Tödliche Krawalle

Pakistan setzt Armee gegen Islamisten-Proteste ein

Ausland
26.11.2017 15:38

Nach gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen islamistischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Pakistan mit mindestens sieben Toten und 230 Verletzten haben sich die Proteste am Sonntag ausgeweitet. In den größten Städten des Landes versammelten sich Tausende weitere Demonstranten zur Blockade von Straßen, viele waren mit Stöcken bewaffnet, wie AFP-Reporter berichteten. Die Armee wurde eingeschaltet.

Polizei und Paramilitärs hatten am Samstag vergeblich versucht, einen seit Anfang November andauernden Sitzstreik von rund 2000 islamischen Hardlinern auf einer der Hauptverkehrsachsen in der Hauptstadt Islamabad aufzulösen. Die Sicherheitskräfte stießen auf heftigen Widerstand der Demonstranten, die Fahrzeuge anzündeten und Steine warfen.

Brücken und Straßen von Demonstranten blockiert
Die Protestbewegung erhielt am Sonntag weiteren Zulauf. Auf der belagerten Autobahnbrücke in Islamabad befanden sich am Nachmittag Tausende Demonstranten. In der Hafenstadt Karachi versammelten sich nach Angaben der Verkehrsbehörden rund 4800 Demonstranten, in Lahore blockierten schätzungsweise 3400 Hardliner wichtige Straßen.

Die wenig bekannte islamistische Gruppe Tehreek-i-Labaik Ya Rasool Allah Pakistan (TLYRAP) hatte Anfang November mit dem Sitzstreik in Islamabad begonnen. Damit protestierte sie gegen eine Abmilderung des Eids, den Kandidaten für Wahlen leisten müssen. Justizminister Zahid Hamid zog die Änderung wegen der Proteste rasch zurück, doch die Islamisten stuften das Vorhaben als Gotteslästerung ein - ein extrem heikler Vorwurf in Pakistan, der in dem Land schon mehrfach zu tödlicher Gewalt führte.

Demonstranten sind bereit, für ihre Sache zu sterben
"Es ist mir egal, ob meine Frau und mein Kind hungern, es ist mir egal, wenn sie verhungern, für mich zählt nichts mehr als die Ehre unseres Propheten", sagte Protestteilnehmer Riaz Shah aus Lahore. Ein Einwohner Islamabads, Maqbool Ahmed, sagte dagegen: "Es ist alles die Schuld dieser Religiösen und ihrer extremistischen Haltung."

Die Behörden hatten lange gezögert, gegen den Sitzstreik vorzugehen. Zur Begründung hieß es, es sei schwere Gewalt zu befürchten, da die Islamisten angekündigt hatten, für ihre Sache zu sterben. Das pakistanische Innenministerium erklärte am Samstagabend, die Regierung habe den Einsatz "von genügend Soldaten" bewilligt, um "Recht und Ordnung" wiederherzustellen. Die mächtige Armee zeigte sich zunächst zurückhaltend, am Sonntag gab es keine Anzeichen von gepanzerten Fahrzeugen oder Soldaten auf den Straßen.

Armeechef Qamar Javed Bajwa hatte am Samstag in einem Telefonat mit dem pakistanischen Regierungschef Shahid Khaqan Abbasi darauf gedrungen, "friedlich" mit der Situation umzugehen. Gewalt sei "nicht im nationalen Interesse", sagte er nach Angaben eines Sprechers. Für Verunsicherung in der Bevölkerung sorgte indes, dass private Fernsehsender und soziale Netzwerke im Internet blockiert wurden, was Fragen zum Stand der Proteste und der möglichen Reaktion der Sicherheitsbehörden aufwarf.

Kritik an zögerlicher Vorgangsweise der Regierung
Die wochenlange Untätigkeit der Regierung hinsichtlich der Proteste in Islamabad war auf scharfe Kritik gestoßen. Die Kritiker beklagten, die Regierung habe es durch ihre Untätigkeit ermöglicht, dass ein kleinerer Konflikt sich zu einer möglicherweise gefährlichen Situation entwickelt habe.

Die Krise kommt für die pakistanische Regierung zu einem heiklen Zeitpunkt. Erst vor wenigen Monaten war Regierungschef Nawaz Sharif wegen Korruptionsvorwürfen seines Amtes enthoben worden. Im kommenden Jahr stehen überdies Parlamentswahlen an.

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