Kardinal Richelieu

Fieser Christoph Waltz gegen “Die drei Musketiere”

Kino
31.08.2011 16:11
In der filmischen 3D-Adaption des Dumas-Klassikers "Die drei Musketiere", Regie: Paul W. S. Anderson, brilliert Oscar-Preisträger Christoph Waltz als Kirchenfürst und mächtiger Stratege.

Man nehme: die Macht des Klerus, das Genie da Vincis, ein Collier von unschätzbarem Wert und eine Kriegslist, die es abzuwenden gilt. Soweit die Koordinaten von Regisseur Paul W. S. Andersons 3D-verbrämter Mantel-und-Degen-Adaption, die Alexandre Dumas' Abenteuerroman "Die drei Musketiere" als rasantes Historienspektakel für die junge iPod-Generation - mit hochkarätiger Besetzung - neu erstehen lässt.

"Mission: Impossible" für Musketiere
Eine Art "Mission: Impossible" für Musketiere also, dem Charme der literarischen Vorlage verhaftet, nicht aber dem Anspruch auf absolute Ernsthaftigkeit und zudem mit kühnen Abweichungen vom Original versehen - wie etwa ein investigativer Ausflug in die Serenissima Venedig oder ein den Louvre und die Kathedrale Notre-Dame gefährdendes Luftschiff, das ein himmlisches Fiasko über den Dächern von Paris bewirkt. Ein inszenatorischer Schachzug, der ein belesenes Kinopublikum in der Tat etwas irritieren könnte. Doch sei's drum, die 3D-Version des Dumas-Klassikers weiß raffiniert zu fesseln.

In der Tat sind die Musketiere Porthos, Athos und Aramis in bella Venezia einem Da-Vinci-Code der besonderen Art auf der Spur, suchen sie doch nach den Plänen des genialen Visionärs für eine gigantische Kriegsmaschine. Kaum fündig geworden, werden sie von der intriganten und schönen M'lady de Winter - Milla Jovovich - verraten, die ihrerseits mit dem englischen Kanzler und Herzog von Buckingham - Orlando Bloom - und dem machtgierigen Kardinal Richelieu - Christoph Waltz - weiblich-raffiniert packelt.

Mads Mikkelsen als fieser Rochefort
Seit 2009 ist die talentierte Powerfrau mit Regisseur Anderson verheiratet. So wusste Jovovich schon als dessen "Resident Evil"-Heroine zu überzeugen. Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen ("Casino Royale") wiederum besticht als abgrundtief fieser Rochefort. Herrlich draufgängerisch und hitzköpfig der junge D'Artagnan, der von Logan Lerman gespielt wird.

Waltz als intriganter Richelieu
Doch es ist vor allem der intrigante Geist Richelieus, dessen strategische Scharmützel sich wie ein kardinalsroter Faden durch diese filmische Adaption ziehen. Oscar-Preisträger Christoph Waltz gibt den sinistren klerikalen Charismatiker mit sichtlichem Vergnügen, stets hervorstechend in seinem flammend roten Ornat, das ihn zudem süperb kleidet. Ob in NS-Uniform, wie in "Inglourious Basterds", oder nun in kirchliche Gewänder gehüllt - Christoph Waltz ist ein Magier des wahrhaftigen Rollenspiels, dem er sich ganz ausliefert, ohne sich selbst zu verleugnen.

Wer ihn ob der Wahl seiner Parts - zuletzt war Waltz in "The Green Hornet" zu sehen, demnächst brilliert er in Roman Polanskis dialoglastigem Psycho-Duell "Der Gott des Gemetzels" - zum Bösewicht der Stunde machen will, wird kühl, aber bestimmt darauf hingewiesen, dass die dunklen, sinistren Charaktere eben so viel spannender seien als die glatten, wohl gescheitelten.

Waltz: "Richelieu war ein brillanter Stratege"
Waltz über Kardinal Richelieus fesselnde Persönlichkeit: "Richelieu besaß mehr Macht als jeder andere in Frankreich. Er war ein brillanter Stratege. Allein das Wort Kirchenfürst impliziert ja schon den damit verbundenen Einfluss. An einer Stelle im Film 'Die drei Musketiere' sagt er sogar: 'Ich bin Frankreich!' Seine Gigantomanie fußt in der Tatsache, dass er nie um Macht kämpfen musste. Er hatte sie inne, sie war sein Instrument."

Obschon sich Waltz in mehrere Biographien über Richelieu vertieft hatte, bewies der Oscar-Preisträger erneut Mut zur Freiheit der Interpretation. Waltz: "Am Ende habe ich nicht den historischen Kardinal gespielt, sondern meinen ganz persönlichen Richelieu!" Das Ausloten des Aphrodisiakums Macht und die Lust am feinen Despotismus, der er als cholerischer Zirkuszampano in "Wasser für die Elefanten" gefrönt hatte, sind für ihn gestalterische Möglichkeiten seiner darstellerischen Vielgesichtigkeit. Christoph Waltz beherrscht den Pendelschlag der Dämonie zwischen ummantelter Niedertracht und eleganter Heimtücke perfekt.

Atemberaubend die Kulissen für diese Produktion. Gedreht wurde in den schönsten Schlössern und Städten Bayerns, wie in Bamberg, der Würzburger Residenz, der Burganlage Burghausen, der Festung Marienberg, Schloss Schleißheim oder im Neuen Schloss auf Herrenchiemsee, wo zuletzt nur Luchino Visconti für "Ludwig II." (1972) eine Dreherlaubnis bekommen hatte. Architektonischer Glanz also und eine exzellente räumliche Tiefe, die uns in das Frankreich des 17. Jahrhunderts hineinversetzen sollen - was für landeskundige Zuschauer mit so manchem Déjà-vu verbunden sein dürfte.

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