Im "Krone"-Interview

O’Barry: “Nie Tickets für Delfin-Shows kaufen!”

Tierecke
04.12.2015 12:41
Als Trainer der Delfine aus dem TV-Serien-Hit "Flipper" wurde Ric O'Barry einst reich und berühmt - doch der Selbstmord eines der Tiere machte ihn zum Aktivisten gegen die Haltung von Meeressäugern in Gefangenschaft. Bei einem Wien-Besuch anlässlich eines exklusiven Screenings seiner preisgekrönten Dokumentation "Die Bucht" sprach er mit der "Krone Tierecke" über die grausame Delfin-Jagd in Japan und die Möglichkeiten, ihn bei seinem Kampf zu unterstützen.

Seit mittlerweile fast 50 Jahren setzt sich der US-Amerikaner Ric O'Barry für den Schutz von Delfinen ein. Bereits 1970 gründete er das "Dolphin Project" mit dem Ziel, eine Plattform für die Befreiung von Delfinen und die Einstellung des Delfinfangs aufzubauen. 2009 wurde der mit einem Oscar ausgezeichnete Dokumentarfilm "The Cove" ("Die Bucht") das erste Mal ausgestrahlt. Der Film zeigt die Verstrickung der Delfinarienindustrie mit Delfintreibjagden und dokumentiert die Geschehnisse in der Bucht im japanischen Fischerort Taiji. Die "Krone Tierecke" traf O'Barry zum Interview.

"Krone": Sie haben haben bekanntlich als Delfin-Trainer gearbeitet, bevor Sie sich gegen die Gefangenschaft der Tiere einzusetzen begannen. Der Wendepunkt für Sie war der Selbstmord einer ihrer Delfine - einige Wissenschaftler bestreiten, dass dies überhaupt möglich ist.
Ric O'Barry: Naja, mir fällt kein treffenderes Wort als "Selbstmord" dafür ein. Delfine atmen nicht reflexartig wie wir Menschen, sondern jeder Atemzug ist eine bewusste Entscheidung. Und sie können auch jederzeit entscheiden, mit dem Atmen aufzuhören. Es gibt weltweit einige dokumentierte Fälle von Selbstmord bei Delfinen in Gefangenschaft, und ich habe selbst ein paar davon miterlebt. Die Tiere werden so depressiv, wenn man sie in kleine Becken sperrt. Es ist furchtbar.

Ric O'Barry richtet eine Botschaft an die "Krone"-Leser:

"Krone": Die grausame Jagd auf Delfine im japanischen Taiji zieht immer mehr Aufmerksamkeit auf sich, aber das ist nicht das einzige Gebiet, in dem so etwas stattfindet, richtig?
O'Barry: Genau, in Taiji ist es nur besser zu beobachten, weil die Fischer die Delfine in eine Bucht treiben, sie dort festhalten und dann aussortieren - junge und vermeintlich schönere Tiere werden von den Delfinarienvertretern ausgesucht, die restlichen Tiere werden getötet und das Fleisch verkauft. In vielen anderen Gebieten rund um Japan passiert das auch, allerdings auf dem offenen Meer - da ist es für uns Tierschützer nicht so leicht zu beobachten.

"Krone": Welche Beziehung haben Sie mittlerweile mit den japanischen Behörden, ist man Ihnen gegenüber gesprächsbereit? Oder versucht man Sie zu sabotieren?
O'Barry: Leider war man bisher zu keinem Gespräch bereit, wobei ich jetzt erstmals Signale in diese Richtung bekommen habe - aber das wäre eine Premiere. Im Gegenteil, ich wurde zum Beispiel erst im September mit einer fadenscheinigen Begründung verhaftet.

"Krone": Und wie werden Sie von der japanischen Bevölkerung wahrgenommen? Als Feind von japanischer Tradition und Kultur, oder als Kritiker von Tierquälerei?
O'Barry: Das Problem ist, dass die japanische Regierung bewusst Informationen vor der Bevölkerung zurückhält, es ist meiner Meinung nach keine echte Demokratie. Die Menschen wissen gar nicht, was da mit den Delfinen gemacht wird. Und die wenigsten würden überhaupt einen essen. Es ist jetzt schon schwierig geworden, das Delfin- und Walfleisch überhaupt loszuwerden. Aber die Fischer argumentieren gerne damit, dass es sich bei der Jagd um eine japanische Tradition handelt, die wir nicht verstehen. Aber das stimmt nicht, die machen das noch gar nicht so lange.

"Krone": Wird die Dokumentation "Die Bucht" in Japan gezeigt?
O'Barry: Nein, sie wurde dort verboten. Wir versuchen, sie über soziale Medien zu verbreiten, denn die Japaner müssen den Film unbedingt sehen.

"Krone": Hat sich seit "Die Bucht" etwas verändert? Gibt es positive Auswirkungen?
O'Barry: Oh ja! Seit der Veröffentlichung gab es einen deutlichen Rückgang der Zahl getöteter Delfine. Leider wurden aber nicht weniger Tiere eingefangen, obwohl weltweit immer mehr Delfinarien schließen müssen, weil die Leute keine Tickets mehr kaufen wollen. Doch alleine in Japan gibt es noch immer mehr als 30 Delfinarien - für ein Land dieser Größe ist das unglaublich! Und auch nach China werden viele Lebendfänge verkauft. Deswegen ist es so wichtig, dass man die Mütter dieser Welt über die schrecklichen Zustände aufklärt, denn sie sind es normalerweise, die Familienausflüge und Urlaube planen.

"Krone": Trotz der brutalen Jagd und der sturen Haltung von Japans Politik zu dem Thema sprechen Sie sich ganz klar gegen einen Boykott des Landes aus - einige Tierschutzorganisation haben in der Vergangenheit dazu aufgerufen.
O'Barry: Es gab diese Boykott-Aufrufe mit Titel "Boykottiert Japan, rettet die Wale", die dann dazu geführt haben, dass kleine Kinder mit asiatischem Aussehen am Spielplatz mit den Worten "Wal-Mörder" verprügelt wurden. Das ist doch Unsinn! Man muss sich schon darüber bewusst sein, dass die absolute Mehrheit der Japaner keine Delfine tötet und das auch nicht unterstützt, sie wissen schlichtweg nichts davon. Weil man es vor ihnen verheimlicht. Ein Boykott des ganzen Landes ist für mich nichts anderes als eine neue Form des Rassismus.

Ric O'Barrys Dankesrede bei der Bambi-Verleihung

"Krone": Wie können unsere Leser Sie bei Ihrer Mission unterstützen?
O'Barry: Es ist eigentlich ganz einfach. Bitte besuchen Sie www.dolphinproject.net und geben Sie das schriftliche Versprechen ab, niemals Tickets für Delfinshows zu kaufen! Das klingt so simpel, ist aber wie ein Vertrag mit sich selbst. Teilen Sie Ihr Versprechen anschließend über die sozialen Medien mit Ihren Freunden! Wer aktiv in Taiji dabei sein möchte, kann sich als sogenannter Cove Monitor melden und uns helfen, die Geschehnisse vor Ort zu dokumentieren. Und nicht zuletzt, auch wenn ich nicht gerne darum bitte, helfen uns Spenden dabei, unsere Arbeit fortsetzen zu können.

Die Petition können Sie HIER ausfüllen - weitere Informationen erhalten Sie unter www.dolphinproject.net.

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