Verbrenner am Ende?

Motor-Guru Indra spricht Klartext über E-Mobilität

Motor
27.01.2017 06:00

Zum Abschuss freigegeben: Befeuert vom VW-Skandal kritisieren Politiker in den USA und Europa den Verbrennungsmotor heftig, wollen ihn zum Auslaufmodell machen. Die Lösung sei die Elektromobilität - doch die Verkaufszahlen der E-Mobile verharren trotz zahlreicher Subventionen auf einem äußerst niedrigen Niveau. Der Wiener Professor Dr. Friedrich Indra, einst bei BMW Alpina, Audi, Opel und GM für die Motorenentwicklung zuständig und heute in Forschung und Lehre sowie als Berater tätig, ist sich sicher, dass die Verbrenner noch eine große Zukunft haben.

(Bild: kmm)

"Krone": Professor Indra, geht dem Verbrennungsmotor der Sprit aus?

Friedrich Indra: Nein. Auch jüngst wurden viele neue Motoren präsentiert; die Fortschritte sind nach wie vor sehr beachtlich, beim Otto- und beim Dieselmotor. Die Motoren werden bei immer mehr Leistung immer sparsamer. Den Ingenieuren gehen die Ideen nicht aus. Die finale Lösung sind neue CO2-neutrale synthetische Kraftstoffe. Diese benötigen für die Herstellung so viel CO2, wie dann im Betrieb wieder freigesetzt wird. Damit ist das Auto mit Verbrennungsmotor sauber.

Diese Erkenntnis scheint sich noch nicht bis in die Politik herumgesprochen zu haben. Die will den Verbrenner abschaffen.

So unglaublich das ist: Das ist inzwischen leider eine reale Gefahr. Dabei löst das Elektroauto kein einziges Umweltproblem und leistet keinen Beitrag zum Klimaschutz. Während die Politik es nicht verstehen will, ist die Autoindustrie offenbar nicht imstande, mit einer Sprache zu sprechen, obwohl man das Thema ganz einfach erklären kann. Warum kann die deutsche Industrie nicht tun, was Toyota vormacht? Dort sagt man klipp und klar: Wir machen nicht mit, weil man damit kein Geld verdienen kann, die Energiebilanz schlecht ist und eine baldige Lösung nicht in Sicht ist. Aber die deutsche Bundesregierung hat eben zur Förderung dieser Technik 13 Milliarden Euro unter die Auto- und Batteriehersteller gestreut, und ich habe oft den Eindruck, dass das eine Art Schweigegeld ist.

Das E-Auto gilt als CO2-frei. Ist das den Einsatz nicht wert?

Eine absurde These. Es gibt eine sehr gute Untersuchung von Professor Spicha, der zufolge bei einer CO2-Well-to-Wheel-Betrachtung das Elektroauto in Deutschland um den Faktor 1,6 schlechter ist als Verbrenner; in Österreich ist es immerhin nur um den Faktor 1,3 schlechter, weil wir viel Wasserkraft nutzen. In China hingegen ist es vier- bis fünfmal schlechter. Und wir reden hier über den Verbrauch und noch nicht einmal über die riesigen Energiemengen, die bei der Herstellung der Batterien benötigt werden und mit denen ein normales Auto etwa 30. 000 Kilometer weit käme. Und dazu kommt noch das Thema Recycling; niemand kann diese wertvollen Stoffe ausreichend recyceln.

Bewerten Sie die modernen Plug-in-Hybriden positiver?

Hier handelt es sich lediglich um den zweitgrößten Betrug an der Umwelt, weil man bei der Ermittlung des Verbrauchs einfach darauf verzichtet, den vorher getankten Strom mit einzubeziehen. Dabei kommen für Supersportwagen mit dieser Technik so perverse Werte wie 3,1 Liter Verbrauch pro 100 km heraus. Inzwischen werden diese Fahrzeuge auch zu den Elektroautos gezählt, obwohl sie auch einen Verbrennungsmotor an Bord haben. Damit glaubt sich die Politik weniger zu blamieren, weil die für 2020 anvisierten Ziele dann etwas weniger weit verfehlt werden. In manchen Ländern nimmt inzwischen der Markanteil von reinen Elektroautos schon wieder ab. Das wird auch bei den Plug-in-Hybriden passieren, wenn alle "Reichen" mit diesen Autos versorgt sind.

Bringt die Elektrifizierung denn im Motorsport Vorteile?

