Europa steht im Schatten russischer Drohgebärden, und nirgendwo fällt dieser Schatten länger als über das Baltikum. Mit ein Grund, warum kommenden Mittwoch Bundespräsident Alexander Van der Bellen nach Litauen und Estland reist. Das soll zeigen, dass auch Wien bereit ist, Verantwortung für die Sicherheit Europas zu übernehmen.
Am Mittwoch wird Van der Bellen in Vilnius von Litauens Präsident Gitanas Nauséda empfangen. Danach steht ein Besuch an der litauisch-weißrussischen Grenze auf dem Programm, wo er mit Grenzschützern sprechen will, die täglich mit hybriden Angriffen konfrontiert sind. Für ihn ist dieser Lokalaugenschein mehr als Symbolik.
„Das Baltikum spielt für die Sicherheit der EU eine entscheidende Rolle. Wir, als europäische Nachbarn, spielen ebenso eine entscheidende Rolle für die Sicherheit des Baltikums“, sagte er vor seiner Abreise. Österreich sei entschlossen, auch im Rahmen seiner Neutralität „vollständig an der Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU mitzuwirken“. Besonders im Umgang mit hybriden Bedrohungen könne man viel von Litauen lernen.
Diese Worte klingen wie eine Antwort auf Putins jüngste Aussagen. Der Kremlchef behauptete in Sotschi, die europäischen Länder hätten jede Friedenslösung blockiert. Gleichzeitig warnte er vor westlichen „Provokationen“ und drohte mit Schlägen gegen ukrainische Atomkraftwerke, sollte Kiew die Angriffe auf die von Russland besetzte Anlage in Saporischschja nicht einstellen. Putin beschwört das Bild einer von NATO und USA in die Enge getriebenen Großmacht, während er selbst immer neue rote Linien zieht.
Van der Bellen dagegen setzt auf das Gegenteil: Solidarität, Austausch, gemeinsames Handeln. Es gibt ein Treffen in der estnischen Hauptstadt Tallinn mit seinen Amtskollegen aus Deutschland, Finnland, Italien, Griechenland, Polen und anderen EU-Staaten. Auf der Tagesordnung stehen Fragen der europäischen Sicherheit, die Folgen des Ukraine-Krieges und der Umgang mit hybriden Gefahren. Gastgeber Estland will zudem über Chancen und Risiken künstlicher Intelligenz sprechen – ein modernes Thema, das in der derzeitigen Lage aber kaum die Schlagzeilen bestimmen wird.
Für die baltischen Staaten ist die Unterstützung aus Europa mehr als freundliches Schulterklopfen. Sie wissen, dass sie im Fokus russischer Angriffe stehen – ob durch Drohnen, Cyberattacken oder Propagandakampagnen. Dass Österreichs Bundespräsident sich genau dorthin begibt, hat deshalb Gewicht. Er zeigt, dass Sicherheit nicht nur eine Frage geografischer Nähe ist, sondern ein gemeinsames europäisches Projekt.
Putins Spiel mit der Eskalation macht die Reise umso wichtiger. Seine Worte aus Sotschi mögen Drohungen sein, doch sie verstärken das Gefühl, dass Europa in einem unsicheren Zwischenraum lebt: nicht im offenen Krieg, aber auch nicht im Frieden. Van der Bellen reist ins Baltikum, um zu betonen, dass dieser Zwischenraum nur dann sicher bleibt, wenn Europa zusammenhält.
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