Seit mehr als 25 Jahren prägt der Rapper Kool Savas die deutsche Hip-Hop-Szene. Erst letzte Woche veröffentlichte der Musiker sein achtes Studioalbum mit dem Namen „Lan Juks“. Das neue Werk ist eine Reise durch sein gesamtes Leben. Im Interview mit uns spricht er über die Albumentstehung, wahre Freundschaften und wie es für ihn war seine alten Kassetten zu durchforsten ...
„Stört es dich, wenn ich vape?“ – genauso sympathisch stellt man sich den zweiten Satz nach einem „Hallo, sorry für die Verspätung“ des King of Deutschrap, Kool Savas, in einem Interview vor. Savas Yurderi (Kool Savas), ist seit mehr als 25 Jahren fester Bestandteil der deutschen Rapszene – eine lebende Legende unter den Rappern. Nach sieben erfolgreichen Studioalben erschien letzte Woche sein neues Werk „Lan Juks“ – eine Ode an sich selbst. Denn darauf rappt Savas mit, beziehungsweise gegen, sein 25-jähriges Ich – eine Idee, die ihn viel Zeit, Geduld und Nerven gekostet hat. So viel, dass der Release des Albums gleich mehrmals verschoben werden musste. „Ich war einfach nicht fertig und wollte auch nicht irgendwas rausbringen. Ich wollte zwölf Songs machen und diesmal ohne Rapfeatures, nur mit drei Gesangsfeatures“, erzählt er im Zoom-Call, entspannt auf seiner Terrasse.
„Es war eine anstrengende, aber schöne Zeit, weil ich nur das gemacht habe, worauf ich wirklich Bock hatte. Jetzt bin ich froh, dass das Album draußen ist und ich den Kopf wieder freihabe.“
Das Projekt „Lan Juks“ wurde von einer dreiteiligen Doku begleitet, die man auf YouTube sehen kann – dort bekommt man einen Einblick in den Entstehungsprozess des Albums. Der Musiker erklärt darin unter anderem auch den Titelnamen, dass „Juks“ sein alter Sprayername war und „Lan“ im Türkischen so viel bedeutet wie „Alter“. Der Titeltrack des Albums, „Step ans Mic“, markiert das erste Mal, dass er gemeinsam mit seinem 25-jährigen Ich rappt. Wie kam er auf diese Idee, sein jüngeres Ich zu featuren? „Ich hatte schon vor Jahren den Gedanken. Und als ich mit einem Kollegen alte Tapes durchgehört habe – teilweise mit meinem ersten deutschsprachigen Rap – habe ich gemerkt, dass da viele Parts drauf sind, die noch immer super klingen. Da dachte ich mir: Wie krank wäre das, wenn ich Songs machen würde – mit mir selbst?“
Von alten Kassetten und ambivalenten Liebeserklärungen
So einfach das klingt, so aufwendig war es am Ende doch. Die alten Kassetten mussten erst digitalisiert werden und dafür brauchte Savas ein funktionierendes Gerät, das er sich mühsam ersteigern musste. „Die meisten davon sind kaputt oder müssen generalüberholt werden. Das Durchhören hat dann ewig gedauert. Ich wollte die Aufnahmen nicht groß verändern – keine KI, nur minimal timestretchen.“ Beim Hören wurde er sentimental. „Es war, als würde ich ein musikalisches Fotoalbum durchblättern. Ich wusste oft noch genau, wann und wo ich das aufgenommen habe. Es war witzig zu hören, wie locker ich damals war – ich hab einfach geschrieben, was mir Spaß gemacht hat. Heute denke ich viel mehr darüber nach“, sagt er und lächelt.
Der mittlerweile 50-jährige Musiker hat den deutschen Hip-Hop geprägt – und Hip-Hop ihn. Sein Song „Nur die Nacht“ ist eine Liebeserklärung an das Genre. „Hip-Hop hat mein Leben verändert. Er basiert auf einem Beat, der ursprünglich für eine Liebesgeschichte gedacht war. Das ist meine erste große Liebe und wird’s immer bleiben.“ Doch nicht nur Hip-Hop selbst, auch Berlin hat ihn geprägt. Der Stadt widmete Savas einen Song, der wie eine ambivalente Liebeserklärung klingt. „Ich hab gespaltene Gefühle. Berlin war nicht immer gut zu mir, aber ich konnte mir hier etwas aufbauen. Heute bestimme ich, wo mein Sohn zur Schule geht und mit wem er sich umgibt – das war früher anders. Als Jugendlicher musste ich die Spielregeln der Stadt lernen. Berlin ist für mich Liebe und Herausforderung zugleich.“
Wahre Freundschaften
Wie in vielen Genres – ob Jazz, Rock, Pop oder Hip-Hop – entstehen auch im Rap echte Freundschaften, wenn man dieselbe Leidenschaft teilt. Eine davon widmete Savas seinem engen Freund Andre Schmidt alias DJ Smoove, der im Februar 2018 verstarb. Der gleichnamige Song ist, wie er sagt, kein klassischer Trauersong, sondern „eine Feier des Lebens“.
