Vier Jahre Funkstille, jetzt meldet sich Rapper SSIO zurück – mit einem Album, das wirklich alles vereint: Humor, Haltung und Oldschool-Vibes. „Alles oder Nix“ heißt das neue Werk und ist ein starkes Statement des selbsternannten „King of Rap“. Wir nahmen das neue Album mal genauer unter die Lupe.
Vier Jahre hat sich SSiawosch Sadat aka SSIO Zeit gelassen. Jetzt ist er wieder da – mit einem Album, das gleichermaßen Hommage, Statement und Neuanfang ist. „Alles oder Nix“, erschienen am 17. Oktober über Universal, markiert das erste Werk des Bonner Rappers nach dem Ende seines langjährigen Label-Zuhauses Alles oder Nix Records – und trägt diesen Abschied schon im Titel.
SSIO gilt seit über einer Dekade als eine der eigenwilligsten Figuren im deutschen Rap: ein BWL-Student mit Hang zu scharfem Humor, harten Beats und selbstironischer Street-Attitüde. Seine Klassiker „Messias“ und „0,9“ sind längst Kult – und mit „Alles oder Nix“ beweist er, dass er auch 2025 – neben Kool Savas der sich auch so nennt, – der „King of Rap“ in seiner eigenen Liga ist.
Die Rückkehr eines Originals
Viele Jahre Pause, viel Privates – doch SSIO hat die Szene nie aus den Augen verloren. Er nahm sich Zeit, um seine neue Platte mit Präzision und Weitblick zu formen. „Ich hab vieles mitbekommen, was so der Trend ist – viel generisches Zeug“, sagte er im Gespräch mit Podcast-Moderator Aria Nejati. Umso deutlicher wird: Hier meldet sich jemand zurück, der genau weiß, wann der richtige Moment gekommen ist.
Der Sound ist klassischer Hip-Hop, rau und kompromisslos, mit deutlichem 90er-Flair. Die Beats stammen fast durchgehend von Musik-Ass Reaf – tiefes Bassfundament, trockene Snares, subtile Sample-Vibes, aber ohne in bloße Nostalgie zu verfallen. Inhaltlich zeigt sich SSIO gewohnt scharfzüngig: Er nimmt Bezug auf die deutsche Popkultur, kommentiert mit Witz statt mit Wut. Seine Seitenhiebe treffen unter anderem Ski Aggu, Arda Saatci, Ayliva und Zahide – pointierte Satire statt billiger Diss.
Zwischen Satire und Straßenrap
Wenn man sich das Intro „Warum so lange weg?“ anhört, merkt man, dass SSIO den Humor nie verloren hat und typisch ironisch bleibt. „Hallo, mein Name ist SSIO, ich gratuliere dir, dass du meine Musik streamst“, säuselt er ins Mikro, während ein Saxophon erklingt – Jazzclub-Feeling trifft Straßenrap. Dann folgt die Zeile: „Das hab ich mit meinen Eiern gemacht.“ Ein Satz, der eigentlich gar keinen Sinn ergibt und auch ziemlich absurd klingt, dennoch die Stimmung sofort auflockert.
Weiter geht’s mit „Alles oder Nix“ – dem Song, der den Anstoß für das ganze Album gab. Wie SSIO in einem Interview verriet, stand nach diesem Track fest, dass die Platte genauso heißen muss. Den Titel selbst verdankt er allerdings nicht sich selbst, sondern seinem Anwalt. Der brachte den Namen ins Spiel und erwähnte dabei zufällig, dass auch Sido einst ein Album veröffentlichte, nachdem er Aggro Berlin verlassen hatte. Eine Parallele, die SSIO gar nicht bewusst war – „Alles oder Nix“ entstand also ganz unabhängig davon, wurde aber zum perfekten Symbol für seinen eigenen Neuanfang.
In Songs wie „Fentanyl Vibe“ oder „BWL“ verwebt er Alltag, Internet und Selbstreflexion mit Witz und Wortspielkunst. Wenn eine TikTokerin im Intro überrascht feststellt, dass der angebliche Gangsta-Rapper in Wahrheit ein BWL-Student mit Scoutrucksack ist, spielt der 38-Jährige genau mit diesem Imagebruch, der ihn schon immer ausgezeichnet hat. „Sag, wer ist der King of Rap, Baby?“ – „SSIO, Alles oder Nix“, antwortet eine Frauenstimme in, „Dein Leben ist gefic*t“. Zwischen fettem Bass und präzisen Rhymes zeigt sich: Er ist noch immer einer der technisch stärksten MCs des deutschsprachigen Raumes.
Feature-Gäste, Beats und Rückbesinnung
Musikalisch bleibt das Album seinem roten Faden treu: knallende Drums, oldschoolige Loops, eingängige Hooks. Doch SSIO öffnet das Spielfeld mit Features, die überraschen. Xatar liefert auf „Keine Option“ ein posthumes Feature – ein emotionaler Moment und zugleich eine Geste tiefer Verbundenheit. Der Song basiert auf einem bislang unveröffentlichten Part Giwars (Xatar), den Produzent Reaf und SSIO wiederentdeckten. Sie spekulierten, ob es ein Part eines Beats vom Produzenten Bazazzian ist. Um diesen herum bauten SSIO und Reaf einen neuen Beat. „Das war mir wichtig, dass es ein fertiger, starker Part von ihm ist“, erzählte der Rapper im Interview mit Nejati. Zudem erzählte er, dass Giwar noch ein komplettes Album vor seinem Tod fertiggestellt hatte – bleibt nur abzuwarten, wann dieses posthume Werk erscheinen wird.
Weitere Highlights: „Ich Ich Ich Ich Ich“ mit K.I.Z, das gewohnt überdreht daherkommt, „Google Translate“ mit Schwesta Ewa und Samy, die mit wuchtigen Lines und geschmeidigem Sound glänzen, und „Seepferdchen Pass“, wo SSIO wieder den Clown und den Kommentator in einer Person gibt. Er schafft es einfach, Humor, Haltung und Scharfsinn zu vereinen, ohne ins Lächerliche zu kippen.
Fazit: Nach vier Jahren Pause kehrt SSIO als gereifter, aber unverkennbarer Künstler zurück. Das Album ist eine Mischung aus Nostalgie und Neuanfang, Satire und Statement – der Beweis, dass der „King of Rap“ seinen Thron nie wirklich verlassen hat.
Wer den humorvollen Rapper live erleben möchte: Sein Konzert am 29. November im Wiener Gasometer ist zwar bereits ausverkauft – doch SSIO-Fans haben Glück. Im Sommer 2026 steht er auch beim Frequency Festival (www.frequency.at ) auf der Bühne und wird dort mit Sicherheit wieder nach seinem Motto abliefern: „Alles oder Nix.“
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