Knapp daneben

Raketenpost & Co: Die schrägsten Utopien für 2010

Elektronik
27.07.2010 09:57
Ob Handy, Spam-Flut oder Jet-Pack - zahlreiche Phänomene des 21. Jahrhunderts wurden bereits Jahrzehnte früher vorhergesagt. Die meisten Zukunftsvisionen von Wissenschaftlern für das Jahr 2010 haben sich jedoch nicht bewahrheitet: Kinder gebärende Roboter, Liebesmessung anhand der "Radioaktivität der Seele" und Raketenpost bleiben schräge Utopien.

Um 1909 begann der deutsche Journalist Arthur Bremer verschiedenste Persönlichkeiten aus Technik, Politik, Kunst und Kultur darum zu bitten, ihre Einschätzungen über die Zukunft abzugeben. Ein Jahr darauf erschienen die gesammelten Beiträge unter dem Titel "Die Welt in 100 Jahren". Herausgekommen ist eine spannende Mischung aus Wünschen und Forderungen an das Jahr 2010 - einzig, die meisten Autoren haben sich verschätzt.

Zeppelin-Flotten, riesige Erdbeeren und radioaktive Liebe
Berta von Suttner etwa war sich sicher, dass militärische Konflikte in unserer Zeit der Vergangenheit angehören und Weltfrieden herrscht, während ein anderer Schreiber einen Krieg Europas gegen Asien prophezeite. Auch skurrile Ansichten wie dass Erdbeeren im Jahr 2010 Orangengröße angenommen haben und Zeppeline in Flottenverbänden die Lüfte kontrollieren, finden sich in der Zusammenstellung. Eine Schriftstellerin meinte gar zu wissen, dass Anfang des 21. Jahrhunderts die "Radioaktivität der Seele" messbar sei - und damit die Partnersuche zur "Zuchtwahl" werde.

Kinder zeugende Roboter und selbstständige Autos
Zwei Weltkriege später regierten mancherorts sowohl Technik- als auch Zukunftsangst, sodass etwa die "Münchner Abendzeitung" 1958 unter dem Titel "Wir werden es noch erleben" ein sehr düsteres Szenario der kommenden Jahrzehnte zeichnete. Demnach arbeite das Sowjet-Regime an Tönen zur Gehirnwäsche unschuldiger Bürger, außerdem sollten Roboter, die Kinder bekommen, schon bald zur Normalität gehören. Weitaus positiver präsentierten Sowjet-Forscher ebenfalls Ende der 1950er-Jahre, wie sie sich das beginnende 21. Jahrhundert vorstellten: Autos sollte es demnach zwar noch geben, gelenkt würden sie allerdings von "Automaten", die auf Kommandos reagieren und sicheres Vorankommen bei über 200 Stundenkilometern garantieren.

Raktenpost und Mini-Kameras
Obwohl das Stanford Research Institute in San Francisco schon 1969 über einen der ersten vier Internet-Knotenpunkte verfügte, hielten es die Forscher dort ein Jahr später für wahrscheinlich, dass Post in Zukunft per Rakete verschickt würde. Die Idee der E-Mail schien wohl zu weit hergeholt - auch wenn die erste ihrer Art nur ein Jahr später das Licht der Welt erblickte. Reichlich unpraktisch ebenso die Prophezeiung von Futurologen Anfang der 1990er: 2010 sollte die handelsübliche Videokamera im Briefmarkenformat daherkommen.

Künstliche Intelligenz und fliegende Autos
Etwas zu optimistisch war US-Futurologe Ray Kurzweil, der im Jahr 2002 meinte, in acht Jahren könne man sich problemlos mit künstlichen Intelligenzen unterhalten. Die Versuche, virtuelle Persönlichkeiten so zu programmieren, dass langfristig unterhaltsame Konversationen möglich sind, sind bisher jedoch alle fehlgeschlagen. Auch was etwa 2.000 Forscher in einer Umfrage des deutschen Forschungsministeriums 1998 für realistische Zukunftsvisionen des Jahres 2010 hielten, hat sich nicht bewahrheitet: Weder gibt es fliegende Autos noch einen faltbaren Monitor - obwohl einige Unternehmen seit Jahren eifrig an zumindest rollbaren Exemplaren forschen.

Wer richtig lag
Immerhin lagen nicht alle Wissenschaftler der Vergangenheit falsch mit ihren Vorstellungen vom beginnenden 21. Jahrhundert. So sagte zum Beispiel Richard Sloss - angeblich ein US-amerikanischer Journalist - in "Die Welt in 100 Jahren" das Handy voraus: "Jedermann wird sein eigenes Taschentelefon haben, durch welches er sich, mit wem er will, wird verbinden können." Die Freiheit, einen Anruf anzunehmen oder abzulehnen, hat Sloss übrigens ebenso vorhergesehen wie den Vibrationsalarm.

Der Belgier Paul Otlet (1868-1944), seines Zeichens Jurist und Unternehmer, entwickelte mit seinem Landsmann und Nobelpreisträger Henri La Fontaine die Idee vom Internet. Ihrem Verständnis nach sollte es sich um eine für alle weltweit zugängliche Bibliothek des Wissens der gesamten Menschheit handeln. Der französische Schriftsteller und Zeichner Albert Robida (1848-1924) sagte die Live-Kriegsberichterstattung voraus, ebenso wie Spam-Mails und elektronische Überwachung.

Treffendste Vorhersagen aus dem 17. Jahrhundert
Bereits im 17. Jahrhundert lebte jedoch ein Mann, der vielleicht die höchste Trefferquote für korrekte Zukunftsvisionen aufweist: Der irische Naturforscher Robert Boyle sagte um 1660 in einer "Wunschliste" an die Zukunft unter anderem Transplantationen, U-Boote, Flugzeuge, Schönheitsoperationen, Gentechnik und Genmanipulation, Satellitennavigation und Glühbirnen voraus!

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