"Krone"-Interview

Loreen: “Der Song Contest ist einfach fantastisch”

Musik
19.05.2015 17:00
Sie zählte zu den vielen großen Stargästen des Wiener Life Balls und nahm sich am Rande auch ein bisschen Zeit, um sich mit uns zu unterhalten. Die schwedische Popsängerin und ehemalige Song-Contest-Gewinnerin Loreen freut sich schon jetzt auf das diesjährige Finale in der Wiener Stadthalle, schwärmte von Conchita Wurst, erzählte von ihrer neuen Single und dem kommenden Album und zeigte sich - gewohnt - politisch und gesellschaftskritisch.
(Bild: kmm)

"Krone": Loreen, am Samstag warst du einer der Stargäste beim Wiener Life Ball. Was bedeutet er dir und was ist für dich die wichtigste Botschaft dieser Veranstaltung?
Loreen: Der Hintergrund des Balls rund um das Thema HIV, und Aids ist ein Bereich, der jeden betreffen könnte. Ich finde, es ist ungemein wichtig, ein Licht darauf zu werfen und so viel wie möglich zu einer Verbesserung dieser Problematik beizutragen. Jeder sollte so viel helfen, wie er kann. Ich habe im Vorfeld sehr viel über den Ball recherchiert und mich genau erkundigt – eine wirklich tolle Sache.

"Krone": Du warst nicht das erste Mal hier in Wien zu Gast. Hast du schöne Erinnerungen an die Stadt?
Loreen: Ich war letztes Jahr im April schon hier und habe im Chaya Fuera eine Show gespielt. Ich habe mich sofort in diese Stadt verliebt und muss jetzt auch gleich die Klischeekeule einsetzen – ich mag Österreich an sich schon seit meiner Kindheit, denn auch ich war und bin großer Fan von "The Sound Of Music". (lacht) Die Architektur und die ganzen alten Häuser sind einfach wundervoll bei euch. Wien gehört zweifellos zu Europas Top-Städten, es ist nur schade, dass ich immer nur so kurz hier bin. Ich habe mich auch sehr willkommen gefühlt und es waren viele Fans bei meiner Show.

"Krone": Nachdem du aber bald neues Material veröffentlichst, wirst du für eine Liveshow wohl bald wieder kommen?
Loreen: Das sieht gut aus, ja. Sollte es sich im Herbst nicht mehr ausgehen, kann man zumindest nach Weihnachten damit rechnen. Ich freue mich schon darauf.

"Krone": Bevor wir darüber reden, kommen wir zu einem weiteren elementaren Thema – den Song Contest. 2012 hast du ihn souverän mit "Euphoria" gewonnen, am Samstag findet das Finale des diesjährigen Bewerbs in der Wiener Stadthalle statt. Wurdest du gefragt, ob du aktiv daran teilnehmen möchtest?
Loreen: Offiziell gefragt wurde ich nicht, aber ich bekam schon einen Anruf, als jemand herausfand, dass ich in Wien war. Ich solle gleich zu einer Party kommen – das war irre, damit habe ich nicht gerechnet. (lacht) Ich war aber völlig auf den Life Ball fokussiert und hatte keine weiteren Pläne. Ich würde gerne eine Woche hierbleiben, weil mir Wien so gefällt, aber die Termine lassen es nicht zu. Vielleicht fliege ich am Song-Contest-Wochenende aber wieder runter, um mir das Finale anzusehen.

"Krone": Dein Interesse an diesem Bewerb ist also ungebrochen? Viele distanzieren sich nach einigen Jahren gerne davon.
Loreen: Natürlich, das ist ein großer, wichtiger Teil meines Lebens. Dieser Bewerb ist doch einfach fantastisch, wenn Leute aus verschiedensten Nationen mit verschiedensten Sprachen und unterschiedlichsten Musikstilen gemeinsam eine Vision teilen. Ich liebe die Einstellung dieses Bewerbs. Mein Song 2012 hat einfach alles für mich verändert. Es ist nicht so, dass ich jetzt herumrenne und dauernd predige: "Hey, ich bin ein Star!" Ich liebe einfach die Show dahinter. Ich bin heuer mit meiner neuen Single "Paper Lights (Higher)" in Schweden im Zuge des Song Contests angetreten, weil es mir so viel Spaß machte.

