In Zeiten, wo Autos einander immer ähnlicher werden, wo Langeweile Einzug gehalten hat und die Vertreter der Kompaktklasse ein Gewicht auf die Waage bringen wie früher Kleinlaster, macht der Cactus genau das Gegenteil: Er ist so leicht wie Autos seiner Größenklasse vor vielleicht 30 Jahren. Mit gerade mal 965 kg übertrifft er beispielsweise den VW Golf I um nur rund 80 kg, bringt diesen aber gefühlt in seinem 358 Liter großen Kofferraum (mit leider hoher Ladekante) unter.
Das gelingt durch konsequente Umsetzung des Konzepts, alles auf das Wesentliche zu reduzieren (daher auch der Name Cactus, wegen der Genügsamkeit) und nur das an Bord zu nehmen, was man wirklich braucht – das aber in optimierter Form, bis ins Detail. Etwa bei den Scheibenwischern: Statt aus klassischen Spritzdüsen kommt das Wasser serienmäßig aus den Wischern, was zum einen den kurzzeitigen Blindflug verhindert, zum anderen den Wasserverbrauch senkt. Dadurch konnte der Wasserbehälter verkleinert werden, was wiederum Gewicht spart. Einige Kilos bringen auch die hinteren Ausstellfenster sowie die nur am Stück umklappbare Rückbanklehne. Oder auch die Alu-Motorhaube.
Viele durchdachte Ideen
Auffälligstes Feature sind die "Airbumps" an den Seiten, luftgefüllte Polyurethan-Flächen, die kleine Rempler von Einkaufswagen & Co (bis 4 km/h) abfangen und Kratzer verhindern. Teure Reparaturen nach Parallelparkschäden etwa durch aufgerissene Türen gehören der Vergangenheit an. Obwohl der Citroën C4 Cactus nur 4,16 Meter lang ist, herrschen im Innenraum opulente Platzverhältnisse, auch auf der Rückbank, wo nur dann die Kopffreiheit etwas eingeschränkt ist, wenn man das Glaspanoramadach (nicht zu öffnen) mitbestellt hat.
Ablagen gibt es jede Menge, riesige Türfächer sogar hinten, und das Handschuhfach hat was von einem kleinen Koffer, der sich nach oben öffnet. Das wird möglich, weil Citroën einen neuartigen Beifahrerairbag entwickelt hat, der im Dachhimmel statt in der Frontkonsole sitzt. Auf der Strecke blieb allerdings die rechte Lüftungsdüse, dafür wurde die rechte der beiden mittleren vergrößert.
Das Innenraumdesign wirkt reduziert und wertig, auch wenn manche Flächen selbst im höchsten Ausstattungsniveau mit billig wirkendem, hartem Plastik verkleidet sind. Die Vordersitze gleichen Polstersesseln und sorgen für Lounge-Atmosphäre, bieten dabei aber überraschend viel Seitenhalt. Mit dem automatisierten Schaltgetriebe ETG6 hat der Cactus sogar so etwas wie eine durchgehende Sitzbank vorne.
Alles wird über den zentralen 7-Zoll-Touchscreen bedient, was intuitiv und problemlos funktioniert. Über einen 3G-Stick vernetzt sich der Citroën C4 Cactus mit dem Internet und bietet Apps, wie zum Beispiel "Coyote" zur Warnung vor Radarfallen. Auch der Tacho ist ein digitales Display, ein Kastl ähnlich wie im BMW i3, allerdings nicht so informativ, weil zum reduzierten Konzept auch gehört, dass ein Drehzahlmesser überflüssig ist. Dafür gibt's eine Schaltpunktanzeige.
Beeindruckender Fahrkomfort
Der Citroën C4 Cactus baut aus Gewichtsgründen nicht auf der Plattform des C4, sondern auf der kleineren des Kleinwagen C3 auf. Dennoch hat er mit 2,60 Meter den gleichen Radstand. Das Fahrwerk ist so komfortabel, dass man sich an eine Luftfederung erinnert fühlt, wirkt aber nicht schwammig. Die elektrische Servolenkung ist mehr leichtgängig als gefühlsecht könnte bei schnell gefahrenen, langgezogenen Kurven etwas mehr Gefühl vermitteln, erweist sich aber als angenehm direkt, wenn es kurvig über Nebenstraßen oder durch verwinkelte Gassen geht. Das Fahrverhalten des Cactus profitiert jederzeit von seinem geringen Gewicht. Das Fünfganggetriebe ist gut gestuft und leicht zu schalten, obwohl der Hebel exakter geführt sein könnte.
Zur Probefahrt in Amsterdam stand eine Motorisierung bereit, die erst im November ins Programm genommen wird (an und für sich ist der Cactus ab sofort zu haben): der 110 PS starke 1,2-Liter-Turbo-Dreizylinder-Benziner. Mit dem ist man im Cactus mehr als flott unterwegs, liefert er doch bereits bei 1.750 Touren seine vollen 205 Nm ab.
Einstiegsmotor ist in Österreich die 82-PS-Version dieses Triebwerks. Darauf, den 75-PS-Motor hierzulande anzubieten, verzichtet Citroën, weil für dieses Modell nicht für Geld und gute Worte eine Klimaanlage zu bekommen ist. Allerdings haben die Österreicher mit dem Stammwerk offenbar so gut verhandelt, dass der Einstiegscactus hier trotzdem um 500 Euro billiger ist als in Deutschland – trotz stärkerem Motor: Bei 13.490 Euro fängt der Spaß an, wobei hier die Klimaanlage knapp 1.000 Euro extra kostet.
Genügsamster Cactus ist mit 3,1 l/100 km der 1,6 Liter große BlueHDi100 mit 100-PS-Diesel. Außerdem ist auch noch eine 92-PS-Variante davon mit dem automatisierten Schaltgetriebe ETG6 zu haben (das auch für den 82-PS-Benziner bestellbar ist).
Fazit
Der Citroën C4 Cactus ist radikal im Ansatz, mutig im Design und hebt sich wohltuend von der Masse ab. Dazu hat er erstaunliche Qualitäten bis hin zu einem Gewichtsvorteil von 200 kg im Vergleich zum Citroën C4. Auf manches muss man zwar verzichten, doch wirklich fehlen wird es in der Praxis den Wenigsten; am ehesten noch ein Haltegriff für den Beifahrer und dass das Lenkrad nicht in der Tiefe, sondern nur in der Höhe einstellbar ist. Wer den Citroën C4 Cactus als reinen Designspaß sieht, unterschätzt ihn, denn er hat das Zeug zur sympathischen, gar nicht stacheligen Citroën-Ikone.
Warum?
Warum nicht?
Oder vielleicht …
… doch einen gediegenen Kompakten, ein SUV oder einen kleinen Van?
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