Microsoft greift an

Windows Phone 8: Der Smartphone-Underdog im Test

Elektronik
02.11.2012 11:49
Nicht für alle, sondern jeden Einzelnen von uns will Microsoft sein neues Windows Phone 8 entwickelt haben. "Persönlich" lautet das Schlagwort, mit dem der Konzern zwei Jahre nach dem Start seiner mobilen Plattform den Smartphone-Bereich von hinten aufrollen möchte. Die Chancen dafür stehen besser denn je, wie krone.at anhand des neuen Windows Phone 8X von HTC (Bild) feststellen konnte.

"The world’s most personal smartphone operating system" soll es sein, Microsofts Windows Phone 8. Und so unrecht hat der Konzern damit nicht: Während bei Apple und Google nach wie vor statische Icons die Bildschirme der diversen Geräte dominieren, wirken Microsofts Kacheln frisch, ja geradezu lebendig. Die sogenannten Live Tiles zeigen auch unter Windows Phone 8 in Echtzeit an, was sich gerade tut, ohne dass man dafür die jeweilige App öffnen müsste: Eintrudelnde SMS, Mails, Kalendereinträge – alles ist auf einen Blick sichtbar, während Fotos von Freunden oder einem selbst fortwährend auf den Kacheln der Kontakte- und Foto-App durchlaufen und dem Startbildschirm so fast im Sekundentakt ein neues Aussehen verleihen, das dabei jedoch stets einzigartig bleibt.

Noch informativer dank Mini-Kacheln und Sperrbildschirm-Apps
Dank eines neuen, dritten Kachel-Formats lässt sich der Startscreen nun sogar noch besser den eigenen Vorlieben anpassen. Praktischer Vorteil dieser Mini-Kacheln: Es passen mehr Anwendungen und somit Informationen auf den Bildschirm. Microsoft geht mit Windows Phone 8 jedoch noch einen Schritt weiter und möchte seine Nutzer bereits einen Schritt zuvor, nämlich über den Sperrbildschirm, informieren. Dazu kann in den Einstellungen festgelegt werden, von welchen Anwendungen Neuigkeiten abgerufen werden sollen. Neue Nachrichten, verpasste Telefonanrufe, Kalendereinträge oder Bilder aus Facebook, das diese neue Funktion mit seiner App bereits unterstützt, wandern so auf den Sperrbildschirm.

Ungestört unterhalten in virtuellen Räumen
Noch persönlicher wird es in den sogenannten Räumen. Diese stellen eine geschlossene Umgebung dar, in der Nutzer untereinander via Chat kommunizieren sowie Fotos, Notizen und Kalendereinträge miteinander teilen können, was zum Beispiel für Familien interessant sein dürfte, die ihre Termine aufeinander abstimmen müssen, noch die zu erledigenden Einkäufe abzuklären haben oder Bilder des letzten gemeinsamen Urlaubs austauschen wollen. Ebenfalls clever: Mit einem Tastendruck wird der aktuelle Standort mit den Mitgliedern eines Raumes geteilt, falls man sich etwa spontan unterwegs treffen möchte. Den Räumen können übrigens auch Nutzer von Windows Phone 7, Android oder iPhone hinzugefügt werden – an gemeinsamen Gruppenchats können sie allerdings nicht teilnehmen. Zumindest im Test mit einem Windows-Phone-7-Gerät funktionierte dies nach gewissen Einstellungsvorarbeiten problemlos.

Gefahrlose Umgebung für die Kleinsten: die Kinderecke
Ebenfalls neu unter Windows Phone 8 und ausschließlich für Eltern konzipiert ist die sogenannte Kinderecke. Sie soll verhindern, dass Kinder beim Spielen mit dem Smartphone auf sensible Daten der Eltern, beispielsweise Mails, zugreifen und diese etwa versehentlich löschen. Zu diesem Zweck lässt sich mit wenigen Klicks innerhalb des Systems ein passwortgeschützter Bereich einrichten, dem dann bestimmte Apps zugewiesen werden können, mit denen die Kleinsten gefahrlos spielen können.

Data Sense? Vorerst leider nein
Auf eine dritte große Neuerung unter Windows Phone 8 muss hierzulande vorerst hingegen verzichtet werden: Data Sense. Bei seiner Pressekonferenz am Montagabend in San Francisco (siehe Infobox) hatte Microsoft die Funktion als wichtiges Tool sowohl zur Überwachung als auch zur Reduktion des eigenen Datenverbrauchs angekündigt. Dafür würden, so Microsoft, mit dem Internet Explorer abgerufene Websites zuvor serverseitig komprimiert, wodurch das Abrufen letztlich weniger Datenverbauch nach sich ziehe. Auf seiner Website schreibt der Konzern jedoch, dass die Funktion nicht von jedem Mobilfunkanbieter unterstützt wird. Auf dem von T-Mobile zur Verfügung gestellten Testgerät fehlte Data Sense jedenfalls – "aufgrund technischer Anforderungen, die derzeit nicht umgesetzt werden können", wie der Provider auf Rückfrage gegenüber krone.at erklärte. "Vorerst" werde Data Sense daher nicht eingeführt.

Digitale Brieftasche und andere Neuerungen
Bereits verfügbar ist indes eine neue Anwendung namens "Brieftasche": In ihr lassen sich, geschützt durch einen PIN, Informationen zu Kredit-, Bank-, Kunden- oder Mitgliedskarten digital speichern, um damit etwa mittels des neuerdings unterstützten Übertragungsstandards NFC bargeldlos per Handy zu bezahlen. Ob es ratsam ist, derart sensible Informationen auf dem Smartphone zu speichern, sei dahingestellt, die Verbreitung von NFC in Österreich lässt derweil aber ohnehin noch zu wünschen übrig.