Gerade hier ist sie völlig fehl am Platz. Auf der Straße funktionieren die Lithium-Ionen-Akkus noch halbwegs, im Motorsport werden sie wegen der schnellen Be- und Entladung viel zu heiß und gehen dauernd kaputt. Die Entscheidung von Audi, in Le Mans nicht mehr dabei zu sein, dafür aber in der Formel E zu fahren, ist ein verheerendes Signal. Bei Audi hat sich offenbar noch nicht herumgesprochen, dass die Formel E in der Gesamtenergiebilanz deutlich schlechter ist als Rennfahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Die absolute Schwäche der Batterietechnik wird hier auch noch vorgezeigt, weil die Fahrer nach einer halben Stunde die Fahrzeuge wegen leerer Batterien wechseln müssen.

Warum dringen die Argumente nicht mehr durch?

Es gibt in Politik und Medien einen Hass gegen den Verbrenner, und der wird unheimlich geschürt durch das Volkswagen-Abgasthema. Dieser hochgespielte Skandal unterbindet jede sachliche Diskussion, und die Politik stellt sich gegenüber der Autoindustrie inzwischen auf den Standpunkt: Wir beschließen einfach, ihr setzt um. Die Industrie hat ein schlechtes Gewissen, auch wenn das völliger Unsinn ist, und so kommt es zu Zielvorgaben wie den 25 Prozent Elektro-Anteil in wenigen Jahren, in absehbarer Zukunft sogar 100 Prozent. Dieses Wunschdenken geht Hand in Hand mit Ablenkungsmanövern. Noch nie haben Industrie und Politik so irrational gehandelt. Wie das überhaupt wirtschaftlich funktionieren soll, wenn man keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr hat, mit denen man ja Geld verdienen kann, hat sich wohl noch kein Politiker überlegt.

Sind diese hohen Marktanteile überhaupt realistisch?

Es wäre in unserer freien Marktwirtschaft das erste Mal, dass ein Kunde ein Produkt kauft, das teurer ist und weniger kann als das, was er hat - und bei dem überdies die Hälfte des Wertes in der Batterie steckt. Nach acht Jahren ist das Auto ja nichts mehr wert. Was mir Hoffnung macht, ist die Erfahrung: Der Kunde entscheidet. Was mich aber an dem Gerede über die glorreiche Zukunft der E-Mobilität am meisten stört, ist die Verunsicherung der Studenten. An den Hochschulen wird das Fach Verbrennungskraftmaschinen kaum mehr belegt, weil wir ja - so glaubt man derzeit - ab 2030 sowieso alle elektrisch fahren. Dabei bräuchten wir weiterhin die besten Ingenieure für die sinnvolle Weiterentwicklung der Verbrennungsmotoren, denn denen gehört - zusammen mit CO2-neutralen Kraftstoffen - weiterhin die Zukunft.

Wie erklären Sie sich das Beharren der Chinesen auf der E-Mobilität?

Das funktioniert ja dort auch nur, weil - wie früher auch in Norwegen - Elektroautos massiv von der Regierung subventioniert werden. Das kann sich aber kein Land der Welt langfristig leisten. Dann wird sich das wieder nivellieren.

Könnte es passieren, dass mit dem neuen US Präsidenten die Karten neu gemischt werden?

Der neue US-Präsident, so sagt man, ist kein Freund der Elektromobilität.

Unabhängig davon - wie sollte Österreich mit dem Thema umgehen?

Österreich sollte nicht das kopieren, was schon in anderen Ländern wie z.B. Deutschland oder Norwegen nicht funktioniert hat. In Deutschland gibt es ja schon seit letztem Jahr eine Prämie von 4000 Euro beim Kauf eines Elektroautos. Das hat praktisch nichts bewirkt und auch in Norwegen geht der Marktanteil schon wieder zurück, nachdem die E-Autos nicht mehr auf den Busspuren fahren dürfen und die großzügigen finanziellen Förderungen zurückgefahren werden. Die Politik muss davon ausgehen, dass "Otto Normalverbraucher" nichts von dem hergeben will, was ihm sein heutiges Fahrzeug bietet.

Was sollte stattdessen passieren?

Sinnvoller wäre es, Fördergelder zum Beispiel in die Entwicklung synthetischer, CO2-neutraler Kraftstoffe zu stecken oder die Markteinführung neuer kraftstoffsparender Motorentechniken zu beschleunigen, die dann aufgrund hoher Stückzahlen einen großen Beitrag zur Reduktion des CO2 Ausstoßes leisten.

Als Zulieferant für viele Automobilfirmen sollte Österreich auch nicht das Fahrzeug an sich vergessen, das ja auch noch reichlich Potential besitzt, den Kraftstoffverbrauch und damit den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Ich denke da vor allem an Leichtbau und Aerodynamik.

Interview: Jens Meiners

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(Bild: kmm)



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