Nur 2 Wochen Frieden

"Asyl-Tricks"? Erster Krach in Regierung Kern

Österreich
01.06.2016 12:18

Zwei Wochen nach dem Amtsantritt von SPÖ-Bundeskanzler Christian Kern und der Ankündigung, nun besser zusammenarbeiten zu wollen, streitet die Regierung schon wieder. Anlass sind Aussagen Kerns, der am Dienstag - just einen Tag vor Inkrafttreten des neuen Asylgesetzes - nur noch von 11.000 für die Obergrenze relevanten Asylanträgen sprach. Davon zeigte sich nicht nur Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP), sondern auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) irritiert, denn vor Kurzem hatte man noch von bis zu 22.000 Anträgen gesprochen.

Die Regierung hatte noch unter Führung von Werner Faymann einen Richtwert von 37.500 Anträgen festgelegt, ab dem eine durch das neue Gesetz mögliche Notverordnung erlassen würde, die das Stellen von Asylansuchen in Österreich deutlich erschweren sollte. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Obergrenze noch im Sommer erreicht werden könnte.

Kern versuchte auch zu erklären, wie er auf die neue Zahl gekommen war: Wenn man Anträge abziehe, für die eigentlich laut der Dublin-Verordnung andere EU-Staaten zuständig wären, dann ergebe sich eben jener Wert, der jetzt für Verwirrung sorgt.

Doskozil: "Mit Zahlen sorgfältiger umgehen"
Doskozil hält das zwar inhaltlich für richtig, kritisierte aber in der "Krone" sowie im Ö1-"Morgenjournal", dass man vollkommene Transparenz walten lassen müsse und alle Zahlen monatlich auf den Tisch gelegt werden müssten. "Wir müssen mit Zahlen sorgfältiger umgehen, sonst machen wir uns bei der Bevölkerung lächerlich", so der Verteidigungsminister.

Sobotka hofft auf "Missinterpretation"
Auch der Innenminister äußerte sich kritisch. In einer Aussendung wunderte er sich, dass Kern von 37.500 tatsächlich Asylberechtigten - und nicht von Antragsstellern - gesprochen habe, was mit dem Vorjahr vergleichbar wäre. Dies dürfe sich aber nicht wiederholen. Er hoffe in diesem Zusammenhang, dass es sich hierbei um eine Missinterpretation des Bundeskanzlers handle, und nicht um einen "Linksruck" des SPÖ-Parteivorsitzenden, so Sobotka, der betonte, dass die Asyllinie der Regierung nicht verhandelbar sei.

ÖVP-Landesrat: "Zahlentricksereien sind das Letzte"
Unterstützung für die Position Sobotkas kommt aus dem heimatlichen Niederösterreich. Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) meinte in einer schriftlichen Stellungnahme: "Die Zahlentricksereien von Bundeskanzler Kern sind das Letzte, das wir nun brauchen." Die Verunsicherung der Menschen sei riesig, es brauche ein Miteinander von Regierung und Bevölkerung und hundertprozentige Transparenz.

Wiener ÖVP-Chef: "Kanzler kann gleich wieder abdanken"
Heftige Kritik übte auch Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel. "Wenn der neue Kanzler die Obergrenze bei Asylwerbern aufweicht, kann er gleich wieder abdanken", befand Blümel am Mittwoch. "Eine Obergrenze ist eine Obergrenze. Punkt. Dass man mit Zahlen vorsichtig und transparent umgehen muss, sollte gerade ein ehemaliger Manager eigentlich wissen", stellte der ÖVP-Politiker klar. Auch in einem Unternehmen könnte man nicht einfach so mit anderen Zahlen "herumwerfen".

Kanzleramt: "Zahlen stammen von Innenminister"
Eher kühl reagiert man im Kanzleramt auf die Kritik aus den Reihen des Koalitionspartners. Die von Kern genannten Zahlen beruhten auf einer durch den Innenminister im Ministerrat berichteten Darstellung, wonach von den heuer in Österreich gestellten Asylanträgen rund 11.000 in Österreich zum Asylverfahren berechtigt zugelassen seien.

Kern: "In Wahrheit geht es um Integration"
Der Bundeskanzler selbst sieht in der Diskussion "Äpfel mit Birnen vermischt". Man müsse zwischen Menschen, die nach Österreich gekommen sind, und jenen, die das Recht auf einen Asylantrag haben, unterscheiden, betonte er. Dabei handle es sich um eine "deutlich kleinere Zahl". Kern zeigte sich zudem der Debatte überdrüssig. "Mich interessiert diese Zahlendiskussion im Grunde genommen nicht besonders." In Wahrheit gehe es um die Integration jener Menschen, die nach Österreich gekommen sind: "Wie sorgen wir dafür, dass sie eine Beschäftigung bekommen und nicht in Parks herumlungern?"

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