Fremdenrecht neu

Fekter stellt Novelle für schärferes Asylrecht vor

Österreich
12.06.2009 11:11
Innenministerin Maria Fekter hat umfassende Neuerungen im Fremdenrecht vorgestellt: Sie will Abschiebungen beschleunigen und das Abtauchen in die Illegalität durch verschärfte Schubhaft-Regelungen verhindern. Dem Missbrauch sollen u.a. neue Prüfungen einen Riegel vorschieben, wie etwa ein Röntgen zur Klärung des Alters bei angeblich minderjährigen Asylwerbern. Missbrauch durch Scheinehen soll künftig auch für Nicht-Österreicher strafbar sein. Gegen mutmaßliche Kriminelle könne schon bei Anklage ein Ausweisungsverfahren eingeleitet werden können, so Fekter. Die Vorlage enthält aber auch Entschärfungen: So werden Angehörige nicht mehr bestraft, wenn sie Beihilfe zum unbefugten Aufenthalt leisten.

Die in den letzten Wochen durch die steigende Kriminalitätsrate und den EU-Eingriff in die Asyl-Bestimmungen unter Druck geratene ÖVP-Ministerin sieht die Novelle als Teil ihres Projekts, Österreich "zum sichersten Land der Welt" zu machen. Dazu gehöre eben auch ein geregeltes Fremdenrecht. Ausgeschaltet werden soll in erster Linie Missbrauch.

Als besonderes Problem haben sich nach Angaben der Innenministerin und des Leiters des Bundesasylamts, Manfred Taucher, in den vergangenen Monaten die so genannten Dublin-Fälle sowie Folgeanträge erwiesen. Ersteres meint jene Fälle, wo ein anderer EU-Staat für das Verfahren zuständig ist, weil der Asylwerbende nachweislich über dieses Land in die Union eingereist ist. Die Dublin-Bestimmungen wurden in Österreich erst Anfang des Jahres zum Thema, als die Zogaj-Kinder zuerst in Ungarn Asyl beantragt hatten und dann illegal nach Österreich weiterreisten.

Beim Dublin-Verfahren soll die Novelle eine Beschleunigung erwirkt werden, indem die Beschwerdefrist auf eine Woche reduziert wird. Über das Dublin-Verfahren wurden heuer in den ersten vier Monaten 540 Personen außer Landes gebracht. Im Vergleich dazu: 778 Personen wurden normal abgeschoben, 505 wieder über die Grenze zurückgeschickt. Die größte Gruppe sind aber die freiwilligen Heimkehrer, nämlich rund 1.650 Personen.

Bereits 600 Folgeanträge in den ersten fünf Monaten 2009
Folgeanträge sind Anträge, die dazu dienen, mittels eines weiteren Ansuchens eine Abschiebung zumindest hinauszuzögern, nachdem die Instanzen bereits negativ entschieden haben.

Gerade in diesem Punkt drückt Fekter nun aufs Tempo. Immerhin sind laut Taucher in den ersten fünf Monaten dieses Jahres bereits 600 solcher Folgeanträge aufgetaucht und negativ beschieden worden. Was sich nun ändert ist, dass das Bundesasylamt den faktischen Abschiebeschutz aufheben kann, wenn eine aufrechte Ausweisung besteht. Den Sanktus geben muss dann noch die zweite Instanz, der Asylgerichtshof. Dann kann das Verfahren auch in Abwesenheit des Asylwerbers abgewickelt werden. Eingezogen wird auch eine Art Last-Minute-Verfahren. Wird der Folgeantrag innerhalb von zehn Tagen vor der Abschiebung eingebracht, gibt es grundsätzlich keinen Schutz mehr außer in bestimmten subjektiven Ausnahmefällen. Kommt der Antrag zwei Tage vor der Abschiebung, wird nur noch "objektiv" geprüft. Das heißt im Klartext: Es wird abgeschoben, wenn nicht im Herkunftsland z.B. ein Bürgerkrieg ausbricht.

Mehr Tempo will Fekter zudem bei der Ausweisung straffällig gewordener Asylwerber. Künftig kann schon ein beschleunigtes Verfahren eingeleitet werden, wenn der Staatsanwalt nur Anklage erhoben hat. Auch der bereits erlangte Asylstatus soll nach den Plänen der Innenministerin nicht unbedingt vor Abschiebung schützen. Nach einer Straftat, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht ist, soll nämlich ausgewiesen werden können, wenn die Asylgründe nicht mehr vorliegen. Gleiches gilt für subsidiär Schutzberechtigte, also Personen, denen zwar kein Asyl zusteht, die aber aus anderen Gründen nicht abgeschoben werden können.

Comeback der Schubhaft
Häufiger angewendet werden dürfte in Zukunft die Schubhaft. Die Tatbestände, wegen denen diese Mittel verhängt werden kann, sollen "adaptiert" werden. Was das genau bedeutet, sagte Fekter in ihrer Stellungnahme am Donnerstag aber nicht. Kapazitäten, um mehr Schubhäftlinge aufzunehmen, seien jedenfalls vorhanden, verwies die Ministerin darauf, dass die Zahl der Schubhäftlinge seit 2006 von gut 8.700 auf knapp 5.400 im Vorjahr gesunken sei. Noch dazu ist ja weiter ein großes Schubhaftzentrum geplant. Fekter will dieses in Leoben errichten, fix ist aber noch nichts: "Ich hätte es gerne in Leoben, aber die Leobener wollen die zusätzlichen Arbeitsplätze noch nicht."

