500.000 pro Jahr

Italiener suchen vermehrt Hilfe bei Exorzisten

Ausland
03.02.2012 15:14
Rund 500.000 Italiener haben sich nach Angaben der Vereinigung katholischer Psychologen und Psychiater 2011 an einen Exorzisten gewandt. Das seien 30 Prozent mehr als noch vor fünf Jahren, berichtet die Wochenzeitschrift "Panorama" unter Berufung auf den Berufsverband. Demnach gebe es in Italien rund 300 von Bischöfen beauftragte Teufelsaustreiber. Indes dementierte der Vatikan einen angeblich von Papst Benedikt auf dem Petersplatz vorgenommenen Exorzismus.

Die Warteliste bei den Exorzisten sei lang, heißt es in dem Beitrag des populären Magazins mit dem Schwerpunkt auf Politik und aktuellem Geschehen. 65 Prozent der Hilfesuchenden seien Frauen, mehrheitlich aus dem Süden und der Mitte des Landes. Deutlich gestiegen sei auch die Zahl der Personen mit Hochschulabschluss, die sich an einen kirchlichen Teufelsaustreiber wendeten. In vielen Fällen ziehe sich eine Befreiung von Dämonen über Jahre hin.

Die Kirche leite einen Exorzismus jedoch nicht ohne eine vorherige psychologische oder psychiatrische Untersuchung des Betroffenen ein, betont der Vatikan-Experte des Magazins, Ignazio Ingrao, in dem Bericht. Nach den kirchlichen Normen müsse zuvor abgeklärt werden, ob nicht doch eine psychische Erkrankung vorliege. Auch während eines Exorzismus müsse der Seelsorger im Kontakt mit einem Psychologen bleiben.

Vatikan dementiert Teufelsaustreibung durch Papst
Unterdessen wies Vatikan-Sprecher Federico Lombardi Gerüchte zurück, dass Papst Benedikt XVI. bei einer Generalaudienz im Mai 2009 auf dem Petersplatz einen Exorzismus vorgenommen habe. "Panorama" hatte am Donnerstag auch einen Vorabdruck des Interview-Buches "Der letzte Exorzist" mit dem früheren römischen Exorzisten Gabriele Amorth veröffentlicht.

Darin heißt es, zwei mutmaßlich besessene Jugendliche hätten das wöchentliche Pilgertreffen auf dem Petersplatz aufgesucht und sich bei der Ankunft von Benedikt XVI. schreiend und am ganzen Körper zitternd auf den Boden geworfen. Ein Segen des Papstes habe sie dann mit einem "fürchterlichen Schlag" mehrere Meter zurückgeschleudert; daraufhin seien sie "ganz ruhig" geworden.

Lombardi sagte am Donnerstag, der Papst habe nicht gewusst, dass die Männer an jenem Tag auf dem Petersplatz gewesen seien. Selbst wenn die Tatsachen wahr wären, sei es nicht richtig, über Geisteraustreibungen des Papstes zu sprechen. "Es gibt keine Verbindung, und der Papst hatte nicht die Intention, Exorzismus zu praktizieren", so Lombardi. Auch dem verstorbenen Papst Johannes Paul II. war nachgesagt worden, 1982 sowie im Jahr 2000 Geisteraustreibungen praktiziert zu haben.

Gott und dem Menschen feindlich gesinnte Geistwesen
Die katholische Kirche lehrt, dass Gott und dem Menschen feindlich gesinnte Geistwesen (Dämonen) ständig versuchten, Einfluss auf Menschen zu gewinnen und diese von Gott abzuwenden. In einigen seltenen Fällen könnten diese Wesen eine Person ganz in ihre Gewalt bringen (Besessenheit). Solche Zustände hätten demnach nichts mit psychischen Erkrankungen zu tun und seien von diesen scharf abzugrenzen. Besessenheit gehe mit Phänomenen wie einem plötzlichen abnormen Kraftzuwachs, dem Sprechen in der betreffenden Person zuvor unbekannten - auch antiken - Sprachen sowie Abscheu vor "heiligen" Gegenständen und Objekten oder Substanzen wie etwa Kruzifixen oder Weihwasser einher.

Der sogenannte feierliche Exorzismus, der bei vermuteter Besessenheit Anwendung findet, besteht im Grunde aus einer Reihe von kirchlich approbierten Gebeten und muss immer von einem speziell ausgebildeten und vom Bischof beauftragten Priester vorgenommen werden. Im Gegensatz zu manchen medialen Darstellungen wird die behandelte Person dabei in keiner Weise körperlich drangsaliert oder gar gequält.

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