die katholische Kirche, zu vernichten. krone.at verrät dir, wie gut die Verfilmung des Dan-Brown-Romans wirklich ist.

In Rom haben sich die Kardinäle zum Konklave zusammengefunden, um einen neuen Papst zu wählen. Der plötzliche Tod des beliebten Kirchenoberhauptes hat für große Trauer unter den Christen gesorgt, umso gespannter blickt die Welt auf die Nominierung eines Nachfolgers. Da kommt es natürlich ungelegen, dass vier Kardinäle verschwinden.

Die Illuminati, die mächtigste Untergrundbewegung der Geschichte, bekennen sich zur Entführung der Würdenträger und drohen der katholischen Kirche, die vor Jahrhunderten versucht hatte, den Geheimbund auszurotten, mit der Zerstörung des Vatikans. Eine Antimaterie-Bombe, irgendwo versteckt zwischen den Mauern des Kirchenstaates, wird um Mitternacht hochgehen. Ein (fast) aussichtsloser Fall, da kann nur einer helfen: Robert Langdon.

Der Harvard-Professor und Illuminati-Experte soll den Rachefeldzug des Geheimbundes stoppen. Zusammen mit der Wissenschaftlerin Vittoria Vetra (Ayelet Zurer) jagt er einen Killer quer durch die ewige Stadt und sucht nach dem sogenannten „Pfad der Erleuchtung“. Der Chef der Schweizer Garde (Stellan Skarsgard) stellt sich quer und tut alles, um Langdon bei seiner Arbeit zu behindern. Einzig der Camerlengo (Ewan McGregor), der engste Vertraute des verstorbenen Papstes, lässt dem Professor alle Freiheiten. Auf der Hetzjagd durch Rom muss Langdon erschüttert feststellen, dass der Vatikan infiltriert wurde. Jemand ganz oben in der Hierarchie spielt ein falsches, tödliches Spiel...

Romanvorlage: Fluch oder Segen?
Es ist immer so eine Sache mit den Erwartungen, die man von einem Film hat. „Illuminati“: tolles Buch, Spannung pur. Aber doch eigentlich unverfilmbar. Ähnlich kann man auch „Sakrileg“ von demselben Autor Dan Brown bewerten. Die Verfilmung, 2006 im Kino, war eine einzige Enttäuschung: inhaltlich überladen, nur ansatzweise spannend und nicht einmal schauspielerisch wirklich top. Und nun kommt „Illuminati“ ins Kino, da wären wir schon wieder bei den Erwartungen. Die sind angesichts des schwachen Vorgängers nicht sonderlich hoch, wenn man es sich im Kinosessel gemütlich macht.

Aber – und ein „aber“ an dieser Stelle ist immer gut – der Film ist wirklich überzeugend und wird der Klasse des Buches gerecht. Robert Langdon überschüttet den Zuseher nicht mit historischem Wissen und Zusammenhängen, denen man unmöglich folgen kann (siehe „Sakrileg“), sondern beschränkt dies auf das Nötigste und begibt sich auf eine spannende Jagd durch die sakralen Bauwerke Roms. Die Drehbuchautoren und Regisseur Ron Howard haben aus ihren Fehlern gelernt und den Stoff so aufbereitet, dass er auf die Leinwand passt. Ohne dabei groß vom Roman abzuweichen.

Unterhaltung, kein Geschichtsunterricht
Man muss Film und Roman natürlich als Fiktion verstehen. Dan Brown jongliert mit historischen Legenden und Verfälschungen, die er miteinander verknüpft. Schon die Bezeichnung "Roman" macht deutlich, dass man hier kein historisch fundiertes Wissen erwarten darf. Vielmehr ist es Unterhaltung, die mit pseudo-historischen Fakten spielt.

Das Problem mit der Bombe
Der große Showdown - nur so viel sei gesagt: Antimaterie-Bombe - ist zwar etwas aufgeblasen und könnte dem einen oder anderen Kinozuseher etwas lächerlich erscheinen, doch die Umsetzung dieser Schlüsselszene aus dem Buch ist auch nicht gerade einfach. Viel besser ist da schon die Auflösung der großen Verschwörung inszeniert.

Wirklich schwache Szenen - und davon gab es bei „Sakrileg“ genug - sind bei „Illuminati“ rar. Dass Robert Langdon im Vatikan-Archiv sprichwörtlich die Luft ausgeht, kann ja recht spannend sein. Aber die Umsetzung, die uns Tom Hanks da liefert, ist doch etwas uninspiriert und wenig überzeugend. Aber das liegt eben am schauspielerischen Geschick, das man einem zweifachen Oscar-Gewinner auf keinen Fall absprechen darf. Dennoch: Tom Hanks als Robert Langdon, das ist leider ein Fehlgriff.

Tom Hanks als moderner „Indie“ überfordert
Harvard-Professor Robert Langdon ist ein moderner „Indiana-Jones“-Typ, mit viel Charme und Witz, etwas unordentlich und ganz schön schlau. Dieser Eindruck entsteht bei der Lektüre des Buches. Tom Hanks hat schon viele Rollen Weltklasse gespielt, aber genauso wie in „Sakrileg“ nimmt man ihm diesmal den Langdon einfach nicht ab. Da hätte wohl „Indiana Jones“-Opa Harrison Ford mit seinen 66 Jahren noch mehr Esprit.

Ewan McGregor als Hammer-Kämmerer
Doch selbst einem Harrison Ford hätte diesmal wohl ein anderer die Show gestohlen. Ewan McGregor als Camerlengo, treuer Untergebener und engster Vertrauter des Papstes, hat zwar bei weitem nicht so viele Szenen wie Tom Hanks und Ayelet Zurer („8 Blickwinkel“, „München“; spielt ihre Rolle als Wissenschaftlerin durchschnittlich), doch er schafft es, eine ungemeine Omnipräsenz auszustrahlen. Er verleiht dem Camerlengo religiöse Überzeugung und Distanziertheit - auf eine sympathische Art und Weise, die man ihm abnimmt. Aus den Dialogen mit Tom Hanks, Armin Mueller-Stahl oder Stellan Skarsgard geht McGregor stets als schauspielerischer Sieger hervor. Er verkörpert die Rolle wunderbar und tadellos. Der 38-jährige Schotte ist der eigentliche Star des Films.

Fazit: Regisseur Ron Howard ist eine ansprechende Verfilmung gelungen, was man so gar nicht erwarten durfte. Inhaltlich kann „Illuminati“ durchaus überzeugen, auch der Spannungsbogen ist gut gezogen. Schauspielerisch ist Tom Hanks in der Langdon-Rolle leider ein Flop, umso stärker agiert Ewan McGregor. Die Kameraführung (Salvatore Totino) ist gut und die Musik kann sich sehen bzw. hören lassen - bei Hans Zimmer darf man aber auch nichts anderes erwarten.

von Ingemar Pardatscher

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