Eingeschränkter Bewegungsfreiraum bei Verfahrensprüfung
Eingeschränkt wird nach den Plänen von Innenministerin auch der Bewegungsfreiraum für Asylwerber, wenn sie sich noch im Zulassungsverfahren befinden. Sie dürfen sich während der gesamten Prüfung, ob in Österreich ein Asylverfahren durchzuführen ist, nur im zuständigen politischen Bezirk aufhalten. Bisher war diese Beschränkung maximal 20 Tage möglich. Zusätzlich wird eine Meldepflicht eingezogen, wenn sich eine negative Entscheidung im Zulassungsverfahren anbahnt. Gleiches gilt für obdachlose Asylwerber.

Minderjährige müssen zum Röntgen
Den Asylmissbrauch betrifft jener Passus, der eine Altersfeststellung per Röntgen vorsieht. Konkret geht es Fekter hier darum zu verhindern, dass sich Asylwerber mit gefälschten Dokumente als Jugendliche ausgeben, die ein erleichtertes Verfahren erwarten dürfen. Verschärft wird zudem die Mitwirkungspflicht des Fremden etwa bei der Beschaffung von Dokumenten.

Mehr zum Thema "Altersfeststellung per Röntgen" in der Infobox!

Weniger Hin und Her, Transparenz bei Straffälligkeit
Einige Passagen des Fremdenrechtspaketes bringen freilich auch Erleichterungen für bestimmte Gruppen. So können subsidiär Schutzberechtigte nach fünf Jahren einen Daueraufenthaltstitel erwerben. Bisher ist der Modus so, dass bei nicht abschiebbaren Personen nur von Jahr zu Jahr entschieden wird, ob sie weiter in Österreich bleiben dürfen.

Eine viel kritisierte Regelung betreffend die Unterstützung von illegalen Einwanderern durch Familienmitglieder wird aufgehoben. Sie sind künftig straffrei. Dafür werden Fremde straffällig, wenn sie eine Scheinehe - im Beamtendeutsch Aufenthaltsehe - eingehen. Bisher wurde nur der österreichische Staatsbürger in diesen Fällen belangt.

Erleichterungen bei Staatsbürgerschaft
Kleine Erleichterungen gibt es auch, was das Staatsbürgerschaftsrecht betrifft. So ist es künftig wieder möglich, an ein im Ausland lebendes minderjähriges Adoptivkind die Staatsbürgerschaft zu verleihen, ohne eine Niederlassung in Österreich einzufordern. Freuen dürfen sich auch Diplomaten. Heiraten sie einen ausländischen Partner und leben mit ihm außerhalb Österreichs in aufrechter Ehe, erhält die Ehefrau oder der Ehemann den österreichischen Pass.

Noch nichts wird es mit den von Fekter geplanten eigenen Tatbeständen, was "Kulturdelikte" bzw. den Straftatbestand "Identitätsbetrug" betrifft. Hier sei man mit dem zuständigen Justizministerium in Gesprächen. Das Fremdenrechtspaket geht dagegen bereits jetzt in Begutachtung, wo es auch sechs Wochen bleiben soll. Im September stehen Beschluss im Ministerrat und parlamentarische Beratungen an. In Kraft treten soll das Paket mit 1. Jänner kommenden Jahres. Eile sieht Fekter geboten. Immerhin ist die Zahl der Asylanträge entgegen dem Trend der vergangenen Jahre heuer in den ersten fünf Monaten um 37 Prozent angestiegen.

FPÖ und BZÖ unisono: "Viel zu wenig weitreichend"
Kritik an den Fremdenrechts-Plänen kam am Donnerstag postwendend von der Opposition: Für die FPÖ und das BZÖ sind die Vorhaben Fekters "viel zu wenig weitreichend". Eine echte Verschärfung des Asylrechts finde nicht statt, meinte FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz Christian Strache. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz verlangt ein "strengeres Vorgehen bei Asylmissbrauch und den Ausschluss sämtlicher Sonderregelungen". Die Grünen kritisieren, dass die Ministerin ihre gesamte Energie in Verschärfungen und deren Kontrolle stecke, anstatt mehr Personal für eine raschere Abwicklung der Verfahren zu Verfügung zu stellen.

Strache befürchtet, dass es anstelle von Verschärfungen sogar zu einer Aufweichung der Regelungen kommt. Er verwies etwa auf die geplante Bestimmung, künftig die Unterstützung von illegalen Einwanderern durch Familienmitglieder straffrei zu stellen. "Völlig absurd" sei auch, dass jemand nur dann abgeschoben werden solle, wenn er eine Straftat begeht, die mit mindestens einem Jahr Freiheitsstrafe  bedroht ist - "und auch nur dann, wenn keine Asylgründe mehr vorliegen". Er sprach von einer "regelrechten Einladung an Kriminelle, unter dem Vorwand des Asyls nach Österreich zu kommen". Neue "Schlupflöcher" ortet das BZÖ in der Novelle. Fekters Vorstellungen würden geplante Regelung, künftig die Unterstützung von illegalen Einwanderern durch Familienmitglieder straffrei zu stellen. Für den BZÖ-Generalsekretär ist die Ministerin "absolut überfordert" und die "Schwachstelle der Bundesregierung".

Für die Grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun streut Fekter der Bevölkerung Sand in die Augen. Mit ihren "ständigen Verschärfungen" gebe die Ministerin vor, die Probleme im Asylwesen zu lösen. Sie schaffe aber vielmehr "ein extrem kompliziertes System, das selbst ihre Beamtinnen und Beamten schwer durchschauen werden. Damit wird der Asylgerichtshof mit zusätzlichen Anträgen noch mehr belastet als bisher", sagte sie mit Blick auf die 600 Folgeanträge im laufenden Jahr 2009.

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