Im Interview

Pet Shop Boys im Interview

Musik
26.05.2006 11:06
Großbritannien. Das ist der Ort an dem Pop-Musik meistens einen schrillen Beigeschmack hat und an dem – geschätzt – jede zweite musikalische Erfolgsstory ihren Anlauf nahm. London, das ist die Heimat der Pet Shop Boys, von wo aus sie seit den Achtzigern Hits wie „Go West“ auf die Welt losgelassen haben und vor kurzem auch ihr neues Album „Fundamental“. London ist auch der Ort, wo wir Neil Tennant und Chris Lowe am runden Interview-Tisch getroffen haben. Und London ist auch der Ort an dem die beiden Pet Shop Boys nicht mehr öffentlich pinkeln dürfen...
kmm

Ein Hotel in der Innenstadt, achter Stock, Penthouse ganz oben. Zehn Journalisten treten ehrfürchtig ins Innere des Riesen-Appartements. „Have a seat, take some water“, lautet die Einladung von Neil Tennant. 40 Minuten Zeit mit freundlichen Menschen, fürchten braucht sich also keiner.

Die neue Single „I’m with stupid“, das erzählen sie gleich am Anfang, könnte ein normales Liebeslied sein; Betonung auf könnte. Inspiriert hat das Pop-Duo aber die „Beziehung“ zwischen Tony Blair und George Bush. Durch die Blume erklären sie seine Aussage so: Der eine stellt sich dumm, obwohl er g’scheit ist. Der andere tut g’scheit, obwohl er eh schon wissen… 

„Fundamental“ ist Pop mit wirklichen Inhalten. „Mit diesem Album wollten wir die momentane Atmosphäre, dieses Angstklima, das überall zu sein scheint, musikalisch einfangen“, erklärt Neil Tennant, die markante Stimme der Pet Shop Boys. Ein Weltklima der Angst, Überwachungskameras speziell in London wohin das Auge blickt, ein auf der Insel medial gepushtes Aufheben um die Vogelgrippe und Regierungen, die diese (geschürten) Ängste ausnützen, um sich als Sicherheitsmänner zu etablieren.

Neil Tennant gelangt während seiner latent zynischen Tirade zwangsläufig zum Begriff Privatsphäre. „Ja, wir haben das Recht, hin und wieder etwas falsch zu machen“, bekräftigt er eine Frage. Chris Lowe, der „Musiker“ unter den Pet Shop Boys, erweitert Neils Statement: „Und im Besonderen, seit man in ganz London die öffentlichen Klos zugesperrt hat und es keinen Ort mehr gibt, wo du unterwegs pinkeln kannst!“ Der halbe Tisch kann sich vor Lachen kaum noch halten.

Die zwei schrillsten Figuren der britischen Popwelt könnten sich stundenlang über schräge Themen auslassen: „Wann haben die Leute aufgehört zu pinkeln? London war einst voll öffentlicher Toiletten, was tun die Menschen jetzt? Gehen die alle zu MacDonalds?“

Auch in „Fundamental“ steckt so mancher Song mit ungewöhnlichem Inhalt. Abseits politik-kritischer Aussagen – und das, obwohl sie laut Eigendefinition „keine politische Band“ sind – nehmen die Pet Shop Boys auch die (britischen) Medien aufs Korn. In „Sodom and Gomorra Show“ stellen sie Talkshows und ihre Gäste an den Pranger. Nur soviel: Eine Karlich würden die Briten zum Frühstücksfernsehen verspeisen… 

Mit einem weiteren Highlight des Albums, dem Song „Casanova in Hell“, hat Neil Tennant – obwohl (oder gerade weil?) bekennend schwul, songschreiberisch mit einem feineren Gespür für Mann-Frau-Beziehungskisten ausgestattet, als so mancher Hetero – eine kleine Phantasie vertont: „Ich hab mich von ein paar Büchern über Casanova inspirieren lassen und mir vorgestellt, dass er mittlerweile ganz schön alt sein muss. Ihr wisst schon, nicht mehr so der ausdauernde Lover...“ Er fasst den Song zusammen: „Es war sehr witzig über Erektionsstörungen zu singen!“

Mit „Fundamental“ kehren die Pet Shop Boys zu ihren musikalischen Wurzeln zurück. Einfache Disco-Songs, massentauglich, aber mit Inhalten, die man vielleicht eher einem Bob-Dylan-Song zuschreiben würde. Wenn man die beiden trifft und sie erzählen hört, fällt der Unterkiefer zwangsläufig der Schwerkraft zum Opfer – wenn er nicht vor lauter Lachen immer wieder nach oben klappen müsste... 

Auf CD klingt das Ganze dann aber doch irgendwie… banal. Man muss sich den Ernst der Sache eben irgendwie „dazudenken“. Andererseits sagt Chris Lowe: „Bringt uns öffentliche Klos zurück – das ist die Kernaussage unseres Albums!“

In diesem Sinne... 
7 von 10 fundamentalen Tierhandlungsbuben in Toiletten-Not

In der Infobox gibt's das komplette Interview mit den Pet Shop Boys und den Link zu ihrer Website, wo unter anderem das Video zur neuen Single bewundert werden kann!

Christoph Andert

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