"Krone": Wäre es für dich eine Option, noch einmal teilzunehmen?
Loreen: "Euphoria" war ein wunderschöner Song, der auch eine wichtige Botschaft transportiert hat. Somit hatte ich etwas vorzuzeigen, den Menschen etwas zu geben. Würde ich wieder so einen Song haben oder so eine Idee, die meine Vision und meine Ideologie widerspiegelt, dann wäre das zumindest eine Überlegung wert. Ich mag ja nur den Teil des "Wettbewerbs" und des gegenseitigen Messens nicht. (lacht) Ansonsten ist der Song Contest hervorragend.

"Krone": Hast du schon einmal unsere Vorjahressiegerin Conchita Wurst getroffen?
Loreen: Ich glaube, das erste Mal haben wir uns in Stockholm getroffen. Sie ist dort aufgetreten.

"Krone": Du bist ein Mensch, der immer schon sehr stark an Politik und gesellschaftlichen Themen interessiert war. Wie wichtig ist die Rolle von Conchita Wurst im Musikgeschäft?
Loreen: Sie ist eine großartige Sängerin und zudem hervorragend auf der Bühne, da gibt es überhaupt keine Zweifel. Sie ist aber nicht in erster Linie für das Musikgeschäft wichtig, sondern eigentlich ein politisches Statement. Sie ist einfach sie selbst in dieser Rolle und das fühlt und spürt man. Sie gibt die wichtigste Botschaft überhaupt wieder – es ist völlig egal, wer du bist, solange du glücklich damit bist. Es war einfach sehr wichtig, dass sie als Conchita so stark in die Öffentlichkeit getreten ist, um Vorurteile abzubauen und viele Menschen verständnisvoller zu machen. Es gibt nicht nur eine Art von Mann oder Frau, sondern jede und jeder kann individuell entscheiden, welches Leben sie oder er führen möchte. Bei meinem diesjährigen Auftritt beim schwedischen Song-Contest-Vorentscheid trat ich oben ohne auf und habe auf High Heels und mit Kazaky, einer ukrainischen Tanzgruppe, getanzt. Auch hier haben wir – ähnlich wie Conchita – einfach entschieden, es so zu machen, wie wir wollen. Keine Regeln und keine Reglementierungen – einfach so, wie wir geschaffen wurden.

"Krone": Wenn du an den Song Contest in Wien denkst – hast du einen bestimmten Favoriten?
Loreen: Natürlich mag ich den schwedischen Beitrag von Måns Zelmerlöw, auch weil er ein guter Freund von mir ist, aber die Makemakes sind auch großartig. Ich mag ihren Song "I Am Yours". Ich mag die Stimme und auch den Vibe, den der Song durch das Piano bekommt. Das klingt einfach alles so live und echt und wirklich gut.

"Krone": Du hast ja wirklich gut recherchiert.
Loreen: (lacht) Natürlich, was glaubst du denn? Den Makemakes-Song habe ich mir erst gestern wieder angehört. Entweder soll Schweden oder Österreich gewinnen. Oder gleich beide. (lacht)

"Krone": Lass uns über deine Musik sprechen – mit "Paper Light (Higher)" gibt es nach fast drei Jahren wieder eine neue Single von dir. Eine verdammt lange Zeit eigentlich.
Loreen: Das stimmt schon, aber die Zeit vergeht auch schnell. "Euphoria" war als Song auch wirklich sehr lange erfolgreich. Ich wollte da keinen anderen Song entgegenstellen, weil sie alle dagegen verloren hätten. Erst danach konnte ich mich auf neues Material und neue Songs konzentrieren, als der Hype um diese Nummer etwas abflachte. Ein Teil von meinem kreativen Prozess ging sogar verdammt schnell vor sich, ein anderer Teil hat dann wieder ewig lange gebraucht, bis er fertig war. Ich bin eigentlich relativ ungeduldig, musste aber einsehen, dass Kreativität manchmal auch nicht schnell geht. Außerdem war ich sehr lange auf Tour, viel auf Reisen und der Song hat auch viel Studiozeit eingenommen.

