TV-Elefantenrunde

Emotionale Debatte um EU-Wahlkampf der FPÖ

Österreich
03.06.2009 14:36
Die Spitzenkandidaten für die EU-Wahl haben am Dienstagabend bei der sogenannten Elefantenrunde des ORF die bereits bekannten Standpunkte ausgetauscht. Emotional und zum Teil etwas untergriffig wurde es vor allem am Schluss, als der Wahlkampf der FPÖ zum Thema wurde. SPÖ-Spitzenkandidat Hannes Swoboda und die Grüne Ulrike Lunacek warfen der FPÖ neuerliche "Hetze" vor, Swoboda der ÖVP zudem eine "Wischi-Waschi-Politik" dazu. ÖVP-Kandidat Strasser hielt der SPÖ im Gegenzug "Doppelmoral" vor, weil sie den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf im Parlament zum Ausschuss-Vorsitzenden gewählt hat. Der FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Mölzer wies die Vorwürfe gegen seine Partei neuerlich zurück.

Swoboda betonte, er werde nur einem österreichischen EU-Kommissar zustimmen, "der sich klar abgrenzt gegen die Hetze der FPÖ". Strasser wollte für diesen Posten keinen Namen nennen, unterstrich aber, dass Österreich und die EU mit den beiden bisher von der ÖVP nominierten Kommissaren Franz Fischler und Benita Ferrero-Waldner gut gefahren sei.

Mölzer will gegen jeden Kandidaten stimmen, der von Rot und Schwarz "ausgepackelt" werde. BZÖ-Kandidat Ewald Stadler plädierte neuerlich für einen unabhängigen Kandidaten wie etwa Ludwig Adamovich oder Franz Fiedler. Lunacek und Hans-Peter Martin sprachen sich für ein Hearing aus. Als künftigen EU-Kommissionspräsidenten kann sich als einziger Strasser neuerlich den bisherigen Amtsinhaber Jose Manuel Barroso vorstellen.

SPÖ und ÖVP wollen Wahl gewinnen
Als Wahlziel bekräftigte Swoboda für die SPÖ Nummer eins bleiben zu wollen. Genau diese Position will Strasser mit der ÖVP der SPÖ abnehmen. Mölzer will seine FPÖ "mindestens verdoppeln", Martin den dritten Platz halten und um die 15 Prozent erreichen. Lunacek strebt mit den Grünen zwischen 10 und elf Prozent, Stadler mit dem BZÖ "mehr als 5,9 Prozent" an.

"Klare Regeln gegen kapitalistische Gier"
Bei der ersten inhaltlichen Debatte zum Thema Arbeitsplätze überraschte Swoboda mit einem "Taferl", auf dem er einen gemeinsamen Antrag aller österreichischen EU-Abgeordneten vorschlug, der unter anderem einen EU-Beschäftigungspakt vorsieht. Zudem wird darin eine strenge Kontrolle für Lobbyisten gefordert, was sich vor allem gegen Strasser richtet. Der ÖVP-Kandidat ging darauf nicht direkt ein, forderte aber so wie sein SPÖ-Kollege eine Transaktionssteuer und "klare Regeln gegen kapitalistische Gier".

Die Transaktionssteuer befürworteten auch die anderen Kandidaten, fragten aber, warum SPÖ und ÖVP noch nichts dafür unternommen haben. Lunacek plädierte für einen Grünen "New Deal" mit 500 Milliarden Euro in fünf Jahren für Arbeitsplätze, Martin für eine sinnvolle Umverteilung im EU-Budget, vor allem im Agrarbereich hin zu den kleinen Bauern. Stadler nahm das Taferl von Swoboda gleich an sich und unterschrieb es.

Beitritt der Türkei von fast allen abgelehnt
Gleichzeitig fügte der BZÖ-Kandidat einen Punkt hinzu, nämlich dass es zu keinem EU-Beitritt der Türkei komme dürfe, auch nicht in 15 Jahren. Mit Ausnahme Lunaceks schlossen sich alle der Ablehnung des EU-Beitritt der Türkei an. Strasser machte allerdings die Einschränkung, er sei für einen Abbruch der Beitrittsverhandlungen, wenn die Verhandlungsergebnisse so sind wie sie es jetzt sind. Gleichzeitig betonte er jedoch, die Türkei sei nicht reif für einen Beitritt.

Swoboda erklärt, er habe Außenminister Michael Spindelegger aufgefordert, die Beitrittsverhandlungen abzubrechen, aber noch keine Antwort erhalten. Mölzer meinte, man müsse die Zusagen an die Türkei zurücknehmen und Martin betonte, die Türkei sein nicht Teil Europas. Einzig Lunacek schloss sich dieser Haltung nicht an, sie meinte zwar, dass die Türkei die Kriterien noch nicht erfülle, aber es wäre verantwortungslos, den Menschenrechtsorganisationen und den Kurden, die Reformen schon durchgesetzt hätten, jetzt die Tür zuzuschlagen.

