Spaß an der Freud‘

BMW M2: Zwischen Autobahn und Ringerlfahr‘n

Motor
06.06.2016 19:27

Naheliegender Gedanke: mit dem BMW M2 erst einmal auf die bayrische Autobahn, um es ungestraft laufen zu lassen und anderen den feisten Hintern zu zeigen. Mit 370 PS und (mit Overboost) 500 Nm hat mich bis München keiner überholt, außer in den teilweise recht ausgedehnten Tempolimit-Zonen. Aber das ist nur der halbe Spaß mit Münchens Preis-/Leistungssieger in Sachen Fahrspaß.

Es braucht nicht einmal die Lichthupe. Wenn der kleine Bruder des BMW M4 im Rückspiegel auftaucht, weiß man, jetzt geht's schnell. Riesige Lufteinlässe, zusammengekniffene Augen, wenn der Vordermann das M2-Emblem erkennt, ist man zu nah aufgefahren (nicht erst, wenn er es nicht mehr sieht).

Dann wieder voll aufs Gas, maximal sind echte 262 km/h drin (Tacho 265 km/h), man nimmt's mit der 250-km/h-Abregelung nicht so genau. Wie auf Schienen läuft der M2, sein Dreiliter-Sechszylinder dreht bis über 7000 Touren, während beim Fahrer knapp über Ruhepuls anliegt. Das Fahrwerk stammt vom M4, deshalb ist der M2 auch so breit, vorne 55 mm, hinten 80 mm breiter im Vergleich mit den zivilen Genossen, die wuchtigen Backen sind nicht nur Show.

Vertrauen erweckend und bestätigend ist auch die Compound-Bremsanlage, deren einziger "Fehler" darin besteht, dass sich ihre blaue Lackierung mit dem "Long Beach Blau Metallic" der Karosserie schlägt. Am Rande bemerkt: Viel mehr ist auch ansonsten nicht zu bemängeln.

Es wird gern provozierend die Frage gestellt, wofür braucht man so schnelle Autos, man kann sie ja eh nicht ausfahren, schon gar nicht in Österreich. Die Antwort ist einfach: Ums Ausfahren geht es nicht. Dahinrasen ist auf Dauer nicht lustig. Der wahre Spaß beginnt da, wo es kurvig wird. Da, wo der M2 spielen kann. Gas, Bremse, am Punkt einlenken, Lenkung öffnen, Gas dosieren, das intelligente Sperrdifferenzial arbeitet und walzt die Kraft über die 265er-19-Zöller in den Asphalt. Traktionsprobleme, ja, die gab's beim Vorgänger mit dem sperrigen Namen 1er M Coupé. Serie ist das manuelle Sechsganggetriebe, im Testwagen schalte ich mit dem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe um gut 3000 Euro (bzw. lasse schalten). Da ist dann der 100er-Sprint in 4,3 Sekunden dank Launch Control reine Formsache.

Im Unterschied zum Teilespender M4 sind die Dämpfer hier nicht adaptiv ausgelegt (auch nicht gegen Aufpreis). Die Funktion fehlt mir aber auch nicht, das M-Fahrwerk kann, was es muss, ohne wirklich brachial zu sein. Der "Fahrerlebnisschalter" (ich nenne ihn eher "Eskalationsstufenwahlschalter") kommt trotzdem zum Einsatz, er schärft Lenkung, Ansprechverhalten und Sound. Der M2 hat einen Klappenauspuff, der mit den Noten, die ich per Gaspedal spiele, feine Kompositionen zaubert. So muss ein BMW klingen, den Sound erkennt man im Blindvergleich gegen jede andere Marke. Danke, dass ihr noch nicht auf Vierzylinder downsizet!

Ein bisschen was von BMW M3/M4 steckt auch im Motor. Der wird auch in anderen Baureihen verwendet (siehe auch im BMW M235i, dort mit 326 PS), hat aber für den ernsthaften Einsatz die Kolben, Kurbelwellenlagerschalen und Zündkerzen übernommen. Statt des Doppelturboladers beatmet aber nur einer mit TwinScroll-Technik, daher das etwas schwächere Ansprechverhalten und 370 statt 431 PS. Das Drehmoment ist mächtig: 465 Nm gibt es grundsätzlich maximal von 1400 bis 5560/min. Auch Kühlung und Ölversorgung wurden darauf ausgelegt, dass der kleine Freudenspender rennstreckentauglich ist. Apropos: BMW gibt eine Nordschleifenzeit von 7:58 min. an.

Der Innenraum des BMW M2 ist nicht so kompromisslos wir seinerzeit im 1er M Coupé mit den extremeren Sitzen und der Alcantara-Landschaft, auch dessen Sound war brachialer. Aber man erkennt trotzdem gleich, wo man drin sitzt. Herrliche Blenden aus offenporigem Carbon sind Serie, die Sitze geben genug Halt und fahrerorientiert ist die Bedienung in einem BMW grundsätzlich. Die Rundinstrumente sind ein Muster an Übersichtlichkeit, wenn auch tagsüber (zumal mit Sonnenbrille) wegen leichter Kontrastarmut teilweise schwer abzulesen.

Ab 65.450 Euro ist der BMW M2 zu haben, rund 10.000 Euro sollte man inklusive Doppelkupplungsgetriebe noch für Extras rechnen. Und, na ja, wer annähernd so verspielt ist wie das Auto, sollte noch ein bissl was für Organmandate zurücklegen. Nicht nur wegen eventueller Tempolimitüberschreitungen, sondern weil es so viel Spaß macht, mit rauchenden Reifen Ringerl zu ziehen. Warnung am Rande: Parkplätze von Einkaufszentren, die auch am Wochenende zugänglich sind, gelten als öffentlicher Verkehrsgrund. Spuren Malen ist verboten und kostet - je nach Verhandlungsgeschick rund 30 Euro. Sagen Sie jetzt nicht, das ist Ihnen der Spaß wert...

Warum?

  • Sechszylinder, Heckantrieb, 370 PS
  • Mit 1,5 Tonnen Leergewicht (ohne Fahrer) der leichte Spaßbruder der M-Familie

Warum nicht?

  • Für M-Verhältnisse günstig, aber ein Ford Focus RS kostet 20.000 Euro weniger. Und sogar der A 45 AMG liegt 7000 Euro drunter.

Oder vielleicht …

... Mercedes-AMG A 45, Audi RS3, Ford Focus RS - mit Heckantrieb ist der BMW M2 aber konkurrenzlos.

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(Bild: KMM)
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