Hohe Gläubigeranzahl

Polzer-Pleite zieht immer größere Kreise

Salzburg
04.07.2016 20:02

Wird die Polzer-Pleite ein Fall für die Staatsanwaltschaft? Im Zuge des Konkursverfahrens tauchen immer mehr Ungereimtheiten auf, die Fragen aufwerfen. Fakt ist: Nach jetzigem Erkenntnisstand ist die Zahl der Gläubiger weit höher als bisher angenommen. War anfänglich noch von 53 Gläubigern die Rede, rechnet man zwischenzeitlich mit über 1000!

Was inzwischen auch klar ist: Die finanzielle Schieflage von "Polzer Travel und Ticketcenter" besteht nicht erst seit gestern. Zwar werden im jetzigen Konkursverfahren die Verbindlichkeiten mit 1,3 Millionen Euro beziffert, im Geschäftsbericht für 2014 werden aber noch Schulden in der Höhe von zwei Millionen Euro (!) aufgelistet (2013: 1,9 Mio. Euro). Wie und mit welchem Geld ein Teil der Schulden getilgt worden ist, kann und will man zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen. Unterdessen lässt man aber den Geschäftsbetrieb "Opernreisen.com", eine Marke der Polzer Travel- & Ticketcenter, im Internet weiter laufen. Hier wird im Hintergrund händeringend ein Käufer gesucht, der die bereits gebuchten Reisen abwickelt, wie Insolvenzverwalter Dr. Helmut Hüttinger der "Krone" bestätigt.

Wie konnte es so weit kommen?
Erste Hotels haben die Buchungen aber sicherheitshalber bereits storniert, wie die "Krone" auf Nachfrage erfährt. "Hier gibt es aber, anders als bei den Ticketverkäufen, eine Bankgarantie", erklärt Hüttinger, was im Klartext bedeutet, dass im schlimmsten Fall "nur" die Reise ausfällt, das Geld aber zurückerstattet wird. Für diejenigen Polzer-Kunden, die allerdings Tickets, etwa für die Festspiele, direkt erworben haben, sieht es derzeit nicht gut aus. Viele fragen sich jetzt natürlich: Wie konnte es überhaupt soweit kommen? Die Chronologie der Ereignisse enthüllt das ganze Ausmaß.

24. Juli 2015: Der Jahresabschluss 2014 wird eingereicht. Die Verbindlichkeiten werden darin mit rund zwei Millionen Euro beziffert, wovon mindestens 600.000 Euro nicht gedeckt sind. Die Zahlen sind alles andere als berauschend. Dass es hier noch keine Konsequenzen gab, lag daran, dass man 94.000 Euro als positives Kapital in Form von Gesellschafter-Zuschüssen ausgewiesen hat, also privates Vermögen als Sicherheit anführte.

1. November 2015: Polzer hat als größter privater Kunde der Festspiele - mit einem jährlichen Kartenabsatz von rund einer Mio. Euro - wie jedes Jahr seine verbindliche Kartenbestellung abgegeben.Wenige einzelne Karten werden schon vorab ausgeliefert, der Großteil soll dann nach Abgabe einer Bankgarantie Ende Mai übermittelt werden.

15. Mai 2016: Der Stichtag für die Bankgarantie. Die lässt aber auf sich warten. Zu diesem Zeitpunkt wurden schon Hunderte Tickets bei Polzer bestellt und bezahlt.

20. Mai 2016: Gesprächstermin zwischen Polzer und den Festspielen: Geschäftsführer Wilhelm Prommegger eröffnet der Festspiel-Präsidentin Dr. Helga Rabl-Stadler, dass er heuer erstmals keine Bankgarantie stellen kann und schlägt stattdessen eine Ratenzahlung vor. Außerdem bot er ihr den den Kauf seiner 140.000 Kundendaten an. Heikel: In den Geschäftsbedingungen von Polzer steht aber explizit, dass die für den Ticket-Kauf benötigten Kundendaten ausschließlich für die Abwicklung verwendet werden. Die Festspiele lehnen das Angebot daher ab. Anschließend beauftragt die Präsidentin den Anwalt Dr. Karl-Ludwig Vavrovsky, die Situation von Polzer zu überprüfen.

10. Juni 2016: Erste Kunden suchen das Ticketbüro im Residenzplatz 3 auf und wollen ihre bezahlten Karten abholen. Sie werden vertröstet. Es gäbe Probleme mit der Auslieferung.

14. Juni 2016: Bei Gericht geht ein Antrag auf Namensänderung des Unternehmens ein. Aus "Polzer Travel und Ticketcenter GmbH" wird die "Travel und Ticketcenter GmbH". Aus dem Umfeld des Unternehmens heißt es, dass der Geschäftsführer den Ticketbetrieb zum Jahresende offiziell einstellen will, um sich voll auf den Geschäftsbereich Reisen zu konzentrieren, der im Netz unter "Opernreisen.com" läuft. Weitere Ableger sind in Planung.

22. Juni 2016: Gesprächstermin in der Kanzlei von Dr. Vavrovsky: Der Anwalt rät den Festspielen dringend, die Geschäftsbeziehung zu Polzer unverzüglich zu beenden, um finanzielle Schäden abzuwenden. Grundlage ist auch der Geschäftsbericht 2014. In diesem Gespräch fällt erstmals das Wort Insolvenz.

29. Juni 2016: Der Insolvenzantrag wird bei Gericht eingereicht und die Pleite öffentlich. Seit den Morgenstunden hängt ein Geschlossen-Schild vor dem Geschäft am Residenzplatz, die Polzer-Homepage ist außer Betrieb, das Konkursverfahren wird eröffnet.

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