Eisiger "Westwind"

Krankenkassen: ÖVP-Landeskaiser gegen Kurz-Pläne

Österreich
05.12.2017 06:00

Wolfgang Sobotka ist seit einigen Tagen emsig unterwegs, um sich unentbehrlich für ÖVP-Chef Sebastian Kurz zu machen. Als Belohnung winkt für den Noch-Innenminister der Prestigejob des Nationalratspräsidenten. Sobotkas Aufgabe: die ÖVP-regierten Bundesländer ruhig zu halten. Bisher eher mit gemischtem Erfolg.

Aus dem Westen weht nämlich seit dem Wochenende schon der erste eisige Hauch gegen die Parteizentrale in Wien. Auslöser für den Unmut sind auf der sachpolitischen Ebene diverse Absichten der türkis-blauen Verhandlungsteams, das teilweise stark föderal organisierte System der Krankenkassen effizienter zu gestalten.

Das könnte in der konkreten Umsetzung bedeuten, dass die Kassen mit einer türkis-blauen Reform in mehreren Etappen unter einen Hut gebracht werden. In der Endstufe wäre dann alleine der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Krankenkassen zuständig.

Zentrale Prüfung der Finanzen ärgert Länder
Damit wäre etwa auch die Unfallversicherungsanstalt nicht mehr nötig, die Prüfung der Finanzen könnte zentral von Wien aus gesteuert werden - eine Regelung, die bei den bisher sehr autonom und machtbewusst handelnden Bundesländern auf strikte Ablehnung stößt.

Die von ÖVP-Landeshauptleuten regierten Länder Salzburg (Landeshauptmann Wilfried Haslauer), Tirol (Günther Platter) und Vorarlberg (Markus Wallner) haben dagegen schon seit einigen Tagen sehr intensiv in Wien lobbyiert - allerdings bisher eher diskret und auf parteifreundschaftlichen Ebenen. Unter anderem wegen dieses sich zusammenbrauenden Ärgers war Noch-Innenminister Sobotka als Vermittler in die Bundesländer geschickt worden.

Allerdings hat nun der schon öfter widerborstig auftretende Tiroler Arbeiterkammerchef Erwin Zangerl auch öffentlich seinen Unmut erklärt. Zangerl beklagt, dass mit der geplanten Neustrukturierung des Kassensystems die Länder "überhaupt keinen Einfluss mehr" hätten. Nach außen hin stellt der schwarze Tiroler Kämmerer den Protest als Sorge um die Patienten dar: "Es geht uns um Verantwortung für die Versicherten und unsere Mitglieder vor Ort."

Vom Tiroler Frust könnte Rupprechter profitieren
Hinter dieser Kritik an den möglichen Absichten einer künftigen ÖVP-FPÖ-Koalition verbergen sich allerdings noch ganz andere Motive. Den ÖVP-Politikern in den Bundesländern wird zunehmend bewusst, dass es Parteichef Kurz mit seinem Durchgriffsrecht ernst meint. Eine Tiroler Landesrätin beklagte am Montag offen, dass die Länder in die Koalitionsverhandlungen kaum eingebunden werden. Auch von Informationsdefiziten ist die Rede. Ein Nutznießer des Tiroler Frusts könnte Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter sein, der in der Regierung bleiben könnte, damit der Westen stillhält.

Kronen Zeitung

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