Mölzer und Stadler für Wiedereinführung der Grenzkontrollen
Um die steigende Kriminalität zu bekämpfen, haben die beiden rechten Kandidaten Andreas Mölzer und Ewald Stadler ihre Forderung nach Wiedereinführung der Grenzkontrollen bekräftigt. Beide waren sich einig, dass diese solange wieder durchgeführt werden sollten, bis die Kriminalität wieder sinkt. Hans-Peter Martin sprach sich hier für ein flexibles Vorgehen aus, bei dem die Grenzen zeitweilig zugemacht werden könnten.

Hannes Swoboda und Ernst Strasser lehnten das ab. Beide plädierten für eine stärkere Sicherung der EU-Außengrenze und eine bessere Zusammenarbeit der Polizei auf internationaler Ebene. Strasser bezeichnete es als richtig, dass 1.000 Polizisten zusätzlich eingesetzt werden sollen, Swoboda warf ihm vor, 3.000 Polizisten abgebaut zu haben. Auch Ulrike Lunacek lehnte Grenzkontrollen ab, sie forderte Mindestlöhne in der gesamten EU, weil die Kriminalität auch mit niedrigen Löhnen zu tun habe.

ÖVP gegen Arbeitsmarktöffnung für Asylwerber
In der Asylpolitik bekräftigte Mölzer seine Forderung, über die Genfer Flüchtlingskonvention zu diskutieren, weil man den Missbrauch des Asylrechts durch Wirtschaftsflüchtlinge bekämpfen müsse. Das wiesen die anderen Kandidaten entschieden zurück. Die Asylrichtlinie der EU lehnten Mölzer, Stadler, Strasser und Swoboda ab. Für den SPÖ-Kandidaten ist es eine "unausgegorene Regelung", der ÖVP-Kandidat lehnte den Zugang der Asylwerber zum Arbeitsmarkt nach sechs Monaten und die Öffnung des Familienbegriffs ab. Auch Stadler ist gegen die Öffnung des Arbeitsmarktes, er findet aber auch gute Punkte, wie die gleichmäßige Verteilung der Lasten und die Fingerprints. Als einzige plädierte Lunacek für die Richtlinie, sie verwahrte sich auch dagegen, Flüchtlinge als Lasten zu sehen, sie seien Menschen.

SPÖ und Grüne für höhere Maut
Eine Verteuerung des LKW-Transits wollen Strasser und Stadler nicht befürworten. Der ÖVP-Kandidat trat dafür ein, den Lkw-Transit auf die Schiene zu verlagern, sein BZÖ-Kollege meinte, dass höhere Mauten wieder der Konsument zu zahlen hätte. Mölzer entgegnete, dass es möglich sein müsse, den Verkehr auf die Schiene zu verlagern, ohne ihn zu verteuern. Sowohl Swoboda als auch Lunacek sprachen sich für höhere Mauten aus, Martin meinte, die Transportkostenwahrheit müsse hergestellt werden.

Streitthema Glühbirne
Die EU-Verordnung für Energiesparlampen, die das Aus für normale Glühbirnen bringt, unterstützten Strasser und Lunacek. Der ÖVP-Kandidat verstand die Aufregung nicht und plädierte dafür, dass sich die Kommission das noch einmal anschaut. Die Grüne Spitzenkandidatin begründete ihr Ja damit, dass dadurch 15 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden könnten, zudem hätten auch die ÖVP-Minister Martin Bartenstein und Josef Pröll dem zugestimmt. Mölzer sprach sich gegen den von der EU in dieser Frage ausgeübten Zwang aus.

Auch Swoboda wandte sich gegen von der EU verordnete Dinge aus, die nicht ausreichend diskutiert seien und bei der Bevölkerung Ängste auslösen. Die SPÖ habe versucht das abzuwehren, aber keine Mehrheit gefunden. Stadler sah darin das Ergebnis von Lobbying großer Konzerne, die Fieberthermometer habe man wegen des Quecksilbers verbannt, in den Energiesparlampen komme es nun wieder. Martin tritt im Wahlkampf dagegen auf und verteilt Glühbirnen.

Parteien sehen ihre Kandidaten als Sieger
Unmittelbar nach der "Elefantenrunde" zur EU-Wahl haben die Parteien in Aussendungen ihre jeweiligen Spitzenkandidaten gefeiert. Wenig überraschend wurde der jeweils eigene Kandidat zum Sieger erklärt.

Für SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter ist der "Kapitän des A-Teams", Hannes Swoboda, "als einziger seriöser und glaubwürdiger Politiker der Runde der klare Sieger". Für ÖVP-Generalsekretär Fritz Kaltenegger garantiert hingegen einzig Ernst Strasser eine "durchsetzungsstarke pro-europäische Politik für Österreich in Europa. Dem hatten die EU-Gegner von der SPÖ bis zum BZÖ nichts entgegenzusetzen, außer dem Parteienzank der vergangenen Tage."

Nach Ansicht der Grünen Bundesgeschäftsführerin Michaela Sburny habe ihre Kandidatin Ulrike Lunacek als einzige ein klares Zukunftsprogramm für Europa vorgelegt, zudem sei sie die einzige überzeugende Europäerin. Und BZÖ-Generalsekretär Stefan Petzner fand, dass sein Kandidat Ewald Stadler in allen Belangen Schlagfertigkeit und Souveränität bewiesen habe, während die anderen Teilnehmer nur durch Hineinreden und Zwischenrufe aufgefallen seien.

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