Teuerungswelle

Hohe Lebenshaltungskosten auch “hausgemacht”

Österreich
16.07.2008 11:26
Mehr als ein Drittel der Gesamtinflation lässt sich nicht mit Konjunktur, Ölpreis und Lohnstückkosten erklären. Für die gestiegenen Lebenshaltungskosten in Österreich müsse es "hausgemachte" Faktoren geben, folgert die Wettbewerbskommission, die als beratendes Organ bei der Bundeswettbewerbsbehörde eingerichtet ist, in einem Gutachten. Grundlage der Untersuchung seien Studien der Wirtschaftsforschungsinstitute Wifo und IHS sowie Brancheninterviews mit Vertretern der Energiewirtschaft oder des Lebensmittelhandels, berichtete das "ORF-Mittagsjournal" am Dienstag.

Gemeinsam mit den Wirtschaftsforschern haben die Wettbewerbsexperten neun Produktgruppen mit einem auffällig hohen Anteil an "hausgemachten" Preiseffekten herausgefunden. Allen voran Milchprodukte: Der "Österreich-Anteil" bei Milch, Käse, aber auch Eiern, macht laut Gutachten mehr als die Hälfte des gesamten Preisanstiegs aus. Bei Brot und Getreide, das nur in Finnland noch teurer ist, geht ein Prozent auf "Österreich-Effekte" zurück. Bei Gas seien es zwei Drittel und bei Medikamenten führt die Wettbewerbskommission beinahe den gesamten Preisauftrieb auf "hausgemachte" Effekte zurück.

Lebensmittelpreise lange niedrig
Teure Lebensmittel spüren die Österreicher besonders. Seit dem EU-Beitritt sind Lebensmittel in Österreich nicht teurer, sondern sogar günstiger geworden, und haben den allgemeinen Anstieg der Lebenshaltungskosten lange Zeit sogar gedämpft. Der Milchpreis ist bestes Beispiel dafür. Milch wurde erst nach zwölf Jahren im Vorjahr so teuer wie 1994. Ähnlich verlief die Entwicklung bei Getreide. Für die Wettbewerbsexperten rührt der hausgemachte Preisanstieg von den teuren Produktionsbedingungen durch die klein strukturierte Landwirtschaft her. Ein österreichischer Milchbauer liefert pro Jahr 62.000 Kilo Milch, ein britischer 925.000 Kilo.

Handel gibt sich wortkarg
Dazu kommen sowohl in der Verarbeitung als auch im Handel - wie es im Gutachten heißt - "beträchtliche Marktkonzentrationen". Welchen Anteil der Lebensmittelhandel trägt, das hat allerdings auch die Wettbewerbskommission nicht herausgefunden. Trotz zahlreicher Branchengespräche, sei die Informationsbereitschaft der Handelsvertreter "unzureichend" gewesen, heißt es in dem Gutachten. So sei nicht zu erfahren gewesen, ob der Handel bei Verkauf von Trinkmilch mehr, weniger oder gleich viel Geld verdient als im Jahr 1994. Damals waren es 14 Prozent.

Die Wettbewerbskommission zog aus der Nichtbeantwortung der Frage eigene Schlüsse und geht nun davon aus, dass der Lebensmittelhandel seit dem EU-Beitritt seine Spannen und damit seinen Anteil an den Verbraucherpreisen kräftig erhöht haben dürfte, wie es in dem Gutachten heißt.

Inflation hilft Handel bei Ertragslage 
Ein interessantes Detail haben die Wettbewerbsexperten allerdings erfahren: Inflationsraten bis zu fünf Prozent seien für den Handel "eine gute Gelegenheit, seine Ertragslage zu verbessern". Erst bei einer Inflationsrate über fünf Prozent werde Kaufzurückhaltung registriert. Weitere "Österreich-Effekte" sind nach Ansicht der Kommission der schlecht funktionierende Wettbewerb am Strom- und Gasmarkt oder aber dass Österreichs Unternehmen die hohen Rohstoffpreise viel später als andere Euroländer an die Konsumenten weitergegeben haben. Deshalb seien die Preise dann im Vorjahr abrupt in die Höhe geschnellt.

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