Ironie der Geschichte

London will wieder Stahlpakt mit EU – trotz Brexit

Außenpolitik
28.10.2025 12:57

Es ist eine Ironie der Geschichte: Großbritannien, das sich vor wenigen Jahren mit dem Brexit von der Europäischen Union losgesagt hat, sucht nun ausgerechnet im Stahlsektor wieder die Nähe zu Brüssel. Offenbar arbeitet London an einem „westlichen Stahlbündnis“ mit der EU – möglicherweise auch unter Einbindung der USA. Ziel sei es, Chinas wachsende Dominanz auf dem Weltstahlmarkt einzudämmen und gleichzeitig britische Produzenten vor den drohenden EU-Strafzöllen zu schützen.

In Brüssel plant die EU-Kommission derzeit, 50-prozentige Zölle auf Stahlimporte zu verhängen, um die europäische Industrie vor massiver chinesischer Überproduktion zu bewahren. Für Großbritannien, das nach dem Brexit nicht mehr Teil der EU-Handelspolitik ist, könnte das teuer werden: Rund die Hälfte aller britischen Stahlexporte geht in die EU.

Mischen auch die USA mit?
Deshalb drängt die Regierung in London nun auf eine Sonderregelung – oder gleich auf eine engere Kooperation. Im Gespräch ist laut der Zeitung „Politico“ ein „Stahlclub“ westlicher Demokratien, der gemeinsame Zollrichtlinien beschließt und den Mitgliedern bevorzugte Handelsbedingungen bietet. Auch Washington könnte demnach Teil einer solchen Allianz werden.

EU-Vertreter zeigen sich grundsätzlich offen für Gespräche. Schon heute arbeiten beide Seiten in internationalen Gremien wie dem „Global Forum on Steel Excess Capacity“ zusammen. Zudem haben Brüssel und London bereits vereinbart, ihre geplanten CO2-Grenzsteuern auf Stahlimporte zu koordinieren.

Schutz nicht nur für britische Exporte
Ein Sprecher der britischen Regierung betonte gegenüber dem Blatt, dass man mit der EU im Gespräch sei und gleichzeitig nach globalen Lösungen gegen Überkapazitäten suche. Der Chef des Branchenverbands UK Steel, Gareth Stace, sieht in einem gemeinsamen Vorgehen Chancen: Ein abgestimmter „Stahlpakt“ könne nicht nur britische Exporte schützen, sondern auch den weltweiten Preisdruck durch subventionierte Billigimporte verringern.

Anschluss an „Keimzelle“ der EU?
Der Vorschlag erinnert unweigerlich an die Anfänge der europäischen Integration. Denn genau ein solcher Zusammenschluss von Staaten zur gemeinsamen Regulierung von Kohle und Stahl war 1951 die Geburtsstunde der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) – der späteren EU.

Damals sollte der Zusammenschluss den ruinösen Wettbewerb zwischen den Nationalstaaten beenden. Nun, 75 Jahre später, könnte ausgerechnet das Vereinigte Königreich versuchen, unter ähnlichen Vorzeichen wieder an die „Keimzelle“ der EU anzuknüpfen.

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