Abfuhr für Darabos

Kommission erklärt Entacher-Rauswurf für rechtswidrig

Österreich
07.11.2011 23:14
Die Absetzung von Generalstabschef Edmund Entacher durch Verteidigungsminister Norbert Darabos war nicht rechtens. Zu diesem Schluss kommt die Berufungskommission des Bundeskanzleramts, die den Versetzungsbescheid des Ministeriums ersatzlos aufhob. Das Tribunal erkannte die Gründe nicht an, mit denen Darabos den Vertrauensverlust gegenüber Entacher erklärt hatte. Entacher will bereits am Dienstag an seinen Arbeitsplatz als Stabschef zurückkehren.

Der ranghöchste Militär des Landes hat das von ihm angestrebte Verfahren gegen seine Versetzung auf ganzer Linie gewonnen - was Verteidigungsminister Darabos hingegen anzuerkennen weiß: "Ich nehme die Entscheidung der Berufungskommission selbstverständlich zur Kenntnis. Aus rechtlicher Sicht waren meine Argumente für den Vertrauensverlust offenbar nicht ausreichend", kommentierte Darabos.

"Nachvollziehen" könne der Minister die Entscheidung zwar nicht, aber er wolle sich davon jedenfalls nicht beirren lassen und weiter für eine Reform des Bundesheeres kämpfen. Dass er nun mit einem Generalstabschef zusammenarbeiten muss, den er wegen eines Vertrauensverlustes abberufen wollte, kommentierte Darabos so: "Die Zusammenarbeit wird sicher nicht einfacher, aber ich werde jetzt mit sehr klaren Eingriffen und Weisungen arbeiten müssen. Am Ende entscheidet die Politik."

Entacher: "Darabos wohl noch Jahre im Amt"
Entacher - nach wie vor brennender Berufsheer-Gegner - erklärte am Montag: "Jetzt werde ich im kleinen Freundeskreis ein bisschen feiern gehen." Dann wolle er wieder den Chefposten im Generalstab übernehmen, und zwar bis Februar 2013, wenn sein Vertrag auslaufe. "Aus heutiger Sicht wird das der Zeitpunkt sein, wo ich gehe."

Dass Darabos dann noch Verteidigungsminister sein wird, "nehme ich an", so der Generalstabschef, der von einer Rücktrittsforderung weit entfernt ist: "So spitz möchte ich das nicht sehen. Ich habe vor dieser Affäre immer ein gutes Verhältnis zum Minister gehabt. Ich arbeite professionell, und wenn man korrekt arbeitet, gibt es keinen Grund, warum das nicht funktionieren sollte."

Rechtsstreit nach Bundesheer-Sagern
Der entbrannte Rechtsstreit rund um die vom SPÖ-Minister angeordnete Absetzung seines Generals hat ihre Wurzeln in diversen Äußerungen Entachers zum Thema Berufsheer. Der Stabschef gab des Öfteren Zweifel an Darabos' Plänen zur Abschaffung der Wehrpflicht zum Besten und war schließlich per Verteidigungsministerium-Bescheid dazu aufgefordert worden, das Feld zu räumen. Darabos begründete diese Maßnahme damals offiziell mit "Vertrauensverlust".

Ende September wurde dann ein erstes Ergebnis der Kommissionsuntersuchungen über die Weisung des Ministers veröffentlicht - dieses interpretierten allerdings sowohl Entachers Anwalt als auch das Ministerium als Erfolg (siehe auch Story in der Infobox). Entachers Anwalt sollte recht behalten. Die Kommission erklärte nun auch den 220 Seiten starken Versetzungsbescheid für nichtig bzw. "rechtlich nicht möglich".

Leise Selbstkritik beim Minister
Darabos ließ dann am Montagabend auch leise Selbstkritik anklingen. In der "ZiB 2" im ORF meinte er auf die Frage, ob er in der Causa Entacher glücklich agiert habe, das sei "eine gute Frage". Er habe damals keine andere Möglichkeit gesehen, vielleicht hätte es aber nicht sein müssen. Gleichzeitig beharrte Darabos jedoch auf dem Primat der Politik und dass Beamte die Vorgaben der Politik umsetzen müssten.

Der Minister betonte auch, dass er keine persönliche Verfehlung seinerseits sehe. Auch für eine Entschuldigung bei Entacher sehe er keinen Grund. Er respektiere die Entscheidung des Rechtsstaates, der beamteten Kommission. Man werde nun zur Tagesordnung übergehen und professionell zusammenarbeiten. Ein erstes Gespräch werde bereits am Dienstag stattfinden. An dem persönlichen Vertrauensverlust Entacher gegenüber habe sich aber nichts verändert, unterstrich Darabos.

Eine Bestrafung Entachers oder eine Kompetenzeinschränkung des Generalstabschefs werde es nicht geben, versicherte der Minister in Bezug auf entsprechende Gerüchte im Zusammenhang mit den geplanten Umstrukturierungen im Heer. "Es gibt kein Lex Entacher." Er werde aber sicherstellen, dass die Pilotprojekte zu dem von ihm geplanten Berufsheer umgesetzt werden, kündigte Darabos an. Dass er sich in Sachen Berufsheer "verrannt" habe, wies er entschieden zurück. Er sei der Meinung, dass sein Weg der Richtige sei - und den werde er auch durchziehen.

Strache fordert Rücktritt
Auf die Entscheidung der Kommission waren am Montag umgehend zahlreiche öffentliche Reaktionen gefolgt. SPÖ-Geschäftsführerin Laura Rudas pochte auf die Fortsetzung von Darabos' Reformkurs und gab dem Parteikollegen "Rückendeckung". Die Bundesheer-Gewerkschaft sah im Urteil wiederum einen Erfolg für sich. Die ÖVP sprach von der "Krönung" einer "Pannenserie", das BZÖ ortete eine "Blamage". FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache schließlich meinte, Darabos sei rücktrittsreif.

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