Alles gestanden

Ehemaliger Vize-Konsul legt Geständnis ab

Österreich
18.01.2008 13:12
Überraschende Wende am vierten Verhandlungstag im Visa-Prozess: Der ehemalige Vize-Konsul an der Botschaft in Budapest hat am Freitag im Wiener Straflandesgericht ein umfassendes Geständnis abgelegt. Dass er bisher seine Verantwortung geleugnet habe, sei „Unsinn“ gewesen, sagte der 44-Jährige, der sich nunmehr des Amtsmissbrauchs, der Bandenbildung sowie der kriminellen Vereinigung schuldig bekannte.

Er räumte nicht nur ein, gegen entsprechende Bezahlung zahllose getürkte Visa-Anträge wissentlich unrechtmäßigerweise bewilligt zu haben. Darüber hinaus betonte der ehemalige Außenamtsmitarbeiter, die rechtswidrigen Vorgänge wären an seinem Arbeitsplatz mehr als nur ein „offenes Geheimnis“ gewesen: „Das habe nicht nur ich in den Fingern gehabt! Das hat jeder gesehen! Ich gehe davon aus, dass jeder an der Botschaft gewusst hat, dass das illegal war!“

Außenministerium unter Druck
Der 44-Jährige brachte mit seiner heutigen Aussage auch das Außenministerium gehörig unter Druck: Demnach ging in Budapest, wo er seit 1989 als Vize-Konsul beschäftigt war, so lange alles mit rechten Dingen zu, bis im Jänner 2001 der Belgrader Generalkonsul in die Konsularabteilung der ungarischen Metropole versetzt wurde. Dem Mann sei der Ruf vorausgeeilt, in Serbien schwunghaft mit Schengen-Visa gehandelt zu haben. Ein Belgrader Mitarbeiter habe ihn sogar telefonisch vor dem neuen Behördenleiter gewarnt, berichtete der Vize-Konsul: Einladungen einer gewissen Firma, auf die sich von diesem genehmigte Visa-Anträge stützten, wären inhaltlich unrichtig.

„Alle haben davon gewusst“
„Man hat gewusst, was da kommt“, meinte der Vize-Konsul über den im Sommer 2007 unerwartet verstorbenen Generalkonsul, der in der Anklageschrift als zentrale Gestalt der Visa-Affäre dargestellt wird. Es habe „Gerüchte und Voruntersuchungen“ gegeben, „auch das Außenministerium hat meines Wissens davon gewusst“. Dennoch sei der Generalkonsul für zwei Jahre - danach stand seine Pensionierung an - in die bis dahin als „sauber“ geltende Botschaft in Budapest versetzt worden.

Dienstbetrieb umgekrempelt
Dort habe er bereits nach zwei Wochen „den Dienstbetrieb umgestellt, wie er ihn in Belgrad gewohnt war“, so sein vormaliger Untergebener. Die Schalteröffnungszeiten wurden reduziert, persönliche Anhörungen von Visa-Werbern waren nicht mehr vorgesehen, wobei letzteres in Folge einer massiven Personalreduktion ohnehin nicht mehr zu bewältigen gewesen wäre: „Es war im Außenministerium klar, dass damit der Dienstbetrieb und die gesetzlichen Bestimmungen nicht mehr eingehalten werden konnten.“

Wenig später hätte der Generalkonsul unvollständige und inhaltlich unrichtige Visa-Anträge eines ihm aus Belgrad bekannten Unternehmers genehmigt, der eigens nach Ungarn gereist war, um ihm diese in einer prallvollen Aktentasche vorlegen zu können, erzählte der Vize-Konsul: „Wir mussten nur mehr die manipulativen Tätigkeiten vornehmen.“ Ihm sei völlig klar gewesen, dass er sich „an einem glatten Rechtsbruch“ beteiligte: „Ich hätte die Sache nach Wien melden sollen.“

„Entweder du machst es so, oder du bist weg!“
Auf die Frage, warum er das unterlassen habe, meinte der Mann, der Generalkonsul habe ihm beschieden: „Das geht dich nichts an! Das ist meine Angelegenheit! Entweder du machst es so, oder du bist weg!“ Sein Vorgesetzter sei bekannt dafür gewesen, nicht kooperative Mitarbeiter zu „entfernen“. Ein Kollege, der nicht gespurt habe, sei beispielsweise in der Verwaltungsabteilung gelandet.

Mit unehelichem Kind erpresst
Vor allem aber habe ihn der Generalkonsul mit seinem unehelichen Kind in der Hand gehabt, verriet der nach bekannt werden seiner Verfehlungen entlassene Vize-Konsul. Er war nicht nur Familienvater zweier acht bzw. zehn Jahre alten Kinder, sondern verdankt einer außerehelichen Liebschaft weiteren Nachwuchs. Dieses Kind ist mittlerweile neun Jahre alt. Der Generalkonsul habe ihm gedroht, er werde seiner Frau von diesem „Fehltritt“ Bericht erstatten, sagte der Vize-Konsul.

Also habe er sich vor allem um die fingierten Einladungen und Verpflichtungserklärungen eines burgenländischen Unternehmers gekümmert, der damit tausende Moldawier nach Österreich schleuste. Der Generalkonsul habe ihn mit den Worten „Schau auf dich, sei net so deppert!“ aufgefordert, für seine Dienste 500 Deutsche Mark pro Visum zu verlangen.

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