Der Meeresspiegel steigt – und zwar immer schneller. Um die Entwicklung eines der größten Klimarisiken unserer Zeit noch genauer zu erfassen, soll am Montag der europäische Erdbeobachtungssatellit „Sentinel-6B“ an Bord einer SpaceX-Falcon-9-Rakete von Kalifornien aus ins All starten. Die Erwartungen sind groß: Das Hightech-Gerät soll die bislang präzisesten Daten zum globalen Meeresspiegel liefern – und damit ein Bild zeichnen, das für Millionen Menschen überlebenswichtig sein könnte.
Seit den frühen 1990er-Jahren messen europäische und internationale Partner im All, wie sich der Meeresspiegel entwickelt. Die Zahlen zeigen eine klare Tendenz: Es geht nach oben – und immer schneller. Während der Anstieg zwischen 1993 und 2003 durchschnittlich zwei Millimeter pro Jahr betrug, dokumentierten die Vorgängersatelliten – aktuell „Sentinel-6A“ von 2020 – zuletzt bereits 4,2 Millimeter jährlich. Seit 1999 summiert sich das Plus laut ESA auf 9,38 Zentimeter.
Europa steuert 400 Millionen Euro bei
Besonders betroffen sind Staaten und Regionen, die kaum über dem Meeresspiegel liegen. Auf den laufenden Weltklimakonferenzen – derzeit die COP30 in Belém (Brasilien) – erinnern sie regelmäßig an ihre existenzielle Bedrohung. Doch während die politische Aufmerksamkeit nach wie vor begrenzt ist, leben weltweit rund 900 Millionen Menschen in tief liegenden Gebieten. Umso wichtiger sei es, die weltweit genaueste Messreihe lückenlos fortzuführen, betonte Phil Evans, Generaldirektor von EUMETSAT, die nach dem Start den Betrieb übernimmt.
„Sentinel-6B“ ist Teil des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus, das die ESA im Auftrag der EU-Kommission durchführt. Die Kosten für die beiden Satelliten „A“ und „B“ betragen auf europäischer Seite rund 400 Millionen Euro. Beteiligt sind etwa 40 Unternehmen – darunter die Wiener Weltraumfirma Beyond Gravity, die Thermalisolation und Navigationsempfänger geliefert hat. Letztere ermöglichen es, die Position des Satelliten „auf wenige Zentimeter genau“ zu bestimmen – entscheidend, um minimale Veränderungen der Meereshöhe zu erkennen.
Trump-Präsidentschaft verursacht Fragezeichen
Gebaut wurde „Sentinel-6B“ großteils vom Hauptauftragnehmer Airbus Defence and Space in Deutschland. Der Satellit trägt auch ein zentrales Instrument der NASA. Zwar ist bereits ein Nachfolger in Planung, doch unter der aktuellen Trump-Administration steht laut Experten ein Fragezeichen hinter der künftigen US-Teilnahme. Auf die aktuelle Mission habe das aber keine Auswirkungen.
Die Daten des neuen Satelliten dienen nicht nur der Meeresspiegelmessung. Sie helfen auch, Meeresströmungen, Wellenhöhen und die Ausdehnung von Seen weltweit zu dokumentieren. Damit sind sie grundlegend für die Ozeanographie, für Wettervorhersagen, Küstenmanagement, Schiffssicherheit und Klimamonitoring. Alle zehn Tage wird nahezu die gesamte Erde abgedeckt.
Höhenmessungen unverzichtbar
Wie wichtig diese Informationen sind, erklärte Pierre-Yves Le Traon von Mercator Ocean: Die Höhenmessungen seien unverzichtbar – für kurzfristige Vorhersagen wie Extremwettersituationen oder mögliche Schadstoffdrifts, aber auch für langfristige Modelle, die Küstenüberflutungen oder Wellengang simulieren. Ohne stabile Copernicus-Daten sei das kaum möglich.
Mit dem Start von „Sentinel-6B“ soll diese Datenkontinuität nun gesichert werden – in einer Zeit, in der der Anstieg des Meeres zu einem der drängendsten Warnsignale des Klimawandels geworden ist.
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