"Krone": Welchen Inhalt spiegelst du mit "Paper Light" wider? Was ist die Botschaft der neuen Single?
Loreen: Das Thema des Songs entwuchs einer Diskussion, die ich mit meinem Songwriting-Partner hatte. Es ging in dieser Diskussion um die Schwulenrechte, um die Definition von Männlichkeit und Weiblichkeit und welche Regeln auf der Welt in diese Richtung bestehen. Die Quintessenz der Botschaft ist, dass wir einfach mehr lernen, toleranter sein und der nächsten Generation ein breiteres Weltbild mitgeben müssen. Alle Regeln, die über Gut oder Schlecht entscheiden, stammen von den Menschen. Es wird Männern und Frauen vorgegeben, wie sie sich zu kleiden oder oft auch zu verhalten haben. Wir sagen uns immer vor, wir wurden von Gott erschaffen und wären heilig, aber das stimmt einfach nicht. Wir sind von anderen Menschen geboren und geformt und wir werden auch von Menschen kontrolliert und reglementiert. So viele Sachen sind verpönt. Du darfst als Frau zum Beispiel deine Brüste nicht zeigen. Oder nimm einfach wieder Conchita – ist sie ein Mann oder eine Frau? Warum trägt sie einen Bart? Warum aber diese Diskussion? Diese Vorgaben kommen ja von Menschen, warum ändern wir sie nicht, machen sie zeitgemäßer? Es ist oft verpönt, etwas zu hinterfragen. Mir geht es einfach um die Selbstbestimmtheit des Individuums. Wenn ich mich etwa selbst verletzen will, dann ist das meine freie Entscheidung, weil es mein Körper ist. In der Diskussion zu "Paper Light" ging es einfach darum, aufzuzeigen, dass wir nicht fremdbestimmt sein wollen. Dass wir außerhalb unserer kleinen Schachtel denken sollten und etwas offener miteinander umgehen müssen. Wir müssen viel mehr hinterfragen. Hinterfragt Religion, hinterfragt Traditionen, hinterfragt Kulturen und überhaupt alles, was von Menschenhand an Regeln erschaffen wurde. All das ist nicht perfekt und nicht für die Ewigkeit.

"Krone": Wann kommt denn eigentlich das dazugehörige Album zur Single?
Loreen: Das wird Ende August, Anfang September passieren.

"Krone": Wird auch auf dem Rest des Albums von dir politisch oder gesellschaftskritisch Stellung bezogen?
Loreen: Politisch würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, aber mir geht es sehr oft um Menschenrechte. Aber klar, irgendwie kann man das natürlich verbinden. Alles, was ich mache, obliegt einem gewissen Hintergrund. Sogar die Lovesongs, die du von mir kennst, haben einen bestimmten Hintergrund oder liegen einer Geschichte zugrunde, die sich um Menschlichkeit, den Glauben, die Tragödien der Menschen und deren Ängste dreht. Wir fürchten uns vor dem Alleinsein und treffen in unseren Leben oft unbewusst fatale Entscheidungen. Das ganze Album dreht sich um diese Dinge, die auch mir wichtig sind und die ich teilweise auch mit mir selbst in Verbindung bringen kann.

"Krone": Eigentlich liegt für eine Kooperation mit Conchita Wurst ja alles auf der Hand.
Loreen: (lacht) Sie ist wundervoll, ich liebe sie. Wir werden sehen.

"Krone": Wie wird dein kommendes Album klingen? Worin wird es sich von deinem Erfolgsdebüt "Heal" unterscheiden?
Loreen: Ich würde sagen, das kommende Album wird experimenteller ausfallen. Auf "Heal" waren sehr viele Balladen und das Album war viel launischer. "Euphoria" war einer der wenigen Songs, den die Menschen mit Partystimmung in Verbindung brachten. (lacht) Das kommende Album ist viel stärker von Hip-Hop beeinflusst. Es gibt mehr Beats und alles ist viel dynamischer. Es ist kein EDM-Album, sondern einfach eine Mischung aus meinen persönlichen Vorlieben. Ich liebe Beats und ich liebe Melodien und habe versucht, einen guten Mix daraus zu erschaffen. Es gibt viele elektronische Elemente zu hören, aber trotzdem wird alles ziemlich organisch und echt klingen. Das liegt vor allem an meiner Stimme, die dem elektronischen Sound etwas total Echtes entgegenstellt.

"Krone": Wie wird das Album heißen?
Loreen: Das weiß ich wirklich noch nicht, ich will es auch nicht jetzt schon entscheiden. Es wird schwierig, die vielen Stimmungen auf dem Werk mit einem Titel einzufangen und zusammenzufassen. Ich bin selber schon ziemlich aufgeregt. Ich weiß ja noch nicht einmal, was meine nächste Single wird. (lacht) Aber zur gegebenen Zeit wird sich alles entscheiden.

Loading...
00:00 / 00:00
play_arrow
close
expand_more
Loading...
replay_10
skip_previous
play_arrow
skip_next
forward_10
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
explore
Neue "Stories" entdecken
Beta
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele