"Komplizen"

A4-Flüchtlingsdrama: Drei weitere Festnahmen

Österreich
02.10.2017 20:45

Im Prozess gegen jene Schlepperbande, die für den Tod von 71 in einen Kühl-Lkw gesperrten Flüchtlingen verantwortlich gemacht wird, sind am Montag drei weitere Festnahmen bekannt geworden. Wie Richter Janos Jadi mitteilte, wird nun gegen drei mutmaßliche Komplizen der Bande ermittelt. Das Gericht im ungarischen Kecskemet will demnächst entscheiden, ob auch gegen sie Anklage erhoben wird.

Was den drei Beschuldigten zur Last gelegt wird, welche Rolle sie in der Bande hatten und was sie ausgesagt haben, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft war für eine Stellungnahme für am Montagabend nicht mehr erreichbar.

Hauptangeklagter: "Nr. 5 wichtigster Mann der Organisation"
Bei der Verhandlung am Vormittag kam es erneut zu gegenseitigen Schuldzuweisungen unter den Angeklagten. Hier tat sich vor allem der 30-jährige Hauptangeklagte Samsooryamal Lahoo hervor, der in der Anklage als Bandenchef geführt wird. Er schob dem 52-jährigen Fünftangeklagten Kassim H. die Schuld am Tod der 71 Migranten zu.

Der bulgarisch-libanesische Doppelstaatsbürger habe nicht nur die Fahrzeuge für die Schlepperfahrten im Jahr 2015 besorgt, sondern auch viele andere Dinge organisiert. Der 52-Jährige sei daher der "wichtigste Mann der Organisation" gewesen. Diese Aussage widerspricht der Version des Fünftangeklagten, der laut eigenen Angaben den bulgarischen Geheimdienst mit Informationen über die Schlepperfahrten versorgte und gemeinsam mit den Behörden die Bande aufdecken wollte.

Am Montag kam Richter Jadi auf Beweise zu sprechen, die im Zuge von Hausdurchsuchungen sichergestellt worden waren. Darunter waren Hefte mit Telefonnummern, Namen und Summen, die für einzelne Schlepperfahrten ausgezahlt worden waren. In der Budapester Wohnung des Hauptangeklagten habe man zudem internationale Zug- und Flugtickets gefunden, so Jadi laut der ungarischen Nachrichtenagentur MTI.

Die Bande soll für den Erstickungstod von 71 Flüchtlingen verantwortlich sein. Der Kühl-Lkw mit den Leichen wurde im August 2015 an der Autobahn bei Parndorf im Burgenland entdeckt. Die 71 Flüchtlinge, darunter auch vier Kinder, sind darin nach Angaben der Staatsanwaltschaft innerhalb von eineinhalb bis zwei Stunden noch auf ungarischem Staatsgebiet erstickt. Den elf Angeklagten - einer davon ist noch flüchtig - wird unter anderem qualifizierter Mord und Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen, es drohen hohe Haftstrafen.

Erscheinen von Zeugen unsicher, Zeitplan wackelt
Der ursprüngliche Zeitplan, den sich das Gericht in Kecskemet gesetzt hat, wird laut Einschätzung mehrerer Beobachter und auch einiger Verteidiger nicht halten. Mit einem Urteil wird es Ende dieses Jahres wohl nicht mehr zu rechnen sein, vielmehr im Frühjahr 2018, erklärt einer der Anwälte gegenüber krone.at. Er zeigt sich auch äußerst skeptisch, ob die für Ende Oktober geladenen Zeugen aus Bulgarien und Österreich tatsächlich im Gerichtssaal erscheinen werden. Bisher seien die Zeugenladungen nämlich unbeantwortet an den Absender zurückgeschickt worden.

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