Schon praktischer sind da vorerst Neuerungen wie die anpassbare Textgröße, die direkte Einbindung von Foto-Apps ins Menü der Kamera und natürlich die tief integrierte Anbindung an Microsofts eigenen Cloud-Dienst SkyDrive. Die virtuelle Festplatte speichert kostenlos bis zu sieben Gigabyte an Daten (Fotos, Videos, Dokumente) und dies im Gegensatz zur Konkurrenz sogar zeitlich unbegrenzt.

Direkter Draht zur Datenwolke
Auf Wunsch können so Aufnahmen, mittels Office erstellte Word-Dokumente oder beispielsweise Internet-Favoriten unmittelbar nach dem Speichern auf dem Smartphone hochgeladen und auf verschiedenen Geräten synchronisiert werden. Wie praktisch das ist, wird am ehesten mit Microsofts Windows 8 deutlich, das ebenfalls über eine starke SkyDrive-Anbindung verfügt und noch dazu neuerdings mit Windows Phone 8 denselben Kernel teilt. Für den Nutzer erleichtert dies nicht nur die Bedienung, sind die Oberflächen doch nun praktisch ident; er profitiert zudem von einem gesteigerten App-Angebot. Über 120.000 zertifizierte und somit auf Malware überprüfte Anwendungen stehen laut Microsoft im eigenen Store inzwischen zur Verfügung, täglich würden es Hunderte mehr. Der Vorteil: Viele von ihnen lassen sich nun gleichermaßen auf Windows Phone 8 und Windows 8 nutzen.

Das wird auch an Microsofts Xbox Music deutlich: Wer den neuen Musikstreamingdienst für zehn Euro im Monat abonniert, kann sämtliche auf seinem Rechner gespeicherten MP3s über die Cloud abgleichen lassen. Sofern im 30 Millionen Songs zählenden Katalog des iTunes-Konkurrenten vorhanden, lassen sich die Songs dann über das Windows-Phone-8-Gerät streamen, ohne dass dafür vom Smartphone-Speicher Gebrauch gemacht werden müsste.

Neue Hardware
Die beste Software taugt allerdings nichts ohne entsprechende Hardware – und gerade in diesem Punkt hatte Microsoft starken Nachholbedarf. Windows Phone 8 unterstützt daher nun nicht nur erstmals leistungsstärkere Mehrkernprozessoren, hochauflösende Displays (720p), Micro-SD-Karten oder NFC, sondern kann zum Start auch gleich eine Handvoll Geräte aufweisen, die mit dem mobilen Betriebssystem laufen.

Eines der ersten in Österreich erhältlichen Geräte ist das Windows Phone 8X von HTC. Ausgestattet mit einem 4,3 Zoll großen HD-Display (1.280 x 720), Qualcomms 1,5 GHz starken Dual-Core-Prozessor S4, einem Gigabyte RAM und 16 Gigabyte internem Speicher sowie einer schnellen 8-Megapixel-Kamera auf der Rückseite und einer 2,1-Megapixel-Kamera samt Ultraweitwinkelobjektiv an der Front, stellt es bisherige Windows-Phone-7-Geräte leistungstechnisch in den Schatten. Der Touchscreen des HTC reagiert prompt, Anwendungen, allen voran der neue Internet Explorer 10, starten unverzüglich.

Der Fairness halber sei allerdings erwähnt, dass Windows Phone 7 selbst auf schwächeren Geräten mit Single-Core-Prozessor und 512 Megabyte RAM bereits äußerst flüssig lief.

Besonders gut gefällt die Bauweise des HTC: Trotz seiner Displaygröße und Abmessungen von 122 x 68 x 10 Millimetern wiegt das Smartphone im sauber verarbeiteten Unibody-Gehäuse aus Polycarbonat samt kratzfesten Gorilla Glass nur 130 Gramm. Lobenswert ist auch der integrierte Lautsprecher, welcher dank zusätzlichem Verstärkerchip und digitaler Unterstützung durch Beats Audio Technologie für erstaunltunden Schluss, hält bei normaler Nutzung aber locker doppelt so lange und rettet Nutzer somit problemlos über ein bis zwei Tage. Auffallend, wenn auch nicht störend: Die Rückseite wird schnell warm, was gerade jetzt im Winter jedoch kein Nachteil sein muss.

Fazit: Vor der Konkurrenz braucht sich Microsoft mit seinem Windows Phone 8 wahrlich nicht zu verstecken: Das mobile Betriebssystem überzeugt durch vielfältige Individualisierungsmöglichkeiten, eine intuitive Benutzeroberfläche, frisches Design und praktische Funktionen, allen voran die neuen Räume und die bereits bekannte SkyDrive-Anbindung. Einstige Schwächen wie das zu geringe App-Angebot und die niedrigen Hardware-Standards wurden weitgehend beseitigt, wenngleich es natürlich nach wie vor Platz nach oben gibt, sowohl was die Anzahl der Apps als auch der unterstützten Geräte anbelangt. Entscheidend für den Erfolg von Windows Phone 8 dürfte letzten Endes der Erfolg von Windows 8 sein: Mit steigender Popularität des Desktop-Betriebssystems dürfte auch die mobile Variante weitere Anhänger finden, zumal erst durch die Verwendung beider Plattformen sämtliche Vorzüge (Synchronisierung, idente Apps und Benutzeroberfläche) zum Vorschein kommen.

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