Spielfeld

Das große Warten an der Grenze

Steiermark
22.09.2015 17:12
Ein Lokalaugenschein an der steirisch-slowenischen Grenze: Sowohl bei Helfern, als auch bei den Flüchtlingen dominiert in der Versorgungsstelle Spielfeld das große Warten. Die "Steirerkrone" hat sich am Dienstag mit Verantwortlichen der wichtigsten Organisationen gesprochen (Polizei, Rotes Kreuz, Bundesheer) - und auch Personen getroffen, die schon eine lange Reise hinter sich haben.

Uniformierte, wohin man blickt. Schon nahe der Autobahnabfahrt Spielfeld haben sich die ersten Soldaten positioniert, inmitten des Kreisverkehrs. "Damit kein Flüchtling auf die Autobahn spaziert", erklärt Christian Fiedler vom Militärkommando Steiermark. Vor dem Eingangskorridor zur Versorgungsstelle an der steirisch-slowenischen Grenze das nächste Militär. "In direkten Kontakt mit den Flüchtlingen kommen nur unsere Berufssoldaten", sagt Fiedler. Die hätten aufgrund ihrer Auslandseinsätze genügend Erfahrung mit der Materie.

71 Flüchtlinge sind in der Nacht auf Dienstag in Spielfeld angekommen, eine überschaubare Menge, die sich auf dem weiten Areal eigentlich gänzlich verläuft. Hier zehn bei der Essensausgabe, da fünf auf der Bank. Im Hintergrund Frau und Kind, die vor einem der vielen Dixie-Klos stehen.

"Wann kommt der Bus?", wollen ein paar Männer vom Einsatzleiter der Polizei, an diesem Tag Klaus Rexeis, wissen. "In ein paar Stunden, ihr müsst noch Geduld haben. Es sind noch zu wenige hier, um einen ganzen Bus zu füllen", erklärt dieser in gutem Englisch.

Das Rote Kreuz hat in der Vorwoche rasch die Versorgungsstelle mit fast 40 Zelten (darunter sogar ein Stillzelt) aufgebaut. Wann es hier eine viel stärkere Auslastung geben wird, kann niemand sagen: "Die Lage wird Tag für Tag neu koordiniert", weiß Fiedler. "Wir sind auf alles vorbereitet."

Major Klaus Rexeis, polizeilicher Einsatzleiter:
"Ich bin seit Sonntag durchgehend im Einsatz, die aktuelle Situation ist für mich – wie auch für alle Kollegen – eine Herausforderung. Letztendlich ist es eine große Herausforderung für die ganze Welt. Viele Flüchtlinge tun einem leid, vor allem die Kinder. Beim Grenzübertritt werden sie von meinen Leuten erst einmal freundlich begrüßt und ihnen wird erklärt, wer wir sind und wofür wir zuständig sind. Wenn die Flüchtlinge begreifen, dass sie hier erst einmal nichts zu befürchten haben, spürt man, wie die Anspannung von ihnen abfällt. Bislang läuft alles recht geordnet ab."

Oberst Christian Fiedler vom Militärkommando Steiermark:
"Bis jetzt hat es noch keine nennenswerte Probleme gegeben, Ausschreitungen bleiben aus. Wir arbeiten in genau geregelten Schicht- beziehungsweise Bereitschaftsdiensten. In direkten Kontakt mit Flüchtlingen kommen nur unsere Berufssoldaten, die Grundwehrdiener haben unter anderem die Versorgungsaufgaben über. Ungewöhnlich ist für uns, dass viele Interviewanfragen von internationalen Medien kommen."

Klaus Steinwender, Rotkreuz-Bezirksrettungskommandant von Leibnitz:
"Das hier ist eigentlich ein großer Busbahnhof mit Essensausgabe. Es läuft ganz gut, wir müssen aber recht viel improvisieren. Wann wie viele Flüchtlinge kommen, ist nicht klar. Wir brauchen aber stets ein Depot an Lebensmitteln. Die Versorgung, die Logistik, die vielen Helfer – eine Herausforderung. Mein Telefon läutet ständig. Entscheidend ist auch das Wetter. Bisher hatten wir Glück."

Hassan (25), Flüchtling aus dem Irak:
"Mein Bruder und ich wollen nach Finnland. Dort leben mein Vater und mein zweiter Bruder. Wir sind seit 21 Tagen unterwegs und haben schon alle Verkehrsmittel benutzt. Wir sind mit dem Flugzeug in die Türkei geflogen, von dort mit dem Boot nach Lesbos gefahren. Später ging es mit dem Taxi, Bus und zu Fuß über Mazedonien und Serbien nach Ungarn, dort wurden wir wieder nach Serbien zurückgeschickt. Über Kroatien und Slowenien kamen wir schließlich hierher."

Marlon Bünck (re.), Fotograf aus Berlin:
"Mit Tom aus Holland und Diego aus den USA begleite ich seit eineinhalb Wochen eine syrische Familie durch mehrere Länder. Wir sind mit ihnen zu Fuß gegangen, mit einem Flüchtlingsbus mitgefahren und haben im Wald geschlafen. Nun sind wir körperlich am Ende. In Horgos wurde Tom sogar von ungarischen Polizisten verprügelt. Wir waren immer an den Orten, wo es gerade besonders spannend war. Am schlimmsten ist die Versorgung in Serbien. Ich war zuvor zwei Monate lang im Irak, auch aus der Ukraine habe ich heuer schon berichtet."

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