Mehr als Safari

Namibia - Wüstenrot und Himmelblau

Reisen & Urlaub
06.12.2017 10:21

Bäume, die nicht brennen, ein skurriles Gewächs mit österreichischen Wurzeln, das bis zu 2000 Jahre alt wird, Wüstenspinnen im Geschwindigkeitsrausch eines Ferraris, und Frauen, die sich selbst Hörner aufsetzen - Namibia steckt voller Überraschungen.

Namibia geizt nicht mit Reizen. Kaum lassen wir die Hauptstadt Windhoek hinter uns, zeigt sich Südwestafrika von der schönsten Seite - kontrastreiche Landschaften, Wildnis, endlose Weiten. Nicht einmal 2,5 Millionen Einwohner verteilen sich auf einem Gebiet, zehnmal so groß wie Österreich.

Da ist viel Platz für unberührte Natur. Abrupt endet die Asphaltstraße, wird zur Schotterpiste. "Jetzt ist Zeit für eine Ganzkörpermassage", scherzt Begleiter Franke. Die Reifen seines Busses mit dem Kennzeichen "Zebra 2" trommeln auf den festgeräderten Bodenwellen. Alles halb so wild. Die Vorfreude auf Begegnungen mit Löwe, Gepard & Co. federt das Rumpeln ab. Ein Schild mit 100 km/h Tempolimit lässt uns dagegen nur schmunzeln. Mehr als 80 geht nicht.

Sand in Sicht!
Nach sternenklarer Nacht in der Kulala Desert Lodge landen wir bei den atemberaubenden Dünen, die das Sossusvlei, eine riesige salzige Lehmsenke im Namib-Naukluft-Nationalpark, säumen. In der ältesten Wüste der Welt ragen sie an die 400 Meter empor - bis zum Horizont. In der Morgensonne erstrahlen die feinkörnigen Berge in zartem Braun über Orange bis zu kräftigem Rot. An deren Hängen verzaubert ein Spiel aus Licht und Schatten.

"Big Daddy", die mächtigste der Dünen, lassen wir sein. Wir stapfen lieber auf die Spitze von "Big Mama", stolze 285 Meter hoch. Eine Gratwanderung. Immer wieder versinken die Schuhe im feinen Sand. Ein paar beharrliche Schritte nach oben, und erneut eine Verschnaufpause samt Rundblick. Der Lohn der Anstrengung in der zunehmenden Hitze ist eine Aussicht, die ihresgleichen sucht. Ein Tipp für das eindrucksvolle Rendezvous: Zeitig aufstehen, dann ist man mit "Big Mama" ganz alleine.

Ob Schakal, Pavian, Kudu oder das Nationaltier, die Oryx-Antilope - sie sind entlang der Straße öfters zu erblicken als Autos. Nur weit und breit kein Wasser, höchstens als Fata Morgana. Von Flüssen zeugen monatelang nur Namensschilder. "Gott war wütend, als er diese Gegend schuf", besagt ein namibisches Sprichwort. Doch das Leben findet Wege.

Im dürren Boden warten genügsame Pflanzen geduldig auf den heiß ersehnten Regen. Wenige Tropfen reichen schon, und Namib, die Wüste, erblüht. Sogar Pantherschildkröten können es etliche Wochen im Untergrund aushalten, bis das segensreiche Elixier vom Himmel fällt. Eine andere Kuriosität der Natur ist die Ferrari-Spinne. Mit fast so vielen Umdrehungen wie die Räder des kultigen Sportwagens flüchtet sie bei Gefahr steil bergab vom Dünenkamm. Als unnachahmliche Überlebenskünstlerin gilt Welwitschia mirabilis. Der Methusalem unter den Gewächsen - 1859 entdeckt vom österreichischen Arzt und Botaniker Friedrich Welwitsch - überdauert Jahrhunderte.

Eine steife Brise weht uns entgegen, wo Wüste und Küste aufeinandertreffen. Im "Kühlschrank Namibias", wie Einheimische die Region bei Walvis Bay und Swakopmund am Atlantik nennen, übersteigen die Temperaturen selten 20 Grad. 12 Grad hat der fischreiche Ozean. Dort fühlen sich neben Petrijüngern, die via nationalem Radio die besten Fangstellen des Tages für Kabeljau & Co. erfahren, Pelikane und Flamingos wohl. Und Robben. Auf der Landspitze bei Cape Cross hat sich eine Kolonie angesiedelt, die auf 120.000 Exemplare geschätzt wird. Aus nächster Nähe lassen sie sich beobachten. Für empfindliche Nasen eine gewisse Herausforderung.

Auf der Suche nach einer siebenköpfigen Elefantenfamilie holpern wir im Spezialjeep durchs trockene Flussbett des Aba Huab. Master Regie, unser Guide, folgt ihren Spuren. Bald entdeckt er frische Abdrücke. Zuerst stoßen wir auf "Rosi", die Leitkuh, mit ihrem drei Wochen alten Baby. Der fast 100 Kilo schwere Kleine - noch ohne Namen - weicht seiner Mama nicht von der Seite. Dennoch lassen die zwei neugierige Menschen an sich heran.

In der Zeit zurück reisen wir in der zerklüfteten Felsenkulisse von Twyfelfontein. Vor 2000 bis 6000 Jahren in Sandstein geritzte Zeichnungen von Giraffen, Löwen, Nashörnern und Jägern faszinieren. Unweit des magischen UNESCO-Welterbes liegen zerstückelte Baumstämme herum, zum Heizen nicht geeignet, aber als fossile Attraktion. Vor 280 Millionen Jahren sind sie zu Gestein mutiert. Einblicke in ihre alte Kultur gewähren Dörfer der Damara und Himba. Die wechselvolle Geschichte des Landes spiegeln farbenfrohe Trachten der Herero-Frauen wider. Ihr Kopftuch imitiert Stierhörner. Rinder gelten als Symbol für Reichtum. Franke, selbst ein Herero, besitzt einige. Wie viele, verrät er nicht: "Du sagst ja auch nicht, wie viel Geld du auf dem Konto hast."

Ein Erlebnis für sich ist der Etosha Nationalpark, Namibias größter und einer der tierreichsten der Erde. Hotspots sind die Wasserstellen. Gleich neben der Fahrbahn hat es sich ein Löwenpärchen gemütlich gemacht. Nichts kann die beiden beeindrucken. Nur kurz hebt der König der Tiere seine Mähne, als Weckrufe aus unserem Wagen an sein Ohr dringen. Er ruht sich für die Jagd aus, die beginnt, sobald die Hitze sich gelegt hat. Ein echter "Klicksfall": Zu Besuch bei der AfriCat Foundation, bekommen wir im Okonjima-Reservat Geparden direkt vor die Linse.

Nach 3000 Kilometern im Safarimodus rollt unser Bus retour Richtung Windhoek, begleitet vom Klang der Wiener Philharmoniker, Neujahrskonzert 2008. Abwechselnd dirigieren Frankes Hände am Lenkrad mit. Im Stillen denke ich an eine Rückkehr nach Namibia - ein richtig guter Vorsatz für 2018!

Karl Grammer, Kronen Zeitung

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