„Smoove war ein unglaublich liebevoller Mensch“, erzählt Savas. „Er hat mir gezeigt, dass man für das leben sollte, was man liebt – Familie, Musik, gute Vibes. Emotional war der Song natürlich, aber schwer zu schreiben nicht – ich musste nur mein Leben beschreiben. Und ein Satz von meinem Kollegen Arthur begleitet mich bis heute: ,So soll unser schlechtester Tag sein.‘ Genau dieses Mindset ist die Quintessenz von Smoove.“
Eine Freundschaft, von der viele dachten, sie sei für immer gestorben, war die zu Rap-Kollege Eko Fresh. Die beiden verband einst eine enge Beziehung – aber auch Konflikte. Fast 20 Jahre sprachen sie nicht miteinander und lieferten sich in den 00ern ein öffentliches Battle. Doch vor ein paar Monaten kam es zur Versöhnung – mitten auf der Bühne des Savas-Jubiläumkonzertes in Berlin. Ein Moment, der für den Deutschrap fast schon historisch war. „Unsere Versöhnung war eigentlich schon früher – beim Schreiben meines Buches“, erzählt er. „Ich wollte, dass Eko seine Sicht auf unser Battle unzensiert erzählen kann. Wir hatten keinen Streit mehr. Beim Konzert habe ich ihn dann gefragt, ob er auf die Bühne kommen will – um der Versöhnung ein Gesicht zu geben. Ich würde sofort auf diesen alten Battle-Hype verzichten, wenn wir uns damals früher ausgesprochen hätten.“
Der Druck steigt, auch nach so vielen Jahren
Nach so vielen Jahren im Business wirkt der 50-Jährige heute entspannter, aber auch bewusster. Der Druck, sagt er, sei intensiver geworden – das Geschäft härter, die Konkurrenz größer. Trotzdem versucht er, sich davon nicht auffressen zu lassen. „Ich will natürlich erfolgreich sein – eine Single, die Gold geht, im Radio laufen, klar. Aber wenn der Druck zu groß wird, schmälert das die Liebe zur Musik. Dann versuche ich, mich wieder zu erden und mir zu sagen: Wofür machst du das eigentlich? Am Ende kannst du kein Geld mitnehmen. Was bleibt, ist das, was du mit deiner Musik bewegst.“
Auch beim Thema mentale Gesundheit zeigt Kool Savas Haltung – ein Thema, das im Rap noch immer selten offen besprochen wird. Viele Kollegen, sagt er, kämpfen mit Druck und greifen zu Drogen. Er selbst hält sich bewusst fern davon: „Außer dem Gevape hier mache ich gar nichts, ich trinke kaum Alkohol.“ Umso mehr schätzt er Künstler, die offen mit ihrer Verletzlichkeit umgehen: „Wenn jemand wie Samra sagt: ,Ich hatte ein Drogen-Problem‘ – das ist Mut. Oder wenn Felix Lobrecht über seine Angststörung spricht. Wir leben endlich in einer Zeit, in der man das sagen darf, ohne dass es einem etwas von der eigenen Stärke nimmt.“
Nach all den tiefen Themen richtet der Berliner den Blick wieder nach vorn – und zwar auf die bevorstehende Tour. Auch in Österreich wird er Halt machen, unter anderem in Amstetten am 13. Juni 2026. Tickets gibts auf www.oeticket.com. Auf die österreichischen Fans freut er sich besonders: „Die Leute hier sind cool, offen und total entspannt.“ Und wer ihn kennt, weiß, dass man sich auf mehr als nur Klassiker und neue Tracks freuen darf. Überraschungsgäste wie Eko Fresh, starke Live-Momente und dieser typische Savas-Mix aus Tiefgang und Druck auf der Bühne – das Publikum darf sich auf nichts Geringeres als ein echtes Deutschrap-Erlebnis freuen. „Das wird richtig stark!“
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