Skurrile Situationen

Als die Landesgrenze mitten durch das Haus verlief

Niederösterreich
03.08.2025 07:30

Mit einem Fuß in Nieder-, mit dem anderen in Oberösterreich – in Dorfstetten im Bezirk Melk steht eine uralte Familienschmiede mit echter Grenzerfahrung. 

Wer glaubt, dass Grenzen nur Bürokraten interessieren, war wohl noch nie bei den Haders im Waldviertel! Denn was wie ein beamteter Verwaltungswitz klingt, war für Schmiedemeister Primus Hader jahrzehntelange Alltagsrealität.

Seine Werkstatt in Dorfstetten im Bezirk Melk lag dereinst exakt mitten auf der Landesgrenze zwischen Nieder- und Oberösterreich. Und das ist kein Scherz, sondern Schmiedeeisen-harter Fakt.

Der alte Grenzstein existiert noch.
Der alte Grenzstein existiert noch.(Bild: Molnar Attila)

Föderales Festmahl
In der ehrwürdigen Hammerschmiede von 1839, wo einst glühendes Eisen geformt wurde und der Schweiß in Litern floss, pochte also nicht nur der Amboss, sondern auch das Herz zweier Bundesländer. „Wenn wir mittags gegessen haben, saß die linke Seite vom Tisch in Oberösterreich und die rechte in Niederösterreich“, erzählt Tochter Gertrude Hader lachend: „Ein föderales Festmahl, sozusagen.“

Aquarellkünstlerin Resi Haltrich hat die uralte Schmiede-Nostalgie als buntes Aquarell verewigt.
Aquarellkünstlerin Resi Haltrich hat die uralte Schmiede-Nostalgie als buntes Aquarell verewigt.(Bild: Molnar Attila)

Wer zwischen den Stühlen sitzt
Doch der Hausherr hatte durchaus Ambitionen, aus dieser geografischen Skurrilität „Kapital“ zu schlagen: Förderanträge links und rechts der Grenze – man weiß ja nie, wo es mehr gibt. Das Resultat? Ernüchterung auf beiden Seiten. Denn wie wir wissen: Wer zwischen den Stühlen sitzt, bekommt selten zwei Portionen. Der gute alte Meister blitzte ab wie die Funken in seiner Esse! Heute steht die traditionsreiche Schmiede still – zumindest was das pochende Hämmern der Ewigkeit betrifft. Und nach einer Grenzbereinigung ganz in Niederösterreich.

Doch die Zunftstätte lebt weiter – als Denkmal regionaler Handwerkskunst und an langen Abenden in familieninternen Grenz-Geschichten. Der namensgleiche Großvater Primus verabschiedete sich zu Neujahr 1971 in den ewigen Osten, sein Enkel – ebenfalls Primus, man bleibt in der Familie – schloss am 31. Dezember 2022 im Alter von 93 Jahren für immer den Ambossdeckel.

Bleibt nur zu sagen: In Dorfstetten weiß man nicht nur, wo der Hammer hängt – sondern auch, in welchem Bundesland. Oder eben in auch gleich